Weltraumzirkus d'Alembert 6-10 - Letzter Einsatz
verloren und war nun schlicht und einfach Helena von Wilmenhorst, im Moment beschäftigungslos und auf der Flucht vor der kaiserlichen Gerichtsbarkeit.
Schweigend saß sie da, trank in kleinen Schlucken ihre Schokolade und überdachte ihre Situation. »Ich... ich kann nicht glauben...«
»Ich bin von Edna privat kontaktiert worden«, sagte Etienne, als er merkte, daß Helena den Satz nicht vollenden würde. »Sie hat mir die Neuigkeit persönlich mitgeteilt, noch ehe ich sie von anderer Seite hören konnte. Und sie hat mir auch einiges darüber gesagt, was eigentlich passiert ist - über die Beweise, daß dein Vater der berüchtigte C sein soll, das Haupt der Verschwörung.«
»Nichts als manipulierte Beweise«, sagte Helena so leise, daß man es kaum hören konnte.
»Edna sagt, sie könne es selbst kaum glauben«, fuhr der Herzog fort. »Zuerst wollte sie euch beide nur unter Hausarrest stellen, doch als du einfach ausgerissen bist, sah sie, daß das wohl nicht reichte. Sie ließ deinen Vater zur Erde bringen und heimlich hinrichten, ehe noch mehr passieren konnte. Als sie es mir sagte, war sie den Tränen nahe.«
»O Gott«, sagte Helena mit bebenden Lippen. »Ich habe ihn auf dem Gewissen. Er hat mir noch gesagt, es würde uns schuldig erscheinen lassen, aber ich habe nicht auf ihn gehört. Wenn ich nicht geflohen wäre ...«
Weiter konnte sie nicht, denn Kummer und Schuldbewußtsein überwältigten sie. Ihr ganzer Körper wurde von Weinkrämpfen geschüttelt, Tränen liefen ihr übers Gesicht. Sie beugte sich vor und ließ die Tasse auf den Boden fallen, als sie die Arme um die Knie schlang. Mit gebeugtem Kopf weinte sie vor sich hin. Minutenlang war außer ihrem jämmerlichen Schluchzen nichts zu hören. Etienne beobachtete sie. Seine Augen blieben trocken. Er hatte seine Tränen vor zwei Tagen vergossen. Jetzt hatte er keine mehr übrig.
Als Helena sich ein wenig beruhigt hatte, bot er ihr sein Taschentuch an. »Edna hat mit mir auch über dich gesprochen«, sagte er sanft.
Helena sah auf. Augen und Nase waren gerötet. »Ach?«
»Ja. Ich mußte ihr versprechen, daß ich dich für den Fall deines Auftauchens hier in Obhut nehmen würde und daß der Zirkus nicht dazu benutzt würde, mit einer Privataktion den Namen deines Vaters reinzuwaschen.«
Helena hatte geglaubt, ihr Mut könne nicht noch tiefer sinken mußte jetzt aber entdecken, daß sie in immer tiefere Verzweiflung stürzte. Der Zirkus war ihre letzte Hoffnung gewesen, um Gerechtigkeit zu finden, und jetzt wurde ihr auch das vorenthalten. Das ganze Universum war leer, um sie herum war Finsternis. »Ebensogut könnt ihr mich gleich erschießen«, sagte sie tonlos. »Mein Leben hat keinen Sinn mehr.«
»Bevor du dich ganz deinem Selbstmitleid überläßt, möchte ich ein paar Dinge wissen«, sagte Etienne in normalem Ton. »Ihre Majestät hatte keine Zeit, mich in alles einzuweihen, und meine Neugierde läßt sich schwer bezähmen. Dein Vater war der beste Freund, den ich im ganzen Leben hatte, und wenn man ihn zum Tode verurteilt hatte, möchte ich den Grund wissen. Kannst du mir sagen, warum man ihn angeklagt hat?«
Langsam und ganz mechanisch berichtete Helena nun von Fortiers Ermittlungen, so wie Fortier selbst es ihr erzählt hatte. Sie kannte die Geschichte mittlerweile auswendig, weil sie sie auf dem Flug von Preis in der Hoffnung, irgendwo einen Haken zu entdecken, immer wieder durchgegangen war.
Sie sprach ganz monoton, weil sie starr und gefühllos war.
Etienne lief im Raum auf und ab. Seine geballte Energie war mit der ausgeglichenen, ruhigen Art ihres Vaters nicht zu vergleichen, doch ähnelten die beiden einander, was Konzentration und Intelligenz anging. Diese kleine Ähnlichkeit schmerzte Helena ganz unbewußt, doch ihr Kummer war so groß, daß sie es kaum wahrnahm.
Als sie geendet hatte, schüttelte der Herzog den Kopf. »Das ist ausgeschlossen«, murmelte er vor sich hin. »Ich würde niemanden auf Grund so fadenscheiniger Beweise verurteilen. Warum hat Edna es getan? Das begreife ich nicht. Eh bien, sie ist Kaiserin ...« Damit nahm er seine Wanderung wieder auf. Helena saß wortlos da und wartete, daß er wieder etwas sagte.
Schließlich blieb er vor ihr stehen. »Also gut, nehmen wir mal Fortiers Geschichte genauer unter die Lupe. Sie besteht aus drei verschiedenen Teilen, die sich auf drei verschiedenen Planeten zugetragen haben. Lateesta, Durward und Preis. Alles, was sich auf Lateesta zutrug, war ein klarer Fall,
Weitere Kostenlose Bücher