Weltraumzirkus d'Alembert 6-10 - Letzter Einsatz
Gottes uns davor schützt, mit den anderen unterzugehen. Wir glauben, unsere Gottesfurcht wird uns zur Erlösung führen, gleichgültig, was aus allen anderen wird.
Brüder und Schwestern, wir machen uns da etwas vor. Dieser Selbstbetrug ist eine Illusion, die uns eben jenes Böse vorgaukelt, dem wir zu entrinnen glauben. Kommt es erst zum Endkampf, dann gibt es nirgends Zuflucht. Die Flut wird so gewaltig sein, daß es keine Inseln mehr geben wird, auf die man sich wird retten können. Das Böse ist von so gewaltiger Größe, Brüder und Schwestern, daß wir verschlungen werden, als hätte es uns nie gegeben. Unsere Kämpfe, unsere guten Werke, alles wird null und nichtig. Gott wird sich von uns abwenden und uns in den feurigen Höllenschlund stürzen, gleich allen anderen Sündern, weil wir in unserer heiligen Mission versagt und Sein Wort und Seinen Willen nicht der ganzen Galaxis kundgetan haben.«
Eine Frau stieß einen Schrei aus und zog damit die mahnenden Blicke ihrer Umgebung auf sich. Sie drückte sich tief in ihren Sitz und schwieg still. Die allgemeine Aufmerksamkeit wandte sich wieder der Bühne zu.
»Dort draußen auf anderen Welten hat die Menschheit ihr göttliches Erbteil verleugnet, hat dem Heil den Rücken gekehrt und sich statt dessen dem Verfall und der Gottlosigkeit hingegeben. Maschinen treffen Entscheidungen. Maschinen bearbeiten die Farmen, Maschinen betreiben Fabriken und erzeugen jene Güter, die den Menschen ihren verweichlichten Lebensstil ermöglichen. Tagtäglich werden Tausende von Seelen an die Maschinen verloren - und je schwächer die Menschen werden, desto stärker werden die Maschinen.
Indem wir hier auf Purity bleiben und den Rest der Menschheit praktisch ignorieren, vernachlässigen wir unsere Pflicht Gott gegenüber. Wir dürfen nicht länger zusehen, wie die Mächte des Bösen das Universum verschlingen. Wir leben in einer Zeit des Handelns, und wer müßig dasitzt, ist ein Sünder wie der ärgste Wüstling, mag sein Herz auch rein sein und seine Hingabe an Gott groß.
Wir können nicht länger unsere Augen davor verschließen, daß wir die Hüter unserer Brüder und Schwestern sind. Wir müssen voranschreiten. Wir müssen das Reich des Bösen vernichten. Wir müssen unsere sichere, sündenfreie Welt aufgeben und den Kampf zu den Fleischtöpfen der dekadenten Mehrheit tragen. Nur indem wir dem Feind von Angesicht zu Angesicht gegenübertreten, dürfen wir hoffen, jenen Sieg zu erringen, den Gott uns zugedacht hat.«
Wieder ließ sie eine bedeutungsschwangere Pause eintreten und gab sich sowie den Zuhörern die Möglichkeit, wieder Atem zu schöpfen. Sie wußte, daß sie einen emotionalen Höhepunkt erreicht hatte und daß es von nun an dem Ende zuging.
»Ich weiß, was ihr jetzt sagen werdet. Ihr werdet sagen: ›Ich bin nur einer, und der anderen sind so viele‹. Ihr werdet sagen: › Wie kann ein Mensch wie ich, der geringste und sündigste unter den Menschen, gegen die Mächte des Bösen antreten? ‹ Ihr werdet sagen: ›Das Böse ist der listigste Feind, mit dem der Mensch es je zu tun hatte. Wir haben keine Chance, wenn wir ihm auf seinem eigenen Gebiet gegenübertreten, wir dürfen nur hoffen, das Böse in uns selbst zu bekämpfen. ‹
Aber ich sage euch, wenn ihr solchen Gedanken nachgebt, dann werdet ihr vom fähigsten Kampfgefährten des Teufels verführt - nämlich von der Kleinmütigkeit. Ja, wir sind gering an Zahl. Ja, wir sind arme Sünder, wie die Seelen, die zu retten wir ausziehen. Ja, der Feind verfügt über mehr Waffen, physische und psychologische, als der menschliche Verstand erfassen kann. Wir aber sind nicht machtlos. Auf unserer Seite steht die größte Macht, die man sich nur denken kann. Wir haben unseren Glauben. Wir haben unsere Religion. Wir haben Gott. Seine Macht übersteigt unsere Vorstellungskraft. Seine Weisheit übersteigt jegliches Wissen. Wenn wir unseren Glauben und unsere Sache rein erhalten, dann wird Gott mit uns sein, und damit auch der Sieg.«
Nun bewegte sie sich ein paar Schritte nach links. Der Scheinwerfer folgte ihr, bis sie vor einer Metallstange, dem einzigen Requisit auf der Bühne, stehenblieb.
»Unter euch sind einige«, sagte die Clunard, »die sich durch Worte allein nicht überzeugen lassen. Sie müssen Beweise sehen, Beweise dafür, welche Kraft Gottes jenen verleiht, die an ihn glauben und die ihn lieben. Ich nehme nur ungern billige Tricks zu Hilfe, aber ich benutze alle Mittel, die Gott mir zur Verfügung
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