Weltraumzirkus d'Alembert - 1-5 - Die Geheim-Agenten des Imperiums
schnell wie möglich ablief und ihm zum Überlegen keine Zeit blieb. Er würde dann die Ereignisse als echt hinnehmen, wie sie sich eben darboten.
Fünf Minuten lang rasten sie die Landstraße entlang und über weitgestreckte Felder, auf denen Bauernfamilien ihre Felder bestellten. Dann aber hatten sie die Außenbezirke der Stadt erreicht. Die Häuser wurden größer und rückten enger zusammen. Andere Bauten – Fabriken, Läden, Markthallen – tauchten auf.
Die Menschen wurden zahlreicher, sie gingen die Straßenränder entlang, schleppten Pakete, betrieben Handel. Trotz der Eile mußte Jules sein Tempo drosseln, um keinen Fußgänger niederzufahren.
»Wir müssen den Wagen schleunigst loswerden«, sagte Passar. »Sonst haben die uns in kürzester Zeit aufgespürt. Aber wir kommen jetzt in eine Gegend, die ich kenne. Da könnten wir unterkriechen, bis der erste Wirbel verraucht.« Er gab Jules Anweisungen, wie er zu fahren hatte.
Nun befanden sie sich mitten in der Stadt, und Jules kroch nur mehr mit seinem Fahrzeug dahin. Die Häuser zu beiden Seiten waren schmutzig und verwahrlost. Zerbrochene Fensterscheiben überwogen die Zahl der intakten. Kinder spielten nackt auf der Straße, und ihr Geschrei und Gezeter hallte in den Häuserschluchten wider. Wäsche hing an Leinen, die über die Straße gespannt waren – oft nur einen oder zwei Meter über den dahinfahrenden Fahrzeugen. Auf diese Weise wurden die Sachen natürlich nie richtig sauber, aber das schien niemanden zu stören.
Die Menschen, die in den Häusern wohnten, waren die Glücklichen. Die Gehsteige waren manchmal zwei oder drei Reihen tief mit Menschen und ihren Habseligkeiten vollgestopft. Zerlumpte alte Decken auf dem Boden dienten manchen als Matratzen. Andere hatten sich einfach auf den hartgetretenen Schmutz oder Lehm gelagert. Am Straßenrand brannten kleine Feuer, über denen in Kesseln ständig irgendeine Brühe brodelte. Überall der Eindruck von Hunger und Apathie. Jules schauderte bei dem Gedanken daran, doch ließ er sich die Abscheu nicht anmerken. Als Har Koosman mußten ihm diese Bilder so wohlvertraut sein wie sein eigenes Spiegelbild.
Schließlich kamen sie an eine Stelle, an der die Straße praktisch unpassierbar wurde. Das Menschengewühl war hier so dicht, daß die Gehsteige überquollen. Die Menschen drängten auf die Fahrbahn und ließen kein Fahrzeug mehr durch. Jules sah Passar ratsuchend an, aber dieser reagierte mit einem Achselzucken. »Von hier an hätten wir ohnehin zu Fuß laufen müssen«, sagte der Ältere.
Jules streifte die Aufseheruniform von seinem Kaftan. Die zwei entsprungenen Häftlinge schwangen sich vom Wagen herunter und ließen ihn mitten auf der Straße stehen, als Beute für jeden Beliebigen. Passar drängte sich als erster durch die Menge, er schlüpfte zwischen den Menschen, die ihm den Weg verstellten, hindurch, als hätte er keine Knochen. Es war offenbar eine besondere Kunstfertigkeit, sich so durchzudrängen, damit aber eine Kunst, die Jules nicht erlernt hatte. Obwohl er es versuchte, trat er doch immer wieder jemandem auf die Füße, in dem Bemühen, mit seinem Gefährten Schritt zu halten. Alle paar Meter mußte er den Körper eines auf dem Gehsteig Schlafenden oder sogar den eines Toten überspringen. Wie es ihm glückte, dabei Passar im Auge zu behalten, war ihm nachträglich immer unklar geblieben. Aber irgendwie gelang es ihm, denn die Verzweiflung verlieh ihm zusätzlichen Ansporn.
Pessar sah sich kein einziges Mal um, ob Jules ihm folgte oder nicht. Vermutlich nahm er an, daß Jules sich im Straßengedränge ebensogut zurechtfand wie er. Er bemerkte daher nicht, wie ungeschickt sich sein Begleiter eigentlich dabei anstellte. Andernfalls wäre Jules' Tarnung womöglich schon hier aufgedeckt worden. Passars Aufmerksamkeit war auf zweierlei gerichtet: Erstens wollte er sich in der Menge so gründlich wie möglich verlieren, damit die Polizei ihn nicht finden konnte, und zweitens wollte er endlich zu seinem Versteck.
Schließlich bog Passar von der Hauptstraße weg in eine zwischen zwei Häuserreihen verlaufende Seitengasse ein. Er lief etwa ein Drittel der Länge des Gäßchens entlang, dann stieg er eine kurze Treppe zu einem Kellergeschoß und zu einer dort befindlichen Tür hinunter. Jules hatte sich inzwischen aus der wogenden Menge gelöst und hatte den Älteren mit zusätzlichem Energieaufwand eingeholt, so daß dieser glaubte, er wäre ihm die ganze Zeit knapp auf den Fersen
Weitere Kostenlose Bücher