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Wen die Erinnerung trügt - Crombie, D: Wen die Erinnerung trügt - Where Memories Lie

Wen die Erinnerung trügt - Crombie, D: Wen die Erinnerung trügt - Where Memories Lie

Titel: Wen die Erinnerung trügt - Crombie, D: Wen die Erinnerung trügt - Where Memories Lie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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dass sie irgendwie noch mehr Geld von meinem Vater erpressen könnten, wenn sie uns am Leben ließen.
    Sie fesselten uns dort auf dem Boden der Scheune, neben den Leichen von Saul und Sarah. Ich vermute, dass sie anschließend ins Haus gegangen sind, um sich zu betrinken.Wir hörten Gelächter und laute Stimmen.«
    Sie atmete hörbar ein, als ob sie nach Luft ränge. »David
sprach nicht mit mir. Nicht ein Wort, die ganze Nacht. Kurz vor Morgengrauen kam der Bauer und band uns los. Er gab uns etwas Geld und sagte uns, in welche Richtung wir laufen mussten, um zur Grenze zu gelangen. Ich habe immer befürchtet, dass er und seine Familie ihre Menschlichkeit höchstwahrscheinlich mit dem Leben bezahlen mussten.
    Wir liefen los, stolperten durch die Dunkelheit, versteckten uns bei jedem Geräusch im Graben, und als der Tag anbrach, stellten wir fest, dass wir in Holland waren. Ein paar Leute gaben uns zu essen und halfen uns, zu einer jüdischen Hilfsorganisation zu gelangen. So kamen wir nach London. Wir hatten keinen Penny in der Tasche, und ich war … verletzt.« Sie sah Gemma kurz in die Augen und wandte sich dann ab. »Ich hatte angefangen zu bluten, nachdem sie mich vergewaltigt hatten, und es wurde immer schlimmer.Als wir in London ankamen, hatte ich mein Kind schon verloren. Ein Mädchen. Ich war sehr krank. Eine Zeitlang dachte ich, ich müsste sterben. Und die Ärzte sagten mir, ich könne keine Kinder mehr bekommen.«
    »Erika«, brachte Gemma flüsternd hervor, »warum haben Sie mir das denn nie erzählt?«
    »Ich dachte … Ich dachte, das würde Ihren Schmerz nur noch größer machen. Und ich – ich hatte noch nie mit irgendwem darüber gesprochen. Nicht einmal …« Sie schüttelte den Kopf. »Und wir – David und ich … er ertrug es seitdem nicht mehr, mich anzurühren.Vielleicht hatte er das Gefühl, dass ich irgendwie besudelt war.Aber es war wohl auch so, dass er glaubte, mich als Mann enttäuscht zu haben. Dass er damals nicht eingegriffen hatte, machte ihn in seinen Augen zum kompletten Versager.
    Von da an war er eine leere Hülse, ein bloßer Schatten des Mannes, der er einmal gewesen war. Bis er anfing, dieses Buch zu schreiben und sich im Flüsterton mit Fremden zu unterhalten. Ich habe nie erfahren, was er schrieb oder wer diese Leute waren. Ich war wohl selbst ein Feigling, weil ich ihn nie danach
gefragt habe. Erst als Gavin mir von seinem Verdacht erzählte, begann ich zu ahnen, was David getan hatte.«
    Natürlich musste Erika Gavin gekannt haben, sagte sich Gemma. Er hatte sie schließlich vernommen. Sie setzte zu einer Frage an, doch Erika sprach bereits weiter. »Vielleicht dachte David, dass es ihn irgendwie von seiner Schuld freisprechen würde, wenn er Vergeltung übte.Aber wenn er an diesem Tag in einer englischen Zeitung ein Foto von Joseph Müller gesehen hatte – Müller war hier, in London?«
    »In Chelsea. Er wohnte nicht weit von Cheyne Gardens entfernt.«
    »Chelsea? O Gott.« Erika zitterte jetzt. Sie presste die zusammengefalteten Hände an die Lippen, ließ sie wieder sinken und sagte: »Ich wäre nie auf die Idee gekommen, die Klatschspalten zu lesen – für so etwas habe ich mich nie interessiert.Aber David – David hat immer jede Zeitung, die er kaufte, von der ersten bis zur letzten Seite gelesen. Es war ein regelrechter Zwang.Wenn er dieses Foto gesehen hat, wird er versucht haben, herauszufinden, wo dieser Mann …«
    »Miller.«
    Erika nickte. »Miller.Wo Miller wohnte.Aber wenn David zu seinem Haus gegangen ist, wieso wurde er dann …«
    Gemma beendete den Satz für sie. »In Cheyne Gardens gefunden? Vielleicht hatte Miller ihm vorgeschlagen, dass sie sich dort treffen sollten. Um zu reden.«
    »Ja.« Erika nickte. »David hat immer noch geglaubt, man könne mit allen Menschen reden und an ihre Vernunft appellieren, auch nach allem, was passiert war.«
    »Aber Miller hätte nie zugelassen, dass David ihn mit seiner Vergangenheit konfrontierte. Es heißt, er habe sein Geld nach dem Krieg im Baugeschäft gemacht, aber er muss schließlich mit irgendetwas angefangen haben …«
    »Nämlich mit dem Profit aus Diebstahl und Mord. Müller,
Miller …«, sagte Erika langsam. »Seine Familie muss deutschstämmig gewesen sein und ihren Namen anglisiert haben. Das würde erklären, wieso er so fließend Deutsch sprach, seine Ortskenntnisse, und wieso es ihm so leichtfiel, wieder die deutsche Form seines Namens anzunehmen und sich als Deutscher auszugeben.
    Falls David

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