Weltraumzirkus d'Alembert 6-10 - Letzter Einsatz
Unterlagen vernichtet worden waren, dauerte es viele Stunden, bis die Arbeit in annähernd normalem Umfang fortgesetzt werden konnte. Hätte es sich bei den SOTE-Leuten nicht um die am besten ausgebildeten und tüchtigsten und nicht zuletzt aufopferndsten Mitarbeiter der Regierung gehandelt, wäre es überhaupt unmöglich gewesen. Kaum aber hatte sich der erste Schock gelegt, als diese nimmermüden Getreuen sich rund um die Uhr in die Arbeit stürzten, um dem Service wieder zu seiner früheren Geltung zu verhelfen.
Natürlich war auch hier die Vernichtung der langsam im Verlauf von Jahrhunderten zusammengetragenen Informationen und Daten der folgenschwerste Verlust. Der Service hatte nun keine Möglichkeit mehr, Personen oder Organisationen richtig einzustufen. Man hatte keine Ahnung, wer in den örtlichen Niederlassungen tätig war, welche Agenten draußen arbeiteten und welche Missionen sie übernommen hatten. Es lagen keine Berichte über potentielle Gefahrenzonen vor, man wußte nicht einmal, wer auf der Gehaltsliste von SOTE stand. Der Service of the Empire war eine Organisation, die von Informationen lebte, und jetzt war dieser lebenserhaltende Informationsstrom versiegt.
Die meisten älteren Unterlagen waren unwiederbringlich verloren, sei es, daß es sich um gelöste Fälle oder um noch offene handelte. Ebenso dahin waren alle Identifizierungsmöglichkeiten wie Fingerabdruckarchive oder Netzhautkataloge, in denen sowohl SOTE-Leute als auch Verbrecher aufgeführt waren. Die Unterscheidung zwischen Räubern und Polizisten würde sich auf unbestirnmte Zeit sehr schwierig gestalten.
Einige der neuesten Informationen aber konnten wiederhergestellt werden. Das Verwaltungspersonal - für das verläßliche Personen bürgen mußten, damit der Service nicht von Außenstehenden infiltriert wurde - wurde aufgefordert, eine Zusammenfassung aller laufenden Fälle zu liefern, mit denen es befaßt gewesen war. Zweitens wurden Gedächtnisberichte über Fälle aus der Vergangenheit gefordert. Und drittens sollte alles über die Abwicklung und Erledigung der SOTE-Arbeit schriftlich niedergelegt werden. Jeder mußte seine Kontaktleute auf anderen Planeten benennen und die Identifikationsmöglichkeiten angeben. Es war eine Arbeit von geradezu monströsem Umfang, auf die sich die SOTE-Mitarbeiter mit Begeisterung stürzten.
Ein einziger Lichtstrahl erhellte überraschend das allgemein herrschende Dunkel. Zahlreiche im Ruhestand befindliche alte Mitarbeiter, manche schon in den Achtzigern oder Neunzigern, stellten sich zur Verfügung. Für den Außendienst waren sie natürlich zu alt, aber sie lieferten eine Fülle von Material über die Geschichte des Service of the Empire, Material, das andernfalls verlorengegangen wäre. Diese Veteranen konnten sich an die alten Fälle erinnern, an alte Skandale, und konnten sie auf Verlangen in allen Einzelheiten wiedergeben und damit die leeren Archive von SOTE füllen.
Immer, wenn wieder ein Kontakt mit einer imperiumstreuen Welt hergestellt worden war, hatten die Belange des SOTE Vorrang. Gab es noch überlebende Mitarbeiter der örtlichen SOTEZentrale, dann wurden sie wie ihre Kollegen auf der Erde gebeten, genaue Berichte über ihre schon zurückliegenden Missionen und über alles, was mit ihrer Arbeit irgendwie in Zusammenhang stehen konnte, zu liefern. Gleichzeitig wurde ihnen die schwierige Aufgabe aufgebürdet, das Wiederaufbauprogramm auf ihrer Welt zu überwachen. Damit waren sie mit Arbeit so eingedeckt, daß für Essen und Schlafen kaum Zeit blieb.
Die Katastrophe hatte das SOTE-Personal jedoch empfindlich verringert, und deswegen funktionierte diese Methode nur auf einer Handvoll Planeten. Als daher vier Tage nach dem Zusammenbruch von Technik und Ordnung der Zirkus der Galaxis in einen Orbit um die Erde eintrat, hatte der SOTE-Chef das Gefühl, seine inbrünstigsten Gebete seien erhört worden.
»Ihr seid das reinste Wunder«, sagte er erleichtert zu seinem alten Freund Etienne. »Wenn die Lage am schwärzesten ist und ich beinahe die Hoffnung aufgebe, ist irgendwie immer ein d'Alembert zur Stelle, der die Situation rettet.«
»Ach, das gehört zu unserem Beruf«, gab Etienne mit untypischer Bescheidenheit zurück.
Die großen Zirkusschiffe landeten, und Herzog Etienne setzte sich mit dem Chef zusammen, um sich von ihm über alles informieren zu lassen. Großherzog Zander schilderte seinem Freund nun genau, wie es zu der Krise gekommen war und wie die Lage im Moment
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