Weltraumzirkus d'Alembert 6-10 - Letzter Einsatz
lebenserhaltenden Systeme. Auf Omikron, als wir die Kapsel als Gleiter benutzten, befanden wir uns in der Atmosphäre - aber draußen im All wird sie für alle Ewigkeit umhertreiben. Wozu das alles?«
»Ein lebenserhaltendes System braucht sie nicht«, antwortete Jules. »Sie kann es sich leisten zu warten, bis jemand sie holt. Sicher hat sie mit dem PCK vereinbart, er solle ein Schiff zu ihrer Rettung schicken, sobald hier die Luft wieder rein ist.«
Um seinen Mund lag ein entschlossener Zug. »Hoffentlich gabeln wir sie auf, ehe es diesem verdammten Computer gelingt. Wenn nicht, wird die Verschwörung bald wieder im Geschäft sein.«
So kam es, daß Jules und Captain Fortier mit Höchstgeschwindigkeit in jenen Bereich des Alls flogen, wo sie ein paar Wochen zuvor Zeugen des ›Gastaadi-Krieges‹ geworden waren. Dieser Bereich lag weit außerhalb des Imperiumsgebietes und war bis auf die umhertreibenden Wracks Hunderter in jenem großen Kampf zerstörter Schiffe leer.
Fortier beäugte enttäuscht die Szene. »Die Kapsel wird kaum auszumachen sein. Wie sollen wir sie inmitten dieser Trümmer finden?«
»Deswegen habe ich dich mitgenommen«, gab Jules zurück. »Du warst da, als die Schlacht stattfand. Du weißt, wo ihr Schiff war und wie seine Kursbahn in etwa ausgesehen haben muß. Du wirst ausrechnen, wo sie sich jetzt befinden könnte.«
Das war leichter gesagt als getan. Im interstellaren Raum gab es keine Landmarken, keinen Bezugspunkt, von dem aus man genau einen Kurs bestimmen konnte. Ein Astrogator hätte gewußt, in welche Richtung er blickte - aber die nächsten Markierungen, nämlich die Sterne, waren so weit entfernt, daß eine Abweichung von Hunderttausenden Kilometern nichts ausgemacht hätte. Und in diesem ungeheuer großen Raum suchten sie nach einer fast unsichtbaren eiförmigen Kapsel mit ein paar Metern Durchmesser.
Captain Fortier mußte sich bei seinen Berechnungen an die umhertreibenden Wracks halten. Seine Erinnerung sagte ihm, wie die Formation in den spannungsgeladenen Momenten vor dem Kampf ausgesehen hatte. Dieser Zerstörer hatte im Verhältnis zu jenem Kreuzen diese Position eingenommen, und beide hatten mit dem Schlachtschiff dort drüben ein Dreieck gebildet. Es war ein ungeheuer kompliziertes dreidimensionales Puzzle, das nur auf dem menschlichen Gedächtnis des Captains beruhte.
Fortier mußte ständig seine Schätzungen der verschiedenen Standorte korrigieren, damit er die Stelle möglichst genau lokalisieren konnte, an der das Schiff von Lady A sich befand, als sie ihren Flug in die Freiheit begann.
Die Sache wurde noch durch das physikalische Phänomen kompliziert, daß im freien Raum nichts an einem Ort fixiert bleibt. Alles treibt mit einer Geschwindigkeit dahin, die vom ursprünglichen Impuls und allen im nachhinein darauf einwirkenden Kräften abhängt. Viele der umhertreibenden Schiffe waren vom gegnerischen Feuer in Stücke gerissen worden, und diese Wrackteile trieben nun langsamer oder schneller dahin, je nachdem, mit welcher Kraft sie getroffen worden waren. Die zwei Männer mußten also die Wrackteile identifizieren, ihre Geschwindigkeit berechnen und sodann ihre Spur zu der Stelle zurückverfolgen, an der sie sich während des Kampfes befunden hatten. Nur so durften sie ein wahrheitsgetreues Bild der Formation rekonstruieren, die die Imperiumsflotte für die Schlacht eingenommen hatte.
Diese Berechnungen waren nicht nur langweilig und mühsam, sie drückten auch auf die Stimmimg. Hier hatten so viele Menschen auf beiden Seiten ihr Leben lassen müssen, und zwar sinnlos. Das alles war sehr aufwendig gewesen und hatte viel Material gekostet, das nun für immer verloren war. Das Schlachtfeld stellte wie alle Schlachtfelder im Laufe der Menschheitsgeschichte einen Tribut an die Tapferkeit des Individuums und gleichzeitig an die Dummheit der menschlichen Rasse dar - und da jetzt ein Computer mitgemischt hatte, zeigte es auf unrühmliche Weise, wie es um die wahre Natur künstlicher Intelligenz bestellt war.
Raumschiffwracks trieben vorüber, leere Hüllen, deren Namen bestimmte Bilder in den zwei Männern wachriefen. Da war die Constellation , und dort drüben die Herzog Gregory - still und leblos mit durchschossenen Rümpfen und toten Besatzungen. Dort hatte die MacArthur ein feindliches Torpedo abgekriegt, und da war die stolze Shitnatsu explodiert, als die Generatoren überlastet zusammenbrachen und die Abwehrschirme ausfielen. Mit dieser Tragödie war in
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