Weltraumpartisanen 24: Astronautensonne
denn Sie?“
Ein anderer Mann drängte sich gestikulierend ins Bild, und gleich darauf erlosch die Verbindung. Ich wählte wieder an und bekam diesmal die Null.
Ruth brachte mir die Reisetasche, und wir fuhren hoch zum Parkdeck. Ich übernahm das Steuer. Ein Umweg von zwanzig Minuten ließ sich verantworten. Ruth warf mir einen erstaunten Blick zu, als die Libelle, statt Kurs auf das Trignum zu nehmen, das Wahrzeichen der drei Vereinigten Kontinente, unvermutet nach Westen abdrehte.
„Seebeck?“
„Nur für einen Moment, Ruth.“
„Ist er jetzt da?“
„Er nicht.“
„Sondern?“
„Möglicherweise Freunde.“
Letzteres war nicht abwegig. Martin Seebeck verkehrte zwangsläufig mit den sonderbarsten Existenzen. Wahrscheinlich würde sich gleich alles aufklären.
Seebeck wohnte in der obersten Etage eines dreiundvierziggeschos-sigen Wohnturmes neben der Uferpromenade. Vom Fenster seines Arbeitszimmers hatte man einen atemberaubenden Blick auf den Atlantischen Ozean mit seinen flammenden Sonnenuntergängen: Die Wohnung war sündhaft teuer. Ruth und ich hätten sie uns nicht leisten können.
Vom Parkdeck des Wohnturmes löste sich eine zweisitzige Fracht Otter, beschrieb eine steile Kehre und zog so haarscharf an der Libelle vorüber, daß es mir das Steuer verriß. Die Fracht-Otter trug das Markenzeichen einer stadtbekannten Reinigung.
Ruth war aufgebracht.
„Mark, merk dir die Nummer!“ Ich winkte ab.
„Ach, zum Teufel. Die Welt ist voller Flegel.“
Ich setzte auf, und wir fuhren hinab. Wir verließen den Lift und blieben entgeistert stehen. Seebecks Wohnung war brutal aufgebrochen. Auf dem Teppich lagen, verstreut und zertreten, seine Aufzeichnungen. Ich verständigte den Hauswart und bat ihn, alles Weitere zu veranlassen. Zu mehr fehlte mir die Zeit. Die Astoria würde auf mich nicht warten. Ruth war beunruhigt.
„Mark, was hat das zu bedeuten?“ Ich hatte keine Ahnung. „Du hast doch hoffentlich nichts damit zu tun, Mark?“
Ich glaubte, die Wahrheit zu sprechen, als ich antwortete: „Nicht das geringste.“
Der Abschied fiel kurz aus. Ich nahm Ruth noch einmal in die Arme, hob meine Reisetasche auf und rannte los. Die Schleuse der Astoria fuhr zu, als ich noch nicht einmal Platz genommen hatte.
6.
Ding Dong hatte gerade damit begonnen, Mike Berger, Hua McKim und mich mit Kaffee und Kuchen zu verwöhnen, als sich die Florence Nightingale meldete, die man auch, in Anspielung auf ihren Kommandanten, Grischa Romen, den Zigeunerkarren nannte.
Mike Berger nahm das Gespräch entgegen und winkte mich heran. „Ich hab ihm gesagt, Mark, er soll mit dir selbst verhandeln.“
Captain Romen und ich waren alte Freunde. Mehrere Jahre lang waren wir Seite an Seite geflogen: ich als Commander, er als mein Pilot. Als ich aus dem Dienst der VEGA überwechselte zur UGzRR, war er mir gefolgt. Dieser Entschluß brachte ihm ein eigenes Kommando ein.
„Lassen Sie hören, Captain!“ sagte ich. „Wo drückt der Schuh?“ Captain Romens Stimme schälte sich aus dem Knistern der Sterne. Die Raumposition KAL lag im toten Winkel der Verstärker und war berüchtigt für schlechte Verbindung.
„Sir, der Schuh, der drückt, ist der verflixte Stabilisator. Ich komme mir vor wie auf einem wildgewordenen Karussell. Die Jungs kotzen sich die Seele aus dem Leib. Wenn’s Ihnen recht ist, setz ich mich ab zu Stellanorm VI. Auf der Plattform gibt’s eine halbwegs ordentliche Werkstatt. Frage: wer löst uns ab?“
Ich drehte mich um. Mike Berger hob die Schultern.
Es war das immer wiederkehrende Dilemma. Wenn eines unserer Schiffe ausfiel, fehlte es an Ersatz. Dann half nur noch rasches Improvisieren.
„Allenfalls“, sagte Mike Berger, „die Elsa Brandstroem, aber die kommt erst morgen aus der Werft.“
Ich traf eine rasche Entscheidung.
„Ist Busch auf der Venus schon eingetroffen?“
„Er müßte jetzt da sein.“
„Verständige ihn, Mike! Er soll sich gleich morgen auf die Socken machen und für mich einspringen. Mit der Las-Lunas-Position ist er ja mittlerweile vertraut. Ich übernehme Romens Kilo Alfa LimaPosition.“ Mike Berger klemmte sich hinter das LT-Pult. Ich nahm das Gespräch mit der Florence Nightingale wieder auf.
„Also, Captain, ich komme selbst. Mir wäre es lieb, wenn Sie die Position halten könnten, bis ich übernehme. Frage: Wie ist so das Wetter?“
Wetter, im Astronautenjargon, stand für: kosmische Lage.
Captain Romen war Realist. Er machte mir keine Hoffnung.
„Elend,
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