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Wem die Stunde schlaegt

Wem die Stunde schlaegt

Titel: Wem die Stunde schlaegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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Robert Jordan. »Ich scherze, weil ich gut gelaunt bin.«
 »Du bist gut gelaunt?«
 »Ja«, erwiderte er. »Ich finde, es läuft alles sehr gut.«
 »Roberto«, sagte Maria, »setz dich hin und trockne dir deine Füße ab, und ich bringe dir etwas Wärmendes zu trinken.«
 »Man könnte glauben, der Mann hat noch nie nasse Füße gehabt«, sagte Pilar. »Oder es ist noch nie ein Schneeflöckchen vom Himmel gefallen!«
 Maria brachte eine Schafshaut und legte sie auf den schmutzigen Boden der Höhle.
 »Da!« sagte sie. »Stell deine Füße darauf, bis die Schuhe trocken sind.«
 Die Schafshaut war frisch getrocknet und ungegerbt, und als Robert Jordan seine bestrumpften Füße daraufstellte, fühlte er sie knistern wie Pergament.
 Das Feuer rauchte, und Pilar rief Maria zu: »Schüre das Feuer, du Nichtsnutz. Wir sind nicht in einer Selchkammer.«
 »Schüre es selbst«, erwiderte Maria. »Ich suche die Flasche, die El Sordo dagelassen hat.«
 »Sie steht hinter dem Packen«, sagte Pilar. »Mußt du ihn pflegen wie einen Säugling?«
 »Nein«, sagte Maria. »Wie einen Mann, der durchnäßt ist und friert. Wie einen Mann, der in sein Haus zurückgekehrt ist. Da ist sie!«
 Sie brachte Robert Jordan die Flasche. »Es ist die Flasche von heute mittag. Aus dieser Flasche könnte man eine wunderschöne Lampe machen. Wenn wir wieder elektrisches Licht haben, was können wir dann für eine schöne Lampe aus dieser Flasche machen!« Bewundernd sah sie die flache Whiskyflasche an. »Wie willst du es trinken, Roberto?«
 »Ich dachte, ich heiße Inglés «, sagte Robert Jordan.
 »Vor den anderen sage ich Roberto«, sagte sie mit leiser Stimme und wurde rot. »Wie willst du es haben, Roberto?«
 »Roberto«, sagte Pablo mit schwerer Stimme und nickte zu Robert Jordan hin. »Wie willst du es haben, Don Roberto?«
 »Willst du auch etwas davon?« fragte Robert Jordan. Pablo schüttelte den Kopf. »Ich betrinke mich mit Wein«, sagte er würdevoll.
 »Geh mit Bacchus!« sagte Robert Jordan auf spanisch.
 »Wer ist Bacchus?« fragte Pablo.
 »Ein Genosse von dir«, sagte Robert Jordan.
 »Nie habe ich von ihm gehört«, sagte Pablo ernsthaft. »Nie in dieser Gegend hier.«
 »Gib Anselmo eine Tasse«, sagte Robert Jordan zu Maria. »Er friert am meisten.« Er zog die trockenen Socken an, und der mit Wasser gemischte Whisky in der Tasse schmeckte frisch und erzeugte eine dünne Wärme im Magen. Aber er rieselt einem nicht durch den ganzen Körper wie der Absinth, dachte Robert Jordan. Nichts geht über den Absinth.
 Wer hätte gedacht, daß sie hier oben Whisky haben, dachte er. Aber wenn man sich's überlegte, war wohl am ehesten noch in La Granja Whisky aufzutreiben. Man stelle sich vor: El Sordo besorgt eine Flasche für den Dynamiter, der zu Besuch kommt, und dann vergißt er nicht, sie mitzubringen und sie dazulassen. Das sind nicht bloß gute Manieren. Die Flasche hervorholen und ein Gläschen anzubieten, das sind Manieren. Das würde ein Franzose tun, und dann würde er den Rest für eine andere Gelegenheit aufsparen. Nein, diese echte Aufmerksamkeit, daß man daran denkt, dem Besucher eine Freude zu machen, und ihm die Flasche bringt, während man selbst mit einer schwierigen Arbeit beschäftigt ist und allen Grund hätte, nur an sich selber und nur an die vorliegende Aufgabe zu denken – das ist spanisch. Eine Seite des spanischen Wesens, dachte er. Daß sie daran denken, einem den Whisky mitzubringen, das ist einer der Gründe, warum man dieses Volk liebt. Keine romantischen Übertreibungen! dachte er. Unter den Spaniern gibt es ebenso viele Spielarten wie unter den Amerikanern. Immerhin, den Whisky mitzubringen, das war schön.
 »Wie schmeckt er dir?« fragte er Anselmo. Der Alte saß neben dem Feuer, ein Lächeln im Gesicht, und seine großen Hände umspannten die Tasse. Er schüttelte den Kopf.
 »Nein?« fragte Robert Jordan.
 »Das Kind hat Wasser hineingetan«, sagte Anselmo.
 »So, wie Roberto es trinkt«, sagte Maria. »Bist du was Besonderes?«
 »Nein«, erwiderte Anselmo. »Gar nichts Besonderes. Aber ich will fühlen, wie es in der Gurgel brennt.«
 »Gib mir seine Tasse«, sagte Robert Jordan zu dem Mädchen, »und gieß ihm was Scharfes ein.«
 Er schüttete den Inhalt der Tasse in seine eigene Tasse und gab sie leer dem Mädchen zurück, die vorsichtig etwas aus der Flasche eingoß.
 »Ah!« Anselmo nahm die Tasse, neigte den Kopf zurück und goß den Whisky hinunter. Er

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