Weltraumzirkus d'Alembert - 1-5 - Die Geheim-Agenten des Imperiums
des Kranes heran. Ein Zusammenstoß war unvermeidlich, denn der Kran war für ein Ausweichmanöver zu langsam. Jules wollte den großen Kran wenigstens so weit wie möglich um seine Achse drehen, denn wenn der Aufprallwinkel weniger als neunzig Grad betrug, würde die Wucht des Zusammenstoßes mit dem Schaufler gemildert werden.
Obwohl es auf der luftlosen Oberfläche von Vesa keine Geräusche gab, glaubte Jules in seiner Phantasie das Knirschen der Raupen zu hören, während er mit aller Kraft an den Hebeln riß.
Rasks Fahrzeug kam rasend schnell näher, war nur mehr ein, zwei Dutzend Meter entfernt. Die Raupenkette des Krans verursachte ein Beben, als Jules sie bei der Drehung des Krans bis zu den Grenzen der Belastbarkeit beanspruchte. Der Kran drehte sich – fünf, zehn Grad – und dann war es zu spät. Der Schaufler traf seitlich am Kran auf, mit der vollen Wucht seiner Masse von zwanzig metrischen Tonnen.
Jules verließ seinen Posten knapp vor dem Zusammenstoß -er wollte nicht in der Kabine herumgeschleudert werden und sich dabei womöglich den Raumanzug aufreißen. Er war durch die offene Tür der Kabine hinausgeeilt und befand sich im Moment des Zusammenstoßes an der Außenseite des Kranes. Die Gewalt des Aufpralls übertrug sich von den Füßen aufwärts durch den ganzen Körper. Sein Kopf wurde derart erschüttert, daß es ihm fast die Zähne ausbrach und er das Gefühl hatte, daß sie wie Würfel auf einem Spieltisch in seinem Kopf herumkollerten. Ein jäher Schmerz durchfuhr sein linkes Bein unter dem Knie, das ihm infolge der seinerzeitigen Verletzung immer noch zu schaffen machte. Jules zuckte zusammen, als das Bein nachgab und er nach einem Halt suchen mußte.
Rask hatte für den Zusammenstoß die Schaufel seines Fahrzeuges mittels des Hebemechanismus hoch- und vorgereckt, in der Hoffnung, den größeren Kran auf diese Weise umkippen zu können. Der Kran schwankte und bebte auch, und Jules fürchtete schon, Rask könnte sein Ziel erreichen. Aber der Kran war einfach doch zu massiv, und nach einiger Zeit ließ Rask davon ab, jedoch nur, um sich eine neue Schurkerei einfallen zu lassen.
Radapur, der vor zwei Tagen damals den Streit begonnen hatte, war mit seinen Kollegen vom Kran gesprungen und stand nun allein da, etwa fünfzehn Meter entfernt von Rasks Fahrzeug. Rask bemerkte ihn, lenkte vom Kran weg und steuerte nun sein Fahrzeug auf den einsam dastehenden Chandakhari zu.
Jules erkannte, daß keiner der anderen Männer Radapur vor Rask erreichen konnte. Er mußte also auf eigene Faust handeln, wenn er den Jungen retten wollte. Er versuchte, ihm eine Warnung zuzurufen, doch über die Kopfhörer kam so viel Geschrei und Stimmengewirr, daß man einzelne Stimmen nicht verstehen konnte. Jules unterzog sein linkes Bein einem Test, fühlte, daß es wieder einsatzfähig war, und machte sich zu einem Sprung bereit.
Über ihm baumelte, etwa fünfundzwanzig Meter über dem Boden, der große Kranhaken. Jules nahm einen Anlauf und sprang mit Beinen, die ihn wie zwei stramm angezogene, stählerne Federn hochschnellen liegen, in die Höhe. Selbst in Anbetracht der geringen Schwerkraft auf Vesa wäre es für jemandem von einer erdähnlichen Welt ein unmögliches Unterfangen gewesen – aber Jules war ein DesPlainianer und darin geübt, seine körperlichen Fähigkeiten optimal einzusetzen. Jahrhundertelange, genetische Anpassung und lebenslanges, körperliches Konditionstraining zeigten sich in der Kraft seines Sprunges. Er schaffte ihn und sparte dabei sogar noch Energie.
Er faßte nach dem Haken wie nach einem Trapez. Sein Vorwärtsschwung versetzte den Haken in leichtes Pendeln. Indem er seinen Körper in die von ihm beabsichtigte Richtung schwang, vergrößerte er die Pendelbewegungen, obwohl der Haken sehr massiv war – weit massiver als jedes Trapez, mit dem er bisher gearbeitet hatte. Langsam, ganz langsam wurden die Pendelschwünge größer und größer, und er sammelte Schwung für den bevorstehenden Absprung.
Unten am Boden hatte sich Rasks Fahrzeug dem jungen Radapur unaufhaltsam genähert. So langsam es war, so konnte es einen Menschen immer noch überholen. Radapur wandte eine Hinhaltetaktik an, indem er hohe Luftsprünge vollführte, um so der Maschine auszuweichen, aber der Erfolg dieser Taktik war gering, denn seine Rückkehr auf den Boden dauerte so lange, daß Rask Zeit hatte, sich auf den jeweiligen Landepunkt einzustellen. Es würde also nur mehr eine Sache von Sekunden sein, bis der
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