Wem die Stunde schlaegt
anschauen«, erwiderte Pablo.
»Sie bespringen«, sagte Agustín. »Roßliebhaber!«
»Ich liebe meine Pferde«, sagte Pablo. »Selbst von hinten sind sie schöner und vernünftiger als ihr alle zusammen. Amüsiert euch!« Er grinste. »Erzähl ihnen von der Brücke, Inglés. Sag ihnen, was sie zu tun haben. Sag ihnen, wie sie den Rückzug durchzuführen haben. Wo wirst du sie denn nach dieser Geschichte hinführen, Inglés? Wo wirst du deine Patrioten hinführen? Ich habe den ganzen Tag darüber nachgedacht, während ich gesoffen habe.«
»Was hast du dir denn gedacht?« fragte Agustín.
»Was ich mir gedacht habe?« sagte Pablo und wälzte suchend die Zunge innen an den Lippen entlang. » Qué te importa, was ich mir gedacht habe?«
»Sag's doch!« sagte Agustín. »Viel«, erwiderte Pablo. Er zog den Filz über den Kopf, und sein runder Schädel ragte nun aus den schmutziggelben Falten der Decke hervor. »Ich habe mir vieles gedacht.«
»Was denn?« sagte Agustín. »Was denn?«
»Ich habe mir gedacht, daß ihr eine Bande von Phantasten seid«, sagte Pablo. »Geführt von einem Frauenzimmer, die das Hirn zwischen den Schenkeln hat, und einem Ausländer, der gekommen ist, um euch zugrunde zu richten.«
»Hinaus mit dir!« schrie Pilar ihn an. »Hinaus und furz dich in den Schnee! Hinaus mit dir und deiner geronnenen Milch, du von den Rössern ausgelutschter maricón !«
»So ist's richtig!« sagte Agustín bewundernd, aber ein wenig zerstreut. Er machte sich Gedanken.
»Ich gehe schon«, sagte Pablo. »Aber ich bin gleich wieder zurück.« Er lüftete die Decke, die in dem Eingang der Höhle hing, und trat hinaus. Dann rief er in die Höhle hinein: »Es schneit immer noch, Inglés !«
XVII
Das einzige Geräusch in der Höhle war nun das Zischen der glimmenden Glut auf dem Herd, in die durch das Loch in der Decke Schneeflocken fielen.
»Pilar«, sagte Fernando, »ist noch etwas von dem Schmorfleisch da?«
»Halt den Mund!« sagte Pilar. Aber Maria ging mit Fernandos Schüssel zu dem großen Topf, den sie vom Feuer weggeschoben hatte, und löffelte sie voll. Dann trug sie sie an den Tisch zurück, stellte sie vor Fernando hin und klopfte ihm auf die Schulter, während er sich vorlehnte und zu essen anfing. Sie blieb eine Weile neben ihm stehen, die Hand auf seiner Schulter. Aber Fernando blickte nicht auf. Er widmete sich völlig dem Ragout.
Agustín stand am Feuer. Die anderen saßen. Pilar saß am Tisch Robert Jordan gegenüber.
»Nun, Inglés «, sagte sie. »Du hast gesehen, wie er ist.«
»Was wird er tun?« fragte Robert Jordan.
»Alles.« Sie blickte auf den Tisch nieder. »Er ist zu allem fähig.«
»Wo ist das Schnellfeuergewehr?«
»Dort in der Ecke«, sagte Primitivo. »In der Decke. Willst du es haben?«
»Später«, antwortete Robert Jordan. »Ich wollte nur wissen, wo es ist.«
»Dort!« sagte Primitivo. »Ich habe es hereingeholt und in meine Decke gewickelt, damit der Verschluß nicht naß wird. Die Magazine liegen in dem Sack.«
»So was macht er nicht«, sagte Pilar. »Nein, mit der máquina wird er nichts machen.« »Sagtest du nicht, daß er zu allem fähig ist?«
»Ja«, sagte Pilar. »Aber mit der máquina versteht er nicht umzugehen. Er könnte eine Bombe schmeißen. Das liegt ihm mehr.«
»Es war eine Idiotie und eine Schwäche, daß man ihn nicht umgebracht hat«, sagte der Zigeuner. Er hatte sich den ganzen Abend lang nicht an dem Gespräch beteiligt. »Gestern nacht hätte Roberto ihn erledigen sollen.«
»Ihn erledigen!« sagte Pilar. Ihr breites Gesicht sah finster aus und müde. »Jetzt bin ich dafür.«
»Ich war dagegen«, sagte Agustín. Er stand vor dem Herd, mit herabhängenden Armen, seine Wangen, unter den Backenknochen von schwärzlichen Stoppeln umschattet, waren hohl und hager im flackernden Feuerschein. »Jetzt bin ich dafür. Jetzt ist er giftig. Er möchte uns alle krepieren sehen.«
»Jeder soll seine Meinung sagen«, sagte Pilar mit müder Stimme. »Du, Andrés?«
»Matarlo«, sagte der eine der Brüder mit dem weit in die Stirn wuchernden Haar und nickte.
»Eladio?«
»Ebenfalls«, sagte der andere. »Mir scheint er eine große Gefahr zu sein. Und er taugt zu gar nichts.«
»Primitivo?«
»Ebenfalls.«
»Fernando?«
»Könnten wir ihn nicht gefangensetzen?« fragte Fernando.
»Wer soll denn auf einen Gefangenen aufpassen?« sagte Primitivo. »Dazu würde man zwei Leute brauchen, und was sollen wir
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