Weltraumzirkus d'Alembert 6-10 - Letzter Einsatz
zäher, schneller, stärker. Zweiundsechzig Jahre nach den ersten Kolonisationsversuchen wurde Des Piaines von den Aufklärungsschiffen der Koslow-Dynastie von der wieder kapitalistisch gewordenen Erde aus neu entdeckt. Inzwischen wußte man, daß es genügend Planeten mit irdischen Lebensbedingungen gab und daß ein Leben unter so harten Bedingungen nicht mehr unbedingt nötig war. Die Regierung der Erde bot nun den DesPlainianern an, sie auf eine einladendere Welt zu bringen, doch die DesPlainianer lehnten überraschenderweise ab.
Ihre Eltern und Großeltern hatten ihr Leben gelassen, um ihnen diese Heimat zu schaffen, und sie waren stolz auf ihre Welt und brüsteten sich: »DesPlainianer können auch dort noch leben, wo alle anderen untergehen.« Und so blieben sie auf einem Planeten, der in der Planetenklassifizierung der Erde als ›unwirtlich‹ geführt wurde.
Und mit der Zeit erlebten sie auf diesem Planeten sogar etwas wie eine Blütezeit. Des Piaines war nämlich reich an Schwermetallen und kostbarem Gestein, Dingen, nach denen immer großer Bedarf bestand. Der Exporthandel nahm großen Aufschwung. Und auch die Menschen erwiesen sich als Trümpfe. Es herrschte im gesamten Raum ständiger Bedarf an Soldaten, Entdeckern, Sportkämpfern und Leibwächtern. Dank ihrer außergewöhnlichen Reflexe und ihrer überlegenen Körperkraft waren sie dazu hervorragend geeignet.
So war es also um die Herkunft der Familie d'Alembert bestellt, und Yvette d'Alembert-Bavol stellt ein ganz besonderes Exemplar dieser Sippe dar. Mit ihren hundertdreiundsechzig Zentimetern und siebzig Kilo Körpergewicht war sie eigentlich zu klein und zu gedrungen, um dem irdischen Schönheitsideal zu entsprechen. Und doch hatte sie kein Gramm überflüssiges Fett am Leib. Als Abkömmling einer Welt mit Hochschwerkraft verfügte sie über einen besonderen Körperbau und speziell als Angehörige des einzigartigen d'Alembert-Clans hatte sie Anlagen, mit denen sich nur wenige Menschen in der ganzen Galaxis messen konnten. Mit ihrem Bruder Jules hatte sie lange als Star-Luftakrobatin des Zirkus gearbeitet, ehe sie vor zwei Jahren dem Zirkusleben den Rücken kehrte und als Spitzenteam der SOTE arbeitete.
Im Moment allerdings war sie in Gedanken weit weg von allfälligen, das Imperium bedrohenden Verschwörungen. Sie saß auf einer auf den Boden gebreiteten Decke und sah ihren Mann Pias Bavol an, mit dem sie seit einem Monat verheiratet war. Auch Pias stammte von einer Hochschwerkraftwelt, nämlich von Newforest, und verfügte über den für diese Menschen typischen Körperbau. Und auch Pias war als Agent für den Service of the Empire tätig. Yvette hatte momentan nichts anderes im Sinn als Pias braune Locken, die ihm in die Stirn fielen, und seine blauen Augen, die immer jungenhaft glänzten, wenn sie allein waren. In den zwei Wochen seit ihrer Ankunft auf Des Piaines hatte Yvette ihrem Ehemann die Sehenswürdigkeiten ihrer Heimatwelt gezeigt. Für den heutigen Tag hatte sie ein Picknick im Bois Mercredi vorgeschlagen, in einem Waldgebiet, das sich am Nordrand des d'Alembertschen Besitzes erstreckte. Und Pias hatte gutgelaunt wie immer eingewilligt. Es war Spätherbst in dieser Hemisphäre. Die Bäume auf Des Piaines absorbierten in dieser Jahreszeit ihre Blätter in die Äste, anstatt das Laub abzuwerfen, und gewannen so die nötige Energie für den kommenden kalten Winter.
Sie hatten sich in einem nur dünn bewaldeten Gelände auf einem Hügel niedergelassen, von dem aus man den herzoglichen Besitz im Süden überblicken konnte. Gegen Norden hin erhoben sich die gewaltigen Razortooth-Berge, ein gleichermaßen aufregender wie abweisender Anblick. Pias nahm die Großartigkeit dieses Panoramas in sich auf und merkte dabei gar nicht, wie intensiv Yvette ihn beobachtete.
»Das alles ist so wunderschön«, sagte er leise. »Es regt einen direkt zum Dichten an.«
»Warum dichtest du dann nicht?«
»Du würdest mich ja doch nur auslachen.«
»Nein, sicher nicht.« Yvette legte die Hand aufs Herz.
»Also gut.« Pias setzte sich aufrecht hin und räusperte sich dramatisch. »Ich nenne mein Werk ›Ode an DesPlaines‹.
Die Berge hoch gen Himmel ragen,
Wie Finger in die Nacht,
Bis auf den einen, ganz rechts außen,
Der einen gebrochenen Eindruck macht.
Der Wolken Gestalt sind mir ein Bild,
Das unter den Schuhen mir hervorquillt
Gleich Käferscharen, die zertreten.
Zu Zwillings-Seen mein Blick mich führt.
Dir schielendes Funkeln mich
Weitere Kostenlose Bücher