Weltraumzirkus d'Alembert 6-10 - Letzter Einsatz
harmlos aus und benahm sich auch so, aber irgend etwas an ihm kam mir bekannt vor. Eigentlich hätte ich ihn ja auf der Stelle liquidiert, aber eingedenk Ihrer Anweisungen ließ ich ihn laufen, nicht ohne ihn zu warnen, daß er niemandem von dem Haus etwas sagen dürfe. Als er weg war, habe ich seine Angaben überprüft.
Er behauptete, ein gewisser Ernst Brecht vom Planeten Islandia zu sein, und das hat mir der Computer bestätigt. Aber wenn er wirklich Ernst Brecht ist, kann er nicht so dämlich sein, wie er sich hier benommen hat. Wenn man den Unterlagen glauben will, hat Brecht mit seiner Frau im Alleingang ganz Islandia in seine Gewalt gebracht und sich einige Tage behauptet, ehe er von SOTE ausgeschaltet wurde. Bei mir aber hat er sich wie ein Vollidiot benommen.«
»Ja, da liegt eine Unstimmigkeit vor«, sagte Lady A »Zeigen Sie mir sein Bild.«
Die Boros kam der Aufforderung nach. »Das Bild haben meine Wachen gemacht, als er bei ihnen auf der Station war. Das andere stammt aus seiner Gefängnisakte, ohne Bart. So kommt er mir noch bekannter vor, aber ich weiß nicht, wo ich ihn einordnen soll.
Lady A studierte die Bilder eingehend. Dann lächelte sie. »Interessant«, sagte sie wie im Selbstgespräch.
»Sie kennen ihn?«
»Ich habe ihn einmal gesehen, bei Ednas Vermählung. Er war der junge Athlet, der sich an einem Seil von oben herunterschwang und unsere kleine Überraschung verdarb.«
»Athlet?« Die Boros schlug sich mit der flachen Hand auf die Stirn. »Allmächtiger, natürlich! Ein Athlet, ein Bodybuilder ... wie hieß er doch gleich? DuClos, ja genau. Ich habe mit ihm zusammen trainiert, ehe ...«
Ihre Augen wurden zu schmalen Schlitzen, als das Bild deutlich in ihrer Erinnerung auftauchte. »Dann ist er derjenige, der ... und ich war schuld daran. Ich habe Vater und Mutter verraten. Es war meine Schuld, daß sie verloren.« Sie war den Tränen nahe.
Einige davon gingen tatsächlich auf das Konto ihrer toten Eltern, aber die meisten weinte sie der verspielten Chance nach, als Thronerbin eingesetzt zu werden.
Lady A ließ sie weinen. Ihre Rücksichtnahme war geradezu abnormal... »Kindchen, das war wohl kaum Ihre Schuld. Die Verschwörung Ihres Vaters war von Anfang an nicht dazu bestimmt, Erfolg zu haben.«
Tanya Boros sah ruckartig auf. Ihr stockte der Atem. »Wie? Sie haben... Sie haben den Mißerfolg eingeplant?« Sie konnte es nicht fassen. Sie war mit den Umsturzplänen ihres Vaters aufgewachsen, sie hatte mit angesehen, mit welcher Umsicht er sich jeder Einzelheit widmete. Niemals hatte er erwähnt, daß es über ihm noch einen Ranghöheren gab.
»So unverblümt würde ich das nicht sagen«, meinte Lady A. Unter anderen Umständen hätte sie sich unverschämte Fragen eines Untergebenen nicht bieten lassen, aber Tanya Boros gegenüber gab sie sich sehr zurückhaltend. »Ich hatte bis zum bitteren Ende gehofft, es würde klappen. Sein Mißerfolg hat mich mehr getroffen, als Sie ahnen. Aber ich hatte andererseits nicht viel Zutrauen, daß er es schaffen würde. Er ist viel zu direkt vorgegangen. Die Bedrohung für das Imperium war zu offensichtlich. SOTE hatte seit sechzig Jahren ihm und dem Patent nachgespürt. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis man ihm auf die Schliche kam. Ehrlich gesagt, habe ich mich sehr gewundert, daß es so lange dauerte, aber schließlich hat Ihr Vater von seinen Eltern ein gerütteltes Maß an Gerissenheit mitbekommen.«
Sie holte tief Luft, ehe sie leise fortfuhr: »Nein, Banion war bestenfalls eine Schachfigur, ein Köder, den wir für SOTE auslegten, während wir hinter der Szene unseren wahren Plan verfolgten. Jetzt sind wir so weit, daß wir in allen Bereichen der Regierung unsere Finger haben, so weitreichend, daß es SOTE erst merken wird, wenn es zu spät ist.«
»Aber ...«
»Schluß damit«, sagte Lady A brüsk, in ihren üblichen Ton verfallend. »Es gibt jetzt größere Probleme. Es sieht so aus, als hätten Sie einen SOTE-Agenten am Hals. Vielleicht sogar zwei, weil Sie erwähnten, daß er eine Frau hat. Wie gedenken Sie mit ihm fertig zu werden?«
»Ich werde sofort veranlassen, daß er liquidiert wird.«
»Nein, das werden Sie nicht. Ich habe schon zu lange gewartet, daß er auftaucht. Fast befürchtete ich schon, er würde sich nicht mehr zeigen. Sie werden ihn im Auge behalten und dafür sorgen, daß er keinen Schaden anrichtet. Und wir werden dafür sorgen, daß er zu uns kommt. In wenigen Tagen werde ich bei euch sein. Wir
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