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Wem die Stunde schlaegt

Wem die Stunde schlaegt

Titel: Wem die Stunde schlaegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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kaputtmachenden, stinkenden Kloakenschnee.)
 Er ging zu Maria hinüber, die soeben wieder ein Stück Kiefernholz in das Feuer geschoben hatte.
 »Sehr schön, der Schnee!« sagte er zu ihr.
 »Aber schlecht für die Arbeit, nicht wahr?« fragte sie. »Bist du beunruhigt?«
  »¡Qué va!« sagte er. »Was soll ich mir den Kopf zerbrechen! Wann ist das Essen fertig?«
 »Das habe ich mir gedacht, daß du Appetit haben wirst!« sagte Pilar. »Willst du ein Stück Käse haben?«
 »Ja, danke«, sagte er, und sie langte nach dem großen Käselaib, der in einem Netz von der Decke hing, nahm ein Messer, schnitt von dem angeschnittenen Ende ein derbes Stück ab und reichte es ihm. Er stand da und aß. Der Käse schmeckte ein bißchen zu sehr nach Ziege.
 »Maria«, sagte Pablo, der sich an den Tisch gesetzt hatte.
 »Ja?« fragte das Mädchen.
 »Wisch den Tisch ab, Maria«, sagte Pablo und grinste Robert Jordan an.
 »Wisch selber weg, was du verkleckert hast«, sagte Pilar zu ihm. »Wisch dir zuerst das Kinn ab und das Hemd und dann den Tisch.«
 »Maria!« rief Pablo. »Kümmere dich nicht um ihn«, sagte Pilar. »Er ist besoffen.«
 »Maria!« rief Pablo. »Es schneit immer noch, und der Schnee ist schön.«
 Er weiß nicht, was das für ein Schlafsack ist, dachte Robert Jordan. Das brave alte Schweinsauge weiß nicht, warum ich den Woods 65 Dollar für diesen Schlafsack bezahlt habe. Aber ich möchte, daß der Zigeuner zurückkommt. Sowie er zurückkommt, gehe ich den Alten suchen. Ich müßte eigentlich gleich gehen, aber dann verfehlen wir uns vielleicht. Ich weiß nicht, wo er sich postiert hat.
 »Wollen wir Schneeballen machen?« sagte er zu Pablo. »Wollen wir eine Schneeballschlacht veranstalten?«
 »Was?« fragte Pablo. »Was veranstalten?«
 »Nichts«, sagte Robert Jordan. »Hast du deine Sättel gut zugedeckt?«
 »Ja.«
 Dann sagte Robert Jordan auf englisch: »Wirst du deine Gäule füttern oder müssen sie selber im Schnee nach ihrem Futter graben?«
 »Was?«
 » Nothing. Das ist deine Sache, old pal. Ich werde mich zu Fuß aus dem Staub machen.«
 »Warum sprichst du Englisch?« fragte Pablo.
 »Ich weiß es nicht«, sagte Robert Jordan. »Manchmal, wenn ich müde bin, spreche ich Englisch. Oder wenn mich etwas sehr anekelt. Oder wenn ich nicht aus noch ein weiß. Ja, wenn ich mir nicht zu helfen weiß, dann spreche ich Englisch, bloß um den Klang zu hören. Es klingt ermutigend. Du solltest das mal versuchen.«
 »Was redest du da, Inglés ?« fragte Pilar. »Es klingt sehr interessant, aber ich verstehe kein Wort.«
  »Nothing«, sagte Robert Jordan. »Ich sagte ›nichts‹ auf englisch.«
 »Dann sprich lieber Spanisch«, sagte Pilar. »Im Spanischen ist es kürzer und einfacher.«
 »Gewiß«, sagte Robert Jordan. Aber, Junge, Junge, dachte er, o Pablo, o Pilar, o Maria, o ihr zwei Brüder in der Ecke, deren Namen ich vergessen habe und mir wieder einprägen muß, manchmal habe ich alles satt. Alles, euch und mich und den Krieg, und warum in aller Welt muß es gerade jetzt zu schneien beginnen? Das ist zuviel, verdammt noch mal. Nein. Nichts ist zuviel. Du hast dich einfach damit abzufinden und dich durchzuboxen, und jetzt hör auf, die Primadonna zu spielen, und finde dich mit der Tatsache ab, daß es schneit, und nun sollst du erst einmal deinen Zigeuner kontrollieren und den alten Anselmo finden. Aber daß es schneit! Jetzt im Mai! Laß das sein, sagte er zu sich selber. Laß das sein, finde dich ab. Es ist der Wein, weißt du, »der Becher Weines«. Wie geht das bloß mit dem Becher? Entweder mußt du dein Gedächtnis verbessern oder nicht mehr an Zitate denken, denn so ein Zitat, das einem nicht einfallen will, verfolgt einen wie ein Name, den man vergessen hat, und man kann es nicht loswerden. Wie geht das nur mit diesem Becher?
 »Gib mir bitte noch etwas Wein«, sagte er auf spanisch. Und dann zu Pablo: »Viel Schnee, wie? Mucha nieve.«
 Der Betrunkene blickte zu ihm auf und grinste, nickte und grinste abermals.
 »Keine Offensive. Keine aviones. Keine Brücke. Nichts als Schnee.«
 »Du glaubst, es wird lange dauern?« Robert Jordan setzte sich neben ihn. »Du glaubst, wir werden den ganzen Sommer eingeschneit sein, Pablo, alter Freund?«
 »Nicht den ganzen Sommer«, sagte Pablo. »Heute und morgen.«
 »Wie kommst du darauf?« »Es gibt zwei Sorten von Stürmen«, sagte Pablo gewichtig und weise. »Die eine Sorte, die kommt aus den Pyrenäen. Sie

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