Weltraumpartisanen 30: Die Eismensch-Verschwörung
das Kind schon schaukeln.« Brandis kippte den Kaffee in sich hinein, wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und stand auf. »Nur darf ich hier nicht Wurzeln schlagen.«
»Was liegt an?«
»Sektor Sechs hat Trabbel mit dem Gestänge. Ich muß mal nach dem rechten sehen.«
Brandis stülpte den Helm auf, winkte Seebeck noch einmal zu und zwängte sich in die Schleuse. Und zugleich begann der Lautsprecher, ihn zu rufen. Seebeck sprang auf, hämmerte gegen die Scheibe, und als Brandis sich in der engen Röhre mühsam umdrehte, machte er ihm die entsprechende Geste: eine Hand am Ohr, zwei zur lautlosen Tonmalerei bewegte Lippen: ANRUF. Brandis kam aus der Schleuse gekrochen, und Seebeck nahm ihm den Helm ab.
»Im FK, Mark.«
Brandis stieg die Stiege hoch und trat ein. Der diensthabende Kommunikator hielt ihm einen Hörer entgegen.
»Ihre Frau, Sir. Ich fürchte nur …«
Brandis hatte das Gespräch schon entgegengenommen.
»Ja, Ruth. Hier bin ich.«
Aus dem Knistern der Sterne löste sich eine ferne Stimme: »Mark, endlich! Ich …«
Und dann war nur noch das Knistern da, der gedämpfte Donner gewaltiger energetischer Entladungen, die von einer Unendlichkeit in die andere zogen.
Brandis sah den Kommunikator an.
Der hob die Schultern.
»So geht das schon die ganze Zeit, Sir. Kein Gespräch von der Erde kommt richtig durch.«
Brandis gab ihm den Hörer zurück.
»Falls sie wieder anruft – ich lasse von mir hören, sobald ich kann.«
12.
»Mark! … Mark, hörst du mich? … Mark!«
Es war sinnlos. Aus der Weite des Raumes kehrte kein Echo zurück. Es wurde verschluckt vom erbarmungslosen, gleichgültigen Knistern der Sterne. O Gott, wie Ruth dieses Knistern haßte!
Sie schaltete das Visiofon ab. Drei Stunden hatte es gedauert, bis man ihr, auf allerlei Umwegen, eine Verbindung mit Intersolar hergestellt hatte – und nun war das Gespräch gleich zu Anfang zusammengebrochen.
»Nichts?«
Ruth schüttelte den Kopf. Und dabei bemerkte sie, daß ihr Atem dampfte. Das Haus kühlte aus, die Kälte fraß sich durch die Wände.
»Kein Durchkommen, Mascha.«
»Er wird zurückrufen.«
»Er weiß ja nicht einmal, wo ich bin.«
»Auf jeden Fall bist du erst einmal in Sicherheit und versuchst es später eben noch einmal.«
Mascha Stroganow, die rundliche Frau des grauköpfigen Sibiriaken, der auf der Henri Dunant, dem Flaggschiff der UGzRR, unter Brandis als Navigator flog, kauerte vor dem kalten Kamin und stopfte ihn mit Scheiten voll.
In Sicherheit! Ruth wiederholte für sich die aufmunternden Worte. Und nun ließ sich darüber nachdenken, was weiter geschehen sollte.
Dieses Haus am Nordrand von Metropolis, das eher einem sibirischen Blockhaus glich als dem Bungalow eines gutverdienenden Astronauten, kam ihr plötzlich vor wie eine Festung der Geborgenheit.
Kein Homat der Welt würde sie hier aufspüren.
In der Wahl und Gestaltung seines Wohnsitzes schimmerte etwas von Iwan Stroganows Heimweh nach der sibirischen Taiga durch, aus der er stammte. Das Haus, das er sich vor knapp zehn Jahren nach eigenem Entwurf hatte bauen lassen, lag in einem klimatischen Grenzgebiet von Metropolis – etliche Kilometer vor den Toren der eigentlichen Stadt. Das künstlich erzeugte subtropische Klima hörte hier auf, das natürliche gemäßigte begann. Die birkenbestandene Heidelandschaft, ein Stück Wildnis auf der künstlichen Insel, war mittlerweile aus dem Bebauungsplan herausgenommen und zum Erholungsgebiet erklärt worden. Stroganow zählte zu den wenigen Glücklichen, denen das Wohnen im Nordpark gestattet war.
Doch Sicherheit war nicht alles, wonach es Ruth verlangte.
Von dem, was im Zusammenhang mit dem ermordeten Professor Jakoby geschah, wußte sie nicht eben viel – aber bereits das Wenige, was sie mittlerweile in Erfahrung gebracht hatte, war ungeheuerlich.
Mit ihrem Mann konnte sie nicht zu Rate gehen. Sollte sie noch einmal Harris anrufen? John Harris war nicht nur ihr Vorgesetzter, er war auch ein väterlicher Freund. Und überdies als Direktor der VEGA ein Mann, dessen Wort zählte. Ein Gefühl in Ruth sträubte sich dagegen. So wie die Dinge sich entwickelten, bedeutete die VEGA nicht anders als der polizeiliche Notruf Gefahr. Wer immer den Homaten auf ihre Spur gesetzt hatte – er würde es auch ein drittes und viertes Mal tun.
Mascha Stroganow schien Ruths Unruhe zu spüren. Sie richtete sich auf.
»Du machst dir noch immer Sorgen, Ruth? Ich möchte dir helfen – aber das kann ich nur,
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