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Wem die Stunde schlaegt

Wem die Stunde schlaegt

Titel: Wem die Stunde schlaegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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selbst«, sagte Pablo. »Dich und die Frau und das Mädchen.«
 »Er ist besoffen«, sagte Primitivo. »Kümmere dich nicht um ihn, Inglés .«
 »Ich glaube nicht, daß er gar so betrunken ist«, sagte Robert Jordan.
 Maria stand hinter ihm, und Robert Jordan sah, wie Pablo sie über seine Schulter hinweg beobachtete. Die kleinen Schweinsaugen in dem runden, borstigen Kopf beobachteten sie, und Robert Jordan dachte: Ich habe in diesem Krieg, und auch schon früher, viele Mörder gesehen, und keiner glich dem anderen; sie haben nichts Gemeinsames, keinerlei gemeinsame Züge, und es gibt eigentlich keinen Typus, den man schlechtweg als Verbrechertypus bezeichnen könnte, aber Pablo ist nicht gerade ein schöner Mann.
 »Ich glaube nicht, daß du trinken kannst«, sagte er zu Pablo. »Und ich glaube auch nicht, daß du betrunken bist.«
 »Ich bin betrunken«, sagte Pablo würdevoll. »Trinken ist gar nichts. Betrunken sein, das ist wichtig. Estoy muy borracho.«
 »Das bezweifle ich«, sagte Robert Jordan. »Feige, ja.«
 Plötzlich wurde es in der Höhle so still, daß er das Zischen der brennenden Scheite auf dem Herd hörte und das Knistern der Schafshaut, als er sich vorneigte und die Füße fester aufsetzte. Fast höre ich den Schnee draußen fallen, dachte er. Nein, aber ich höre die Stille, in der er herabfällt.
 Eigentlich möchte ich ihn am liebsten erschießen und die Sache hinter mir haben, dachte Robert Jordan. Ich weiß nicht, was er plant, aber sicherlich nichts Gutes. Übermorgen geht's um die Brücke, und dieser Kerl ist unzuverlässig und gefährdet vielleicht den Erfolg des ganzen Unternehmens. Vorwärts. Bringen wir's hinter uns!
 Pablo grinste ihn an, hob den Zeigefinger und fuhr sich damit quer über die Kehle. Dann schüttelte er den Kopf, den er auf dem dicken kurzen Hals kaum bewegen konnte.
 »Nein, Inglés «, sagte er. »Provoziere mich nicht.« Er sah Pilar an und sagte zu ihr: »So werdet ihr mich nicht los!«
  »Sin vergüenza«, sagte Robert Jordan; er war jetzt innerlich zum Handeln entschlossen. »Cobarde!«
 »Schon möglich«, sagte Pablo. »Aber ich lasse mich nicht provozieren. Nimm dir was zu trinken, Inglés, und gib der Frau ein Zeichen, daß die Sache nicht geklappt hat.«
 »Halt's Maul!« sagte Robert Jordan. »Wenn ich dich provoziere, dann tue ich's in meinem Namen.«
 »Es lohnt nicht die Mühe«, sagte Pablo. »Ich provoziere nicht.«
 »Du bist ein bicho raro «, sagte Robert Jordan. Er wollte sich die Gelegenheit nicht entschlüpfen lassen, er wollte nicht, daß es zum zweitenmal danebengehe, und dabei wußte er, daß er das alles schon einmal durchgemacht hatte, er hatte jenes bekannte Gefühl, daß er aus dem Gedächtnis eine Rolle spiele, von der er geträumt oder gelesen hat, das Gefühl, es bewege sich alles im Kreise...
 »Sehr rar, ja«, sagte Pablo. »Sehr rar und sehr besoffen. Auf deine Gesundheit, Inglés !« Er tauchte seine Tasse in das Weinbecken und hob sie empor. »¡ Salud y cojones!«
 Wirklich ein merkwürdiger Bursche, dachte Robert Jordan, und schlau und ziemlich kompliziert. Er hörte jetzt nicht mehr das Knistern des Feuers, so laut ging sein Atem. »Prost!« sagte Robert Jordan und tauchte seine Tasse in das Becken. Ohne diese Gelöbnisse, dachte er, hätte der ganze Verrat keinen Sinn. Gelobe! »¡Salud!« sagte er. » Salud und noch mal salud !« Du salud, dachte er. Salud, du salud!
 »Don Roberto!« sagte Pablo gewichtig.
 »Don Pablo!« erwiderte Robert Jordan.
 »Du bist kein Professor«, sagte Pablo, »weil du keinen Bart hast. Und um mich loszuwerden, müßtest du mich ermorden, und dazu hast du nicht genug cojones.«
 Er sah Robert Jordan an, die Lippen fest zusammenpressend. Wie ein Fisch sieht er aus, dachte Robert Jordan. Wie einer dieser Stachelfische, die, wenn man sie fängt, Luft schlucken und sich aufblasen.
  »Salud, Pablo!« sagte Robert Jordan, hob seine Tasse und trank daraus. »Ich lerne sehr viel von dir.«
 »Der Professor lernt von mir.« Pablo nickte. »Komm, Don Roberto, wir wollen Freunde sein.«
 »Wir sind es schon«, erwiderte Robert Jordan.
 »Aber von jetzt an wollen wir gute Freunde sein.«
 »Wir sind gute Freunde.«
 »Ich muß weg, ich halte es hier nicht mehr aus«, sagte Agustín. »Es heißt zwar, man muß in diesem Leben eine Tonne davon ausfressen, aber ich habe in dieser Minute 25 Pfund in jedem Ohr.«
 »Was ist los, negro ?« fragte Pablo. »Siehst du es nicht gern,

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