Weltraumzirkus d'Alembert 6-10 - Letzter Einsatz
und alles auf Preis war genau eingefädelt, als der Roboter in das Haus deines Vaters lief und zuvorkommend seine Unterlagen ans Tageslicht zog. Aber die Sache auf Durward ist unvollendet geblieben. Elsa Heimund ist entkommen, und kein Mensch hat diese Verbindung weiterverfolgt. Wenn die Geschichte einen Schwachpunkt hat, dann sitzt er genau hier ...«
Er wiederholte gedankenvoll den Namen. »Durward.« Der Name allein bewirkte, daß lang zurückliegende unangenehme Erinnerungen wachgerufen wurden, Erinnerungen, die in die Zeit vor Etiermes Geburt zurückreichten. Durward stellte seit über sechzig Jahren für das Imperium eine Quelle der Unruhe dar. Dort hatten sich viele ausgezeichnete SOTE-Agenten im Netz von Intrigen verfangen und waren getötet worden.
Alles hatte begonnen, als Kaiser Stanley IX. den Thron innehatte. Um sich mehr Macht und Einfluß zu sichern, richtete Herzog Henry Blount von Durward es ein, daß die schöne und skrupellose junge Schauspielerin Aimee Amorat die Geliebte des Kaisers wurde. Die Amorat, später als ›Bestie von Durward‹ bekannt, gebar dem Kaiser einen Sohn, der offiziell als Thronerbe anerkannt wurde. Der Form halber wurde die Amorat mit Herzog Henry vermählt, doch ihr Einfluß auf den Kaiser dauerte an - so lange, bis seine Gemahlin ihm einen legitimen Erben schenkte. Der ältere Sohn, Banion der Bastard, stellte plötzlich nicht bloß ein peinliches Ärgernis dar. Er wurde zur Bedrohung für die rechtmäßige Thronfolge.
Nachdem sie an der Spitze eines glücklosen Aufstandes gegen ihren Gemahl Henry gestanden hatte, nahm Aimee Amorat ihren Sohn und verschwand mit ihm, wobei sie SOTE immer einen Schritt voraus war. Über sechzig Jahre lang hatte SOTE vergebens nach Banion und dem königlichen Erlaß gesucht. Erst vor ein paar Jahren, als es schon fast zu spät war, hatten Jules und Yvette seine Spur aufgenommen, ihn gestellt und seine im Laufe der Jahre aufgebaute Organisation zerschlagen. Nicht einmal Banion wußte, was aus seiner Mutter geworden war, doch nahm man an, daß sie entweder tot oder sehr gebrechlich sein mußte, da sie mittlerweile eine Frau Mitte Neunzig war.
Doch der Name Durward rief in jedem SOTE-Agenten unangenehme Gefühle wach. Der Fall Banion war zwar abgeschlossen, doch die bösen Erinnerungen waren haftengeblieben wie Gestank von altem Müll.
Herzog Etienne strich sich beim Nachdenken über die rechte Hand. Wer ihn gut kannte, erkannte dies als wichtiges Zeichen, denn des Herzogs Rechte war im Verlaufe einer Mission von einem Strahlerschuß getroffen worden und hatte von einer sehr echt aussehenden Prothese ersetzt werden müssen. Die einzelnen abnehmbaren Finger waren Werkzeuge und Vorrichtungen verschiedenster Art. Die Verbindungsstellen verdeckte der Herzog mit Ringen. Herzog Etienne sah Helena an, die ausdruckslos vor sich hinstarrte. Sie hatte den Schock der Todesnachricht noch immer nicht verwunden. »Dein Vater war mein bester Freund«, sagte Etienne. »Ich kann nicht glauben, daß er ein Verräter ist. An Fortiers Geschichte juckt mich etwas im Hinterkopf, und ich werde keine Ruhe finden, ehe ich die Sache nicht persönlich untersucht habe.«
»Aber du hast versprochen, du würdest nichts unternehmen«, sagte Helena teilnahmslos.
Etienne lächelte. »Ich habe nur versprochen, daß der Zirkus nicht eingreifen wird, um dir zu helfen. Aber jetzt handelt es sich um etwas, das ich selbst in die Hand nehme. Solange man mich nicht mit einer bestimmten Mission betraut, die dann natürlich Vorrang hat, steht es mir frei, der Sicherheit des Imperiums zu dienen, wie es es mir beliebt. Und im Moment gibt es für mich nichts Wichtigeres, als die Wahrheit über deinen Vater herauszufinden.«
Er trat zu ihr hin und hob ihr Kinn an, so daß sie ihn direkt ansehen mußte. »Ich habe Edna außerdem versprochen, ich würde dich in Gewahrsam nehmen, aber ich habe nicht versprochen, dich zurückzuschicken, damit man dir den Prozeß macht. Wenn du mir dein Wort darauf gibst, daß du keinen Fluchtversuch unternehmen wirst, dann darfst du mitmachen.«
»Welchen Sinn hätte es, wenn ich wegliefe?« sagte Helena niedergeschlagen. »Ich wüßte ja nicht wohin.« Als der Herzog sie losließ, starrte sie wieder zu Boden.
Etienne d'Alembert sah Helena voll zärtlichem Mitgefühl an. Sie war immer so lebensfroh gewesen und hatte sich durch Widrigkeiten nie unterkriegen lassen.
Es brach ihm fast das Herz, sie jetzt an Leib und Seele gebrochen zu sehen. Er gelobte
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