Wen liebst du wirklich?
kann man nicht sein."
Er sah sie erwartungsvoll an, offensichtlich sehr zufrieden mit seiner großzügigen Lösung. Laura wirkte geschlagen. Doch aus irgendeinem unerfindlichen Grund verschaffte ihm das nicht die erwartete Genugtuung. Sie kämpfte sichtlich mit den Tränen, und er konnte sich nur mit Mühe zurückhalten, sie nicht in die Arme zu nehmen und mit Versprechungen zu trösten, die er nicht würde einhalten können.
Langsam rann ihr eine Träne die Wange hinab. "Ich … kann dich unmöglich meine Hotelrechnung bezahlen lassen!" protestierte Laura schluchzend.
"Ich bestehe darauf."
"Ich … habe auch meinen Stolz."
"Wie alle Bewohner von Yorkshire."
"Das ist deine Rache, nicht wahr?" flüsterte sie. "Für das, was Tante Enid und George dir angetan haben …"
"Nein!" widersprach er entsetzt.
"Warum sonst?"
"Das ist meine Sache. Ich will, dass du ausziehst. Begreifst du denn nicht …"
Laura hörte ihm nicht mehr zu. Sie lauschte nach draußen. Irgendjemand rannte, stolperte …
"Das ist Adam! Es ist etwas passiert!" rief sie mit der Intuition einer Mutter aus. Rasch wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht, eilte zur Küche hinaus und riss die Haustür auf. Cassian sah einen schmutzbedeckten Jungen mit zerzaustem Blondhaar, der mit panischem Ausdruck vor Laura zum Stehen kam.
"Adam!" flüsterte sie erschrocken.
Cassian ging ebenfalls zur Tür. Dieses Kind hatte offensichtlich ein Problem. Dem Anschein nach war es in eine Prügelei verwickelt gewesen, aber weder der Junge noch seine Mutter machten Anstalten, aufeinander zuzugehen. Sie standen sich wie erstarrt gegenüber und sahen sich bekümmert an, doch irgendetwas hinderte sie daran, physischen Kontakt miteinander aufzunehmen.
Wie es aussah, hatte Tante Enids scharfe Zunge nicht nur Lauras Widerstand gebrochen, sondern ihr auch die Fähigkeit genommen, Liebe zu zeigen. Cassian schauderte.
"Ich … bin gefallen", behauptete Adam tapfer, aber seine Lippen bebten verdächtig.
"Ach Adam …" Unglücklich streckte Laura halb die Hände aus, als wollte sie ihren Sohn an sich drücken, wagte aber nicht, es zu tun. "Du … Solltest du nicht in der Schule sein?"
Cassian konnte es nicht länger mit ansehen. Er schob Laura beiseite und legte dem zitternden Kind energisch einen Arm um die Schultern. "Hier ist eine Tasse Tee vonnöten", sagte er und schob den Jungen ins Haus. "Dann ein gutes Bad und etwas Desinfektionsmittel für die Schürfwunden. Wenn man so schlimm hinfällt, kann einen das ganz schön erschrecken, stimmt's?"
Er führte den Jungen zu einem bequemen Lehnstuhl in der Küche und hockte sich neben ihn. "Mir ist das als Kind auch oft passiert", meinte er lächelnd. "Ich schien ein Talent dafür zu haben, über die Füße anderer Jungs zu stolpern."
Er erstarrte, als Laura an seinem Ohr vorbeilangte, um Adam das Haar aus der Stirn zu streichen. Dabei kam die Schürfwunde zum Vorschein, die Cassian längst entdeckt hatte. Cassian war ein Experte, was Schürfwunden und blaue Flecken betraf … und Schikanen. Vor allem von Erwachsenen.
"Mein armer Schatz." Laura beugte sich vor, zögerte und drückte ihrem Sohn einen Kuss auf die Stirn. "Ich … mache dir den Tee."
"Danke, Mum." Adam beugte sich vor und band sich die Schuhe auf. Cassian wusste, dass er es nur tat, um seine Tränen zu verbergen. Er wollte stark sein, sich nichts anmerken lassen. Denn Gefühle waren auf Thrushton Hall unerwünscht.
Noch heute hörte Cassian George Morris. "Hör auf zu weinen!" bat er die temperamentvolle Bathsheba entsetzt. Oder: "Lach nicht so laut!" Oder: "Tanz nicht so wild, das ziemt sich nicht für eine verheiratete Frau!" Oder auch: "Fasse dich!"
Lächerlich. Der Mann hatte seine, Cassians, Mutter geheiratet, weil ihn ihre übersprühende Lebensfreude fasziniert hatte. Und dann hatte er absolut alles getan, ihr die Flügel zu beschneiden und sie seinem rigiden Haushalt anzupassen. Kein Wunder, dass Laura, die in diesem Haushalt groß geworden war, Angst hatte, ihre wahren Gefühle zu zeigen.
Tief berührt nahm Cassian den zitternden Jungen in den Arm und drückte ihn an sich, um ihn menschliche Wärme spüren zu lassen. "Ziehen wir dir erst einmal die schmutzigen Schuhe und den Pullover aus, ja?"
Das Kind ließ alles geduldig mit sich geschehen. Cassian dachte an sein enges Verhältnis zu Jai. Das Verhältnis zwischen Laura und Adam hätte nicht unterschiedlicher sein können. Er und sein Sohn hatten kein Problem damit, sich gegenseitig
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