Weltraumzirkus d'Alembert 6-10 - Letzter Einsatz

Situation ergibt das keinen Sinn. Die haben so viel kleine Schiffe, daß die großen aus Platzmangel gar nicht feuern können.
    Befehle schossen in der Befehlszentrale der Luna-Basis hin und her, blitzschnell und heftig, während die Generale um den Konferenztisch saßen und die dreidimensionale, zwischen den Bildschirmen schwebende Darstellung beobachteten. Das Standardverfahren in einem solchen Fall war, die Verteidigungsschiffe in loser Formation an das Zentrum heranzuführen und sie aus allen Richtungen so viel Energie als möglich auf das Herz der Formation feuern zu lassen. Einige Generale befürworteten genau diese Methode, während Benevenuto sich widersetzte. »Ich halte es für besser, wenn wir Abstand halten. Sollen die den ersten Schritt tun.«
    In der Bloodstar Hall war nun eine Pause zwischen den Zeremonien vorgesehen, während der die Kaiserin eine Erfrischung zu sich nehmen und sich erholen konnte. Sie erfuhr von dem Angriff, beschränkte sich auf ein ernstes Nicken und sagte:
    »Die Navy wird ihre Aufgabe erfüllen. Die Zeremonie wird wie geplant ihren Fortgang nehmen.«
    Edna nahm die Gelegenheit wahr, sich umzukleiden. Als sie sich wieder der Öffentlichkeit zeigte, trug sie ein modernes, langes Gewand aus silberdurchwirktem Material, das über und über mit Edelsteinen bestickt war. Darüber hatte sie ihren Krönungsmantel gelegt. Auf dem Haupt trug sie die Krone. Liu schritt in einer weißen Robe und einem purpurnen Mantel an ihrer Seite. Sie überreichte ihm nun ein echtes Schwert, das seine Rolle als ihr Beschützer symbolisieren sollte. Das Paar thronte während der weiteren Vorgänge Seite an Seite.
    Selbst wenn ihre persönliche Anwesenheit kampfentscheidend gewesen wäre, hätte Edna nicht die Krönungszeremonie unterbrochen, die sich mühsam durch den ganzen Nachmittag schleppte. Während die Ansprachen und formelhaften Redensarten durch den Saal dröhnten, hatte sie ihren Gesichtsausdruck strikt unter Kontrolle. Den Treueeid eines Edelmannes nahm sie mit der Würde der geborenen Herrscherin entgegen, bedachte ihn mit einem angedeuteten Lächeln voller persönlicher Wärme. Dann lehnte sie sich zurück, um den nächsten zu erwarten. Die meisten Monarchen nannten den Krönungstag den längsten ihres Lebens, und Edna verstand jetzt, warum. Die zusätzliche Anspannung in ihrem besonderen Fall machte die Sache nur noch schlimmer.
    Trotz allem war sie entschlossen, die Krönung bis zum letzten Wort und zur letzten Geste durchzustehen. Wir alle haben im Leben bestimmte Pflichten zu erfüllen, ging es ihr während einer Pause des Rituals durch den Sinn. Die Männer und Frauen meiner Navy erfüllen sie in dieser Minute. Sie dürfen erwarten, daß ich die meinen tue.
    Auch in der Befehlszentrale schleppten sich die Stunden dahin, während der Abstand zwischen den beiden Flotten immer kleiner wurde. Die Piratenarmada setzte den Flug in ihrer gedrängten Formation fort, die allen Regeln der Gewohnheit und Logik widersprach. Drei Viertel des obersten Kommandos stimmte für die Einkreisungstaktik. Um sie zum Schweigen zu bringen, ließ Benevenuto den Vorgang von einem Computer simulieren. Das Resultat war jedes Mal dasselbe: auch der Computer riet zur Einkreisungstaktik.
    »Wenn wir zu lange zögern«, warnte einer der Admiräle, »dann durchstoßen sie unsere Linien, und uns ist jede Möglichkeit genommen, sie einzukreisen.«
    Benevenuto stand zu seinem Entschluß. Die traubenförmige Anordnung der Piraten war keine wirksame Angriffsformation. Es war eine Finte, es mußte eine sein. Er wußte mit absoluter Sicherheit, daß ein Umzirkeln ein taktischer Fehler schlimmster Art sein würde. Resolut hielt er seine Schiffe auf einer Ebene, die senkrecht zum Kurs der feindlichen Formation verlief und damit einen Wall zwischen Invasoren und der Erde darstellte.
    In der Computersimulation beobachteten sie, wie die Lichter, die die Piratenarmada darstellten, sich dem Wall näherten, der von der Navy gebildet wurde. Bald würden die zwei Streitmächte in Feuernähe sein, und die Schlacht würde beginnen. Die Imperiumsschiffe in Kontaktpunktnähe würden auf die feindliche Formation feuern können, die weiter entfernten würden außer Reichweite sein und damit unwirksam. Die feindliche Schiffszusammenballung würde wie ein Rammbock die Verteidigungsebene durchstoßen und sich nicht aufhalten lassen.
    »Das Feuer eröffnen, sobald die Schiffe in Reichweite sind«, befahl Benevenuto. »Unsere Schiffe sollen den