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Wem die Stunde schlaegt

Wem die Stunde schlaegt

Titel: Wem die Stunde schlaegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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donnernd von den Felsen zurücksprang, holte er tief Atem und hob das Schnellfeuergewehr auf. Sein Arm war steif von dem schweren Gewicht, seine Finger wollten nicht gehorchen.
 Der Mann in dem Wachthäuschen erhob sich, als er die Bomben hörte. Robert Jordan sah, wie er nach dem Gewehr griff und lauschend aus dem Häuschen trat. Er stand auf der Straße, von der Sonne beschienen. Die gestrickte Mütze war nach der Seite gerutscht, die Sonne beschien sein unrasiertes Gesicht, wie er so zum Himmel aufblickte, in die Richtung, aus der das Lärmen der Bomben kam.
 Der Nebel hatte sich gelichtet, Robert Jordan sah den Mann scharf umrissen auf der Straße stehen und zum Himmel aufblicken, beleuchtet von den Strahlen der Sonne, die durch das Geäst drangen. Robert Jordan fühlte jetzt, wie ihm das Atmen schwer wurde, als ob eine Drahtsträhne seine Brust umspannte, er stemmte die Ellbogen fest gegen die Erde, fühlte an den Fingern die Rillen des geriffelten vorderen Griffs, setzte das längliche Korn, das nun genau in der Kerbe der Kimme saß, mitten auf die Brust des Mannes und drückte sanft auf den Abzug.
 Er fühlte die schnellen, fließenden, krampfigen Stöße der Waffe an seiner Schulter, und der Mann auf der Straße machte ein überraschtes und empörtes Gesicht, knickte dann in die Knie, und seine Stirn schlug gegen die Straße. Das Gewehr fiel neben ihm hin, einer seiner Finger war in den Abzugswinkel verhakt, das Handgelenk nach vorn gekrümmt. Mit dem Bajonett nach vorne lag das Gewehr auf der Straße. Robert Jordan blickte von dem Mann, der zusammengeklappt auf der Straße lag, zu dem Wachthäuschen am anderen Ende der Brücke hinüber. Er konnte den zweiten Posten nicht sehen, und er blickte nach rechts den Hang hinunter zu dem Versteck, in dem Agustín lag. Dann hörte er Anselmo schießen, das Echo des Schusses sprang aus der Schlucht zurück. Dann fiel ein zweiter Schuß.
 Mit dem zweiten Schuß kam um die Ecke unterhalb der Brücke das prasselnde Geknall von Handgranaten. Dann knallten Handgranaten zur Linken, ein ziemliches Stück weit die Straße hinauf. Dann hörte er von oben feuern, und von unten kam das Geknatter von Pablos KavallerieSchnellfeuergewehr, dessen klatschende Salven sich in den Lärm der krepierenden Handgranaten mischten. Er sah Anselmo durch die steile Rinne zu dem anderen Ende der Brücke hinunterklettern, er schwang das Schnellfeuergewehr auf die Achsel, hob die zwei schweren Rucksäcke auf, in jeder Hand einen, und mit dem Gefühl, die Sehnen würden ihm aus den Schultern gerissen, taumelte er den steilen Abhang zur Straße hinunter.
 Im Laufen hörte er Agustín rufen: »¡Buena caza, Inglés! ¡Buena caza!«, und er dachte: Eine schöne Jagd, Teufel noch mal, eine schöne Jagd!, und da hörte er am anderen Ende der Brücke Anselmos Gewehr knallen, und der Knall des Schusses surrte klingend durch die Stahlträger. Er lief an dem toten Posten vorbei und lief mit schwingenden Packen auf die Brücke hinaus.
 Der Alte kam auf ihn zugelaufen, den Karabiner in der einen Hand. »¡Sin novedad!« rief er. »Alles in Ordnung. Tuve que rematarlo. Ich mußte ihn erledigen.«
 Robert Jordan, der mitten auf der Brücke kniete und die Rucksäcke öffnete, um sein Material herauszunehmen, sah, daß auf Anselmos Wangen Tränen durch die grauen Bartstoppeln liefen.
  »Yo maté uno también«, sagte er zu Anselmo. »Auch ich hab einen umgebracht.« Und er deutete mit einem Kopfnicken auf den Wachtposten, der zusammengekauert am Ende der Brücke auf der Straße lag.
 »Ja, Mann, ja«, sagte Anselmo. »Wir müssen sie töten, und wir töten sie.«
 Robert Jordan kletterte in das Gerüst der Brücke hinunter. Die Träger waren kalt und feucht vom Nachttau, und er bewegte sich mit viel Vorsicht, fühlte die Sonne auf dem Rücken, stemmte sich ins Gitterwerk, hörte das Wasser zu seinen Füßen rauschen, hörte Schießen, viel zuviel Schießen, oben an der Straße bei dem oberen Posten. Er schwitzte jetzt heftig, und unter der Brücke war es kühl. Um den einen Arm hatte er einen Drahtknäuel gewickelt, und von seinem Handgelenk baumelte an einem Riemen eine Kneifzange.
 »Reich mir die Päckchen, viejo, eines nach dem andern!« rief er zu Anselmo hinauf. Der Alte beugte sich weit über den Brückenrand, reichte die länglichen Sprengstoffblöcke hinunter, Robert Jordan langte nach ihnen, placierte sie so, wie er sie haben wollte, preßte sie dicht aneinander, schnürte sie fest. »Keile,

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