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Weltraumpartisanen 21: Blindflug zur Schlange

Weltraumpartisanen 21: Blindflug zur Schlange

Titel: Weltraumpartisanen 21: Blindflug zur Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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Das Gehirn war beschäftigt – womit, ließ sich am Wechselspiel der roten und grünen Kontrollbirnen des halbkreisförmigen Informationsstandes ablesen. Es ging um die Überprüfung eines Radarkontaktes. Das Gehirn nahm den Kontakt zur Kenntnis, überprüfte ihn und entschied dann offenbar, es nicht auf eine Begegnung ankommen zu lassen. Das Triebwerk sprang an, und die Vendetta änderte ihren Kurs. Das Triebwerk röhrte eine gute Minute lang, dann verstummte es wieder, und die roten und grünen Lämpchen erloschen.
    Ahmed Khans Stimme ertönte erneut im Lautsprecher – diesmal mit allen Anzeichen der Ungeduld.
    »Mit Leuten, die sich weigern, mache ich seit jeher kurzen Prozess, Captain. Sie haben nur die Wahl, mir zu dienen oder zu sterben. Falls Sie in meine Dienste treten, wird es Ihr Schaden nicht sein. Ich pflege meine Gefolgsleute großzügig zu belohnen. Entscheiden Sie sich!«
    Captain Romen spürte mit Genugtuung, daß er sich in der Hand behielt. Er spürte mit Triumph, daß er von Sekunde zu Sekunde ruhiger, kühler und kaltblütiger wurde. Der Augenblick des Kampfes war noch nicht gekommen. Einstweilen mußte man Zeit gewinnen: Stunden, Tage, vielleicht Wochen. 
    »Eine solche Entscheidung«, gab er zurück, »trifft man nicht im Handumdrehen. Wir werden darüber nachdenken.«
    Die Stimme gab sich ungnädig.
    »Tun Sie das, Captain. Aber tun Sie das nicht zu lange. Meine Geduld ist keineswegs die sprichwörtliche asiatische. Das größte Vergnügen, das ich meinen Männern erweisen kann, besteht darin, Leute wie Sie über Bord gehen zu lassen.«
    Ahmed Khans Gehirn hüllte sich in Dunkelheit, und das unruhige Vibrieren, das in der Luft lag, erstarb.
    Der Tibetaner stieß die Tür auf. Der chromköpfige Erste Steuermann fuchtelte mit der Bell.
    »Denken Sie daran«, sagte er, »Ahmed Khan macht ein solches Angebot nur einmal!«
    Captain Romen schritt an ihm vorüber, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Hinter ihm verließen seine Männer die Brücke. 
    Lieutenant Kardorff machte sich Luft: »Sir, es steht mir nicht zu, Ihnen Vorschriften zu machen. Jedoch, was mich angeht – ich kann auf diese Bedenkzeit verzichten. Meine Antwort lautet: NEIN.« Lieutenant Kardorff hielt an, wandte den Kopf und blinzelte. »Sir, Sie hören mir ja überhaupt nicht zu …«
    So war es. Captain Romen hörte ihm nicht zu. Er war vor der Stradivari stehengeblieben, fuhr mit der Hand über die Saiten und brachte sie zum Klingen. Der Tibetaner setzte zum Sprung an, aber Fiorentino gebot ihm Einhalt.
    »Verstehen Sie etwas davon, Captain?«
    Captain Romen wiegte den Kopf.
    »Etwas.«
    Fiorentino musterte ihn mit mißtrauischen Blicken.
    »Es soll Leute geben, die damit umgehen können. Bei uns an Bord kann's keiner. Das blöde Ding hängt nur so 'rum.«
    Die Brandspuren deuteten daraufhin, daß das ›blöde Ding‹ bereits auf der Aggression einen Ehrenplatz gehabt hatte. Ahmed Khan, der Pirat, als Musikfreund! Die Erheiterung, die durch diese Vorstellung hervorgerufen wurde, war eine Zwillingsschwester des Galgenhumors.
    Captain Romen kam zu einem Entschluß. Er nahm die Geige vom Haken und setzte sie sich unters Kinn.
    »He!« sagte der Tibetaner.
    »He!« sagte der Chromkopf mit der Bell.
    Captain Romen kümmerte sich nicht darum, was die beiden Piraten sagten. Im Laufgang der Vendetta , eingehüllt in das kalte, ferne Licht der Plejaden, hatte er, wie es schien, die Welt um sich her vergessen. Mit aller Inbrunst, deren er fähig war, spielte er Mozarts ›Kleine Nachtmusik‹.
    Wang Fu entspannte sich.
    Fiorentino ließ die Bell sinken und machte zwei, drei unbeholfene Tanzschritte. Captain Romen deutete eine Verneigung an, hängte die Geige wieder an ihren Haken, wandte sich an seine Männer und sagte: »Und nun, Gentlemen, ziehen wir uns zur Beratung zurück!«
    Nachdem die Zellentür ins Schloß gefallen war, wischte er sich den Schweiß von der Stirn. Nie zuvor hatte ihn ein Geigenspiel so sehr erschöpft. Das entstandene Schweigen wurde von Lieutenant Prado gebrochen. Es war zu erwarten gewesen, daß die Männer nach einer klaren Entscheidung verlangen würden, und er war ihr Wortführer.
    »Sir«, sagte Lieutenant Prado, »bei allem Respekt – es sollte Ihnen klar sein, daß wir nicht die Absicht haben, Ahmed Khans Angebot anzunehmen.«
    Captain Romen seufzte.
    »Mit anderen Worten, meine Herren«, erwiderte er, »Sie haben beschlossen zu sterben.«
    Lieutenant Prado widersprach. Er war ein besonnener Mann, und

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