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Wendekreis des Krebses

Wendekreis des Krebses

Titel: Wendekreis des Krebses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Miller
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herum, den ich bei einem garçon des Dôme zu versetzen versucht hatte. Er hatte mir sechs Francs dafür geboten, und ich war wütend darüber. Aber der leere Magen bekam die Oberhand. Seit ich von Mona weg war, hatte ich den Ring ständig am kleinen Finger getragen. Er gehörte so sehr zu mir, daß mir nie der Gedanke gekommen war, ihn zu verkaufen. Er war eins von den in Weißgold gefaßten Dingern mit einem Orangenblütenmuster. Er hatte einmal anderthalb Dollar oder mehr gekostet. Drei Jahre liefen wir ohne Ehering umher, und dann, eines Tages, als ich zur Anlegestelle kam, war nichts von Mona zu sehen. Ich wartete, bis der letzte Passagier den Laufsteg herunterkam, aber keine Mona. Schließlich ließ ich mir die Passagierliste zeigen. Ihr Name stand nicht darauf. Ich streifte den Ehering über den kleinen Finger, und da blieb er. Einmal vergaß ich ihn in einem öffentlichen Bad, bekam ihn aber wieder zurück. Eine der Orangenblüten war herausgefallen. Jedenfalls, ich saß mit hängendem Kopf dort auf der Bank und spielte mit dem Ring, als mich plötzlich jemand auf den Rücken klopfte. Um es kurz zu machen, ich bekam eine Mahlzeit und noch ein paar Francs dazu. Und da kam mir wie ein Blitz die Erleuchtung, daß niemand einem Menschen eine Mahlzeit abschlagen würde, wenn er nur den Mut hätte, darum zu bitten. Ich ging sofort in ein Café und schrieb ein Dutzend Briefe. «Würden Sie mich einmal in der Woche bei sich zum Essen einladen? Teilen Sie mir mit, welcher Tag Ihnen am besten paßt.» Es wirkte wie ein Zauber. Ich wurde nicht nur abgefüttert, ich wurde verwöhnt. Jede Nacht ging ich betrunken nach Hause. Sie konnten nicht genug für mich tun, diese freigebigen Einmal-in-der-Woche-Seelen. Wie es mir in der Zwischenzeit ging, war nicht ihre Sache. Dann und wann beschenkten mich die Umsichtigen mit Zigaretten oder ein wenig Taschengeld, sie waren alle offensichtlich erleichtert, wenn ihnen klar wurde, daß sie mich nur einmal in der Woche sehen würden, und sie waren noch erleichterter, wenn ich ihnen sagte: «Es wird nicht mehr nötig sein.» Sie fragten nie, warum. Sie gratulierten mir, das war alles. Oft war der Grund, daß ich einen besseren Gastgeber gefunden hatte, ich konnte es mir leisten, die Nervensägen von der Liste zu streichen. Aber dieser Gedanke kam ihnen nie. Schließlich hatte ich ein fortlaufendes, festes Programm, einen festgelegten Stundenplan. An den Dienstagen, wußte ich, würde es dies zu essen geben und an den Freitagen jenes. Cronstadt, wußte ich, würde Champagner für mich haben und hausgemachte Apfeltorte. Und Carl würde mit mir ausgehen, er führte mich jedesmal in ein anderes Restaurant, bestellte erlesene Weine, lud mich nachher ins Theater ein oder ging mit mir in den Cirque Médrano. Sie waren aufeinander neugierig, meine Gastgeber. Fragten mich, bei wem ich am liebsten sei, wer am besten koche usw. Ich glaube, mir gefiel Cronstadts Kneipe am besten, vielleicht weil er jedesmal mit Kreide das Menü und die Preise an die Wand schrieb. Nicht daß es mein Gewissen erleichtert hätte, zu sehen, was ich ihm schuldig war, denn ich hatte nicht die Absicht, es ihm zurückzuzahlen, und er machte sich keinerlei Illusionen, daß es ihm ersetzt würde. Nein, es waren die komischen Zahlen, die mich fesselten. Er pflegte es auf den letzten Centime auszurechnen. Wenn ich es genau hätte zurückzahlen wollen, hätte ich einen Sou halbieren müssen. Seine Frau war eine vorzügliche Köchin und kümmerte sich einen Dreck um diese Centimes, die Cronstadt zusammenzählte. Sie hielt sich dafür an mir mit Manuskriptdurchschlägen schadlos. Das ist Tatsache! Wenn ich bei der Ankunft keine neuen Durchschläge für sie hatte, ließ sie den Kopf hängen. Dann mußte ich statt dessen am nächsten Tag das Töchterchen in den Luxembourg führen, zwei oder drei Stunden mit ihr spielen, eine Aufgabe, die mich wild machte, denn sie sprach nur Ungarisch oder Französisch. Im großen und ganzen waren sie eine komische Blase, meine Gastgeber.
    Bei Tania blicke ich vom Balkon herunter auf den Gastschmaus. Moldorf ist da, er sitzt neben seinem Idol. Er wärmt seine Füße am Kamin, einen Blick ungeheurer Dankbarkeit in den wässerigen Augen. Tania klimpert das Adagio. Das Adagio sagt sehr deutlich: kein Wort mehr von Liebe! Ich bin wieder am Springbrunnen und beobachte die Schildkröten, wie sie grüne Milch pissen. Sylvester ist soeben vom Broadway zurückgekehrt, das Herz voll Liebe. Die ganze Nacht

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