Weltraumzirkus d'Alembert 6-10 - Letzter Einsatz
wohin Sie zu gehen haben.«
»Entschuldigimg«, sagte der Herzog. »Wollte nur sehen, ob dahinter eine Toilette ist.«
»Dritte Tür links«, sagte die Stimme kühl. »Von nun an ersuche ich Sie, eventuelle Wünsche klar zu äußern. Eine zweite Ungehörigkeit werden Sie nicht überleben.«
»Danke.« Etienne ging zur angegebenen Tür und benutzte die Einrichtung, weil er nicht als Lügner dastehen wollte. Noch nicht.
Nach dieser kurzen Unterbrechung setzte er mit seiner Begleitung den Weg fort, bis in der rechten Wand eine Tür auf glitt, und sie aufgefordert wurden, den dahinter liegenden Raum zu betreten. Sie standen in einem Raum, der etwas größer war als der Vorraum. Auf dem Steinboden waren ein paar durchgesessene Sessel verteilt. Die Wände waren in sterilem Weiß gehalten und ohne jeglichen Schmuck. Behaglichkeit war hier ein Fremdwort. Dieser Raum war kaum anheimelnder als der Vorraum, den sie eingangs durchschnitten hatten. Etienne wurde unwillkürlich an das behelfsmäßig eingerichtete Wartezimmer eines Arztes erinnert.
»Bitte, Platz zu nehmen«, ließ sich die Stimme vernehmen. Die drei setzten sich und warteten.
In einer Ecke senkte sich von oben ein großer Tri-Büdschirm herunter, auf dem das dreidimensionale Bild Dr. Loxners erschien. Er war nun etwas älter, als Etienne ihn in Erinnerung hatte, das Grau in Bart und Kopfhaar war ausgeprägter, das schmale, runzlige Gesicht wies ein paar Falten mehr auf, doch es war unleugbar dieselbe Person. Um den Hals trug Loxner noch immer die Kette, die als Erkennungszeichen diente.
»Nun, was ist die wichtige Nachricht, die Sie für mich haben?« fragte er, den Blick auf Etienne gerichtet.
»Ich muß Sie persönlich sehen.«
Der Bildschirm lächelte. »Unmöglich.«
»Ich verhandle nur mit Menschen, nicht mit deren Bildern.«
»In diesem Fall, mein Lieber, werden Sie es aber tun müssen. Mein Bild ist nämlich das einzige, was von mir noch existiert. Die stoffliche Form, die Sie als meinen Körper kannten, ist schon längst verwest. Nur mein Verstand hat überlebt.«
Etienne d'Alembert runzelte die Stirn. »Ich fürchte, ich verstehe nicht ganz.«
»Natürlich nicht, wie sollten Sie auch. Nur wenige Menschen würden das verstehen können. In Zusammenarbeit mit einem hervorragenden Kollegen, dem verstorbenen Dr. Immanuel Rustin, habe ich ein Verfahren entwickelt, ein Gehirn mit Scannern abzutasten und seine Gedächtnisschemata elektronisch neu zu schaffen. Die Gedächtnisschemata und synoptischen Verbindungen sind es nämlich, die das Bewußtsein und den Verstand eines Menschen ausmachen. Die Gedächtnisschemata - der Verstand also - können auf jede andere synoptische Vorrichtung, beispielsweise einen Computer, übertragen werden.«
Etienne war erschüttert, als ihm die Bedeutung des Gesagten klar wurde. »Sie wollen damit sagen, daß Sie eine Form der Unsterblichkeit gefunden haben?«
»Danke«, antwortete lächelnd das Bild. »Ich selbst habe es auch immer so gesehen. Schön, daß es auch andere als das erkennen, was es ist.«
»Aber das könnte ja die bedeutendste Entwicklung seit der Entdeckung der Subsphäre sein«, warf Helena ein. »Warum halten Sie Ihre Erfindung geheim?«
»Ich habe zur Probe ein paar Berichte veröffentlicht, in denen das allgemeine Prinzip dieser Entwicklung zur Diskussion gestellt wurde. Diese Artikel stießen auf geradezu tödliche Gleichgültigkeit. Es gab nicht einmal vehemente Ablehnung, stellen Sie sich das vor. Die wäre mir nämlich höchst willkommen gewesen. Ein richtiger hitziger Gelehrtenstreit hat bislang immer die größten Fortschritte auf dem Gebiet der Medizin mit sich gebracht. Aber das Interesse meiner Kollegen war gleich Null. Da faßte ich den Entschluß, sie nicht weiter mit meinen Gedanken zu behelligen. Ich hatte ja, was ich brauchte. Sollten die doch selbst herumexperimentieren.«
»Wollen Sie damit sagen, Sie hätten das Geheimnis entdeckt, das die Menschen seit Urzeiten suchen, und Sie haben es nur bei sich selbst angewendet?« fragte Fortier ungläubig.
»Ach, es gab da vor zwanzig Jahren noch jemanden. Sie wußte meine Erkenntnisse zu schätzen. Sie beauftragte mich, ihr einen ganzen neuen Körper zu schaffen, einen physisch vollkommen Leib mit übermenschlichen Kräften. In diesen Körper wurde dann ihr Verstand eingepflanzt. Aber sie war ein Sonderfall, eine einzigartige Persönlichkeit.«
»Und wo ist der Körper, den Sie für sich selbst geschaffen haben?« fragte Etienne.
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