Weltraumpartisanen 22: Raumposition Oberon
Landeklappe einrastete.
Sich in die Entscheidungen eines Ersten Vormannes einzumischen, war, wie der Volksmund sagt, nicht mein Bier. Mein Zorn machte sich Luft.
„Wo wollte er hin, Mike? Hat er was gesagt?"
„Hat er, der ...", Mike Berger belegte Jim Collins mit einem Schimpfwort. „Venus-Uranus wollte er abfliegen. Wenn er sich daran gehalten hat, könnte er jetzt ganz in deiner Nähe sein."
Der Leiter der Raumnotwache Las Lunas konnte den Ersten Vormann nicht ausstehen. Trotzdem machte er sich Sorgen um ihn. Mit Mike Berger hatte sich die UGzRR ein Herz aus Gold eingekauft. Ich hätte ihn gern beruhigt.
„Tut mir leid , Mike", sagte ich, „bisher ist er hier nicht aufgekreuzt."
„Na", antwortete Mike Berger im fernen Las Lunas bedauernd, „dann muß ich ihn eben weiterrufen. Im Speicher taucht er ja auch nicht mehr auf."
Das RC schlug Alarm, und ich beendete das Gespräch ohne Formalitäten und stürzte auf die Brücke.
Den Vormittag verbrachten wir teils auf UDO, teils auf UDP, während rechts und links, oben und unten noch einmal ein apokalyptisches Nachspiel tobte. Abwechselnd bekamen wir es mit Staub, Schutt und handfesten Brocken zu tun. Der Himmel war, wie Lieutenant O'Brien sich ausdrückte, wieder einmal voller Klamotten. Iwan Stroganow, der von diesem Himmel weiß Gott mehr gesehen hatte als jeder sonst an Bord, meine Person eingeschlossen, hatte Vergleichbares nie erlebt.
„Gewiß", sagte er, „mal ein Staubfeld, mal ein Meteoritenschwarm -das war schon in der guten alten Windjammerzeit so. Aber was wir in diesen Wochen erleben ..."
Er zeigte mir den Report. Von den Nachwehen war nicht allein unser Raumgebiet befallen. Der gesamte interplanetarische Raum, konnte man sagen, war davon erfaßt. Lediglich in der Umgebung der Erde und erstaunlicherweise im Pluto-Bereich herrschte Ruhe.
Lieutenant Stroganow studierte die Einspeisungen auf dem Wetterschirm.
Er war nicht mehr der Jüngste, doch er trug seine Jahre mit erstaunlicher Leichtigkeit. Wie er da im Kartenhaus mit schmalen Augen, das Mißtrauen in Person, den Frosch befragte, glich er noch immer dem sibirischen Tigerjäger, der er als Heranwachsender gewesen war. Wie damals war er wachsam, wie damals auf der Hut.
„Mit etwas Glück", verkündete er, „bekommen wir wenigstens eine ruhige Nacht, Sir."
In der Tat: Nachdem wir unsere Raumposition wieder bezogen hatten, blieben wir vorerst von weiteren Materiestürmen unbehelligt.
Ich zwängte mich in den Anzug, stieg aus und nahm eine Inspektion der Henri Dunant von außen vor. Die Stelle, wo einst ein fußballgroßes Leck geklafft hatte, war nicht zu sehen. Die Isolierung saß fest und unerschütterlich auf den Ersatzplatten.
Ich kehrte zurück, aß mit allen anderen zusammen zu Abend und zog mich dann in meine Kammer zurück, um weiter an meinen Aufzeichnungen zu arbeiten. Anderswo im Schiff nervte mich die Rotlichtfunzel des Oberon - hier peinigte mich eine viel zu grelle Sonne. Ich ließ den Vorhang herunter. Dann, endlich, hatte ich die Dunkelheit, nach der ich mich sehnte: friedvoll, still, wohltuend.
Mit dem Frieden war es bald vorbei. Der Lautsprecher knackte.
„Commander - FK"
Ich seufzte und drückte die Taste. „Was gibt's, Lieutenant?"
„Sir", sagte Lieutenant Levy, „er singt wieder."
In meinen Gedanken war ich weit fort: in einer Vergangenheit, an deren Anfang die Tragödie einer Delta IX gestanden hatte. Commander Scott war der erste Mensch gewesen, der den Uranus betrat.
„Wer singt?" fragte ich.
„Der verrückte Ire", sagte Lieutenant Levy. „Er röhrt wie ein Bierfaß."
„Lassen Sie ihn röhren!" entschied ich. „Oder beschwert sich wer?"
„Nein, Sir", sagte Lieutenant Levy, „bisher ist noch keiner am Schreien."
„Mit anderen Worten", versuchte ich das Gespräch zu beenden, „ich werde nicht benötigt? Pater Himmlisch singt - aber ich bin nicht sein Musikkritiker."
„Doch", sagte Lieutenant Levy, „vielmehr das nicht, Sir. Andererseits - wenn es Ihnen nichts ausmacht, für eine Minute ins FK zu kommen... "
Ich war der Commander, an mir blieb alles hängen. Ich klappte das alte Tagebuch zu, legte es zurück in den Spind und machte mich auf den Weg.
Im FK dröhnte ein Lautsprecher, und Lieutenant Levy saß im Unterhemd vor dem Funkpeiler und machte ein verdrießliches Gesicht.
„Sir", sagte er, „wenn man das Dingi aussetzte, bekäme man wenigstens noch eine zusätzliche Standlinie." Er wies mit dem Kinn auf den Lautsprecher, aus dem
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