Wen küss ich und wenn ja, wie viele? - Lilias Tagebuch
konfrontieren!«
Boah! Paps macht immer alles so kompliziert.
Ich hatte jetzt echt keine Lust mehr auf das Gespräch, ich hatte eigene Sorgen. Wer waren denn eigentlich die Eltern von diesem »Problemkind«? Sollten die das doch miteinander klären!
»Sprich doch nachher mal mit Mama drüber, Paps.«
Er schüttelte den Kopf. »Deine Mutter hat heute einen anstrengenden Tag, ich möchte das gern selbst regeln. Ich will sie nicht immer mit allen Problemen allein lassen.«
Au weia! Machten die eine Eheberatung?
Aber eigentlich ein guter Ansatz, Paps, dachte ich. Regele das doch ausnahmsweise mal selbst und lass mich in Ruhe.
Plötzlich straffte sich der gesamte Vater und sah richtig froh aus. Offenbar hatte er eine Idee. »Nein, wir machen das so«, sagte er. »Du gehst heute Nachmittag mit Rosalie ins Freibad und nimmst dir mal Zeit für sie und fühlst ihr auf den Zahn. Und danach erzählst du mir, was du herausgefunden hast. Dann fällt mir schon etwas ein.«
Toller Plan! Selbst regeln, haha. Aber das konnte er vergessen.
»Keine Zeit«, sagte ich. »Entweder ich frage sie jetzt gleich oder du machst das. Tut mir echt leid, Paps, heute Nachmittag geht’s nicht, ich muss ein Referat schreiben. Sorry.« Und mir lila Haarsträhnen färben. Aber das erwähnte ich nicht.
Paps schwieg und sah eine Weile einfach nur hilflos aus. Bei Mama funktioniert das vielleicht, bei mir nicht. Ich halte so was aus.
»Gut, ich gehe«, sagte Paps irgendwann. »Hast du vielleicht ein paar Tipps für mich, wie ich das Kind erreichen könnte?«
Na, logo, die hatte ich. »Das ist leicht. Sie buddelt gern im Sandkasten, da gräbt sie Flussläufe und füllt sie mit Wasser.Du hilfst ihr einfach beim Graben und fragst sie nebenher ein bisschen aus. Was sie macht, was sie denkt, wovor sie Angst hat, worauf sie sich freut. Du schaffst das schon!«
»Gut. Und womit gräbt man da so? Hat sie Schaufeln, die wir einpacken müssen?«
»Sie gräbt mit den Fingern, aber pack das Zeug zum Buddeln ruhig ein. Sie braucht auf jeden Fall einen Eimer fürs Wasser«, sagte ich. »Und vorher musst du sie mit Sonnencreme eincremen, die solltest du also auch mitnehmen. Und Schwimmflügel.«
Und dann schluckte ich. Was machte der denn da? Nee, oder? Paps holte sich einen Zettel und schrieb darauf: Eimer, Sonnencreme, Schwimmflügel.
»Badeanzug, Handtuch«, diktierte ich ihm, eigentlich aus Jux, aber er notierte auch das. Hat er wirklich drei Kinder großgezogen, ohne auch nur einmal eine Badetasche gepackt zu haben???
»Am besten cremst du sie schon hier ein«, sagte ich. »Im Freibad ist sie immer sofort im Sand und wenn sie dabei noch fettig ist, hast du ein paniertes Kind.«
Er nickte. Und seufzte tief.
Und dann klingelte das Telefon. Genau wie in Placido Flamingos Arie war es Mama. Ihr Auto sprang nicht an, sie hatte wohl das Licht angelassen. Ob Paps kommen könne, mit seinem Wagen und dem Starterkabel?
Liebe Nachkommen, denkt an dieser Stelle bitte nicht, dass Papa in der Lage ist, ein Starterkabel zu benutzen. Mama kann so etwas. Sie hatte nur keins dabei.
»Pack schnell die Badesachen ein«, sagte Paps zu mir. »Dannsetze ich Rosalie und dich auf dem Hinweg am Freibad ab. Tut mir leid, Lilia, aber es geht nicht anders.«
Im Hintergrund johlte Placido Flamingo blechern aus dem Kopfhörer.
17.00 Uhr Der Nachmittag lief doch besser als geplant. Ich liege hier auf meinem Handtuch, schreibe Tagebuch und die Sonne wärmt mir den Rücken. Rosalie buddelt allein im Sandkasten vor sich hin und lässt mich in Ruhe. Das ist nämlich der Deal, den wir geschlossen habe: Ich muss nicht mit in die Sandkiste und dafür unterbreite ich Paps nachher ihre Forderungen, psychologisch verpackt und mit Dringlichkeitsstufe eins. Ein bisschen mies fühle ich mich ja Paps gegenüber, aber genau genommen entsteht ihm kein Schaden dadurch. Ich weiß jetzt, was Rosalie bedrückt, und ich werde es ihm wahrheitsgemäß sagen. Dass ich ein paar Details nicht erwähne, das geschieht ihm eigentlich ganz recht. Er hätte ja gut erst Mamas Auto flottmachen und danach mit Rosalie schwimmen gehen können, dann hätte er alles aus erster Hand erfahren.
Hat er aber nicht mal angeboten. Er hat uns einfach am Freibad abgesetzt und ist zufrieden abgedüst.
Als ich resigniert in meinem Portemonnaie nach Kleingeld für den Eintritt kramte, stupste Rosalie mich von der Seite an. »Das mit Niklas hättest du nicht sagen sollen. Das war ein Geheimnis.« Sie stampfte mit dem Fuß
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