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Wem die Stunde schlaegt

Wem die Stunde schlaegt

Titel: Wem die Stunde schlaegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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die Möglichkeit, daß einem selber was passieren könnte; das läßt sich beiseite schieben. Er wußte, daß er selbst ein Nichts war, er wußte, daß der Tod ein Nichts ist. Das wußte er ganz genau, so genau wie nur irgend etwas. In den letzten paar Tagen hatte er die Erfahrung gemacht, daß durch einen anderen Menschen aus einem Nichts ein Alles werden kann. Aber tief zuinnerst wußte er auch, daß das eine Ausnahme war. Das haben wir besessen, dachte er. Darin habe ich Glück gehabt. Das ist mir geschenkt worden, vielleicht, weil ich es nie verlangt habe. Das kann man mir nicht nehmen, das kann man nicht verlieren. Aber jetzt, da dieser Tag beginnt, ist es ganz und gar vorbei, und wir haben nur noch unsere Pflicht zu tun.
 Und du, sagte er zu sich selber, ich bin froh, daß du dieses kleine Etwas wiedergewinnst, das dir eine Zeitlang sehr abgegangen ist.
 Recht übel hat es mit dir ausgesehen. Ich habe mich deiner gründlich geschämt, noch vor einer Weile. Leider sind wir bloß einer, ich und du. Es war kein Ich da, das dich verurteilen konnte. Wir waren allein einer üblen Verfassung. Du und ich und wir alle beide. Vorwärts jetzt! Hör auf, wie ein Schizophrener zu denken! Immer nur einer von jetzt an! Jetzt bist du wieder in Form. Aber hör mal, du darfst den ganzen Tag über nicht an das Mädchen denken. Du kannst jetzt weiter nichts für sie tun, als daß du sie von der Sache fernhältst, und das tust du ja. Pferde wird es genug geben, wenn man den Vorzeichen trauen darf. Du kannst nichts Besseres für sie tun, als deine Aufgabe gut und schnell durchzuführen und dann abzuhauen, und da wird jeder Gedanke an sie nur störend sein. Denk also nicht an sie! Nachdem er sich das überlegt hatte, wartete er, bis Maria mit Pilar, Rafael und den Pferden herankam.
 »He, guapa !« sagte er zu ihr im Dunkeln. »Wie geht es dir?«
 »Mir geht es gut, Roberto«, erwiderte sie.
 »Mach dir nur gar keine Sorgen«, sagte er zu ihr, nahm das Gewehr in die linke Hand und legte die rechte auf ihre Schulter.
 »Ich mache mir keine Sorgen«, sagte sie.
 »Es ist alles sehr gut organisiert«, sagte er. »Rafael bleibt bei dir und den Pferden.«
 »Ich möchte lieber mit dir mitkommen.«
 »Nein. Du mußt bei den Pferden bleiben, dort bist du uns von Nutzen.«
 »Gut«, sagte sie, »dort werde ich sein.«
 Eines der Pferde wieherte, und von der Lichtung unterhalb der Felsspalte her antwortete ein anderes Wiehern, das zu einem schrillen, jäh abbrechenden Tremolo anstieg.
 Robert Jordan sah vor sich im Dunkeln die Masse der neu hinzugekommenen Gäule. Er beschleunigte seine Schritte und langte zugleich mit Pablo bei ihnen an. Die Männer standen neben ihren Gäulen. »¡ Salud!« sagte Robert Jordan.
  »¡Salud!« antworteten sie im Dunkeln. Er konnte ihre Gesichter nicht sehen.
 »Das ist der Inglés, der mit uns mitkommt«, sagte Pablo. »Der Dynamiter.« Dazu sagte keiner etwas. Vielleicht nickten sie im Finstern.
 »Gehen wir, Pablo!« sagte einer von ihnen. »Es wird uns bald das Tageslicht überraschen.«
 »Hast du noch Handgranaten mitgebracht?« fragte ein anderer.
 »Massenhaft«, erwiderte Pablo. »Sobald wir uns von den Pferden trennen, könnt ihr euch die Taschen füllen.«
 »Dann wollen wir gehen!« sagte ein anderer. »Wir haben schon die halbe Nacht hier gewartet.«
  »¡Hola, Pilar!« sagte ein anderer, als die Frau herankam.
 » Qué me maten, wenn das nicht Pepe ist!« sagte Pilar heiser. »Wie geht es dir, Hirt?«
 »Gut«, sagte der Mann. »Dentro de la gravedad.«
 »Welches Pferd reitest du?« fragte ihn Pilar.
 »Pablos Grauen«, sagte der Mann. »Ein prächtiges Biest.«
 »Vorwärts!« sagte ein anderer. »Brechen wir auf! Es hat keinen Zweck, hier zu stehen und zu quatschen.«
 »Wie geht es dir, Elicio?« sagte Pilar zu ihm, während er sich in den Sattel schwang.
 »Wie soll es mir gehen?« erwiderte er unhöflich. »Vorwärts, Weib, wir haben zu tun!«
 Pablo bestieg seinen großen Braunen.
 »Haltet den Mund und folgt mir!« befahl er. »Ich führe euch zu der Stelle, wo wir die Pferde zurücklassen werden.« 
 
  XL
 
 Während der Zeit, da Robert Jordan schlief, während der Zeit, die er damit verbrachte, die Zerstörung der Brücke zu organisieren, und während der Zeit, da er bei Maria lag, war Andrés langsam seines Weges gegangen. Bevor er die Stellungen der Republikaner erreichte, war er quer über Land und durch die faschistischen Linien so rasch

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