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Wen liebst du, wenn ich tot bin?

Wen liebst du, wenn ich tot bin?

Titel: Wen liebst du, wenn ich tot bin? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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diese Leute dir leidtun. Ich habe gesehen, wie du sie beobachtet hast. Aber sie sind nicht so wie wir. Es sind Schmarotzer, Pilli. Genau das sind sie.«
    Ich lockerte meine Finger, als ich merkte, dass er keinen Verdacht hegte. Aber ich begriff auch, dass er, selbst wenn ich ihm die Wahrheit sagte – nämlich dass Trick mein Freund war und er uns nicht bestehlen würde, ganz einfach weil ich ihn kannte – mir trotzdem keinen Glauben schenken würde. Er konnte es einfach nicht.
    »Es war ein Fehler, dass ich das so lange geduldet habe«, fuhr er fort. »Sie beißen die Hand, die sie füttert, ich glaube, da wird mir jeder zustimmen. Komm mal her.«
    Er breitete die Arme für mich aus. Ich ließ mich von ihm umarmen und atmete den vertrauten warmen Duft von Wolle und Schweiß und Gras ein.
    »Ich möchte nicht, dass du mich für fies hältst, Pilli«, sagte er barsch, wie immer, wenn er etwas eingestehen musste. Ich versicherte ihm, dass ich ihn nicht für fies hielt – was uns beide überraschte, denn er hatte ja nicht nur Vorurteile, sondern hielt mich auch für zu dumm, um selbst entscheiden zu können. Trotzdem meinte ich es ehrlich.

Acht
    D ie Gesetzeshüter hielten Wort. Montagmorgen um halb zehn standen zwei Beamte – eine Polizistin namens Baker und ein Constable Todd – in unserer Küche und machten den Eindruck, als könnten sie es nicht fassen, dass sie den ganzen schlaglöcherigen Weg hergekommen waren, nur weil eine Kleinigkeit aus dem Schuppen eines Baumchirurgen gestohlen worden war.
    Wie sich herausstellte, waren abgesehen von der zertrümmerten Fensterscheibe Dads Schraubenschlüssel und ein Tischlerhammer verschwunden, dazu ein schweres Kettenstück. Ich fragte mich, ob Trick irgendetwas gehört hatte. Aber ich hatte ihn ja am Samstag gesehen und er hätte mir garantiert etwas gesagt.
    Dad verabreichte den beiden Polizisten etwas von seiner besten Plörre. Er liebte es, irgendwelchen Offiziellen den allerdünnsten Tee anzubieten; er hängte einen einzigen Teebeutel in die Kanne und füllte sie bis oben, sodass der Tee grau wurde, wenn man Milch hineingoss. Einmal hat er Nanny Ferris einen solches Gebräu angeboten. Als Mum das merkte, bekam sie einen Tobsuchtsanfall.
    Constable Todd las Dad die Anzeige vor, und als er an den Punkt kam, wo Dad die Werkzeuge zum ersten Mal vermisst hatte, blickte er auf, um Dads Reaktion zu prüfen. Den Absatz seiner Arbeitsstiefel gegen den Herd gestützt, stand Dad da und hielt seinem Blick unerschütterlich stand. Fiasco lag zwischen mir und Dad und schlug mit dem Schwanz.
    Constable Todd war fast fertig, als die Tür aufging und Sam hereinkam. Ich starrte ihn fassunglos an. Seine braunen Locken waren weg. Ich roch sein Duschgel und sein Deo, als er an mir vorbeiging, und wartete gespannt, wie Dad auf seinen kahlen Schädel reagieren würde. Der Constable nickte ihm zur Begrüßung zu, aber Sam setzte sich einfach auf die Bank neben dem Telefon, streckte seine Beine von sich und stellte seine Adidas-Streifen zur Schau. Sein Gesicht war fleckig, weil er sich zu heiß geduscht hatte.
    Die Polizistin stand am weitesten weg. Seit sie sich vorgestellt und ihren Hintern auf die Tischkante gepflanzt hatte, war sie stumm wie ein Fisch gewesen. Jetzt musterte sie Sam. Er wirkte gelangweilt. Mit dem kleinen Finger rieb er sich über die mondförmige Narbe auf der Stirn. Er hatte die Narbe schon von klein auf; sie stammte von Windpockenpusteln, die er aufgekratzt hatte. Zu der Zeit hatte er noch am Daumen gelutscht, bis Mum seine Fingernägel mit einer Salbe bestrich, die wie Ohrenschmalz schmeckte.
    Constable Todd zog einen Kugelschreiber hinter dem Ohr hervor und tippte ihn gegen sein Schreibbrett, damit die Mine heraussprang.
    »Und Sie sind sicher, dass nichts gefehlt hat, als Sie den Schuppen abgeschlossen haben?«
    »Alles war da, alle Fensterscheiben waren intakt«, gab Dad zur Antwort.
    Der Constable hatte eine marineblaue Hose an, die leicht glänzte, genau wie Sams Schulhose. Es schien mir irgendwie nicht richtig zu sein, dass ihre Hosen so ähnlich waren.
    »Und was ist mit den Kindern? Wart ihr beide hier in jener Nacht? Habt ihr denn nichts gehört?«, fragte er.
    Dad blickte uns an. Er war in der Kneipe gewesen. Freitags wurde es immer spät bei ihm.
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich war zu Hause. Aber ich habe nichts bemerkt.«
    »Ich war bei einem Freund«, sagte Sam.
    Todd schrieb unsere Antworten auf.
    »Ich habe es ja schon am Telefon gesagt. Unten auf

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