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Wendekreis des Krebses

Wendekreis des Krebses

Titel: Wendekreis des Krebses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Miller
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recht erinnere. Das Matrosenmittel gegen den Tripper.
    Wir machten an einem Restaurant halt, um einen kleinen Imbiß einzunehmen, bevor wir zu Jimmies Lokal gingen. Es war eine riesige Schenke mit großem, verrauchtem Gebälk, die Tische bogen sich unter den Speisen. Wir tranken reichlich von den Weinen, die uns Collins empfahl. Dann setzten wir uns auf die terrasse zu Kaffee und Schnäpsen. Collins sprach über den Baron de Charlus, einen Mann nach seinem Herzen, wie er sagte. Collins hielt sich jetzt seit fast einem Jahr in Le Havre auf und brachte das Geld durch, das er als Alkoholschmuggler zusammengescharrt hatte. Seine Neigungen waren einfach: Essen, Trinken, Weiber und Bücher. Und ein eigenes Badezimmer! Darauf bestand er.
    Wir sprachen noch immer über den Baron de Charlus, als wir in Jimmies Bar eintraten. Es war spät am Nachmittag, und das Lokal begann sich gerade zu füllen. Jimmie war da, mit einem Gesicht rot wie eine Runkelrübe, und ihm zur Seite seine Frau, eine fesche, dralle Französin mit glitzernden Augen. Rundum wurde uns ein glänzender Empfang bereitet. Wieder standen Pernods vor uns, das Grammophon grölte, die Menschen plapperten englisch, französisch, holländisch, norwegisch und spanisch, und Jimmie und seine Frau, beide aufgekratzt und lebendig, tätschelten und küßten einander herzlich, erhoben ihre Gläser und stießen an – alles war von so übersprudelnder Fröhlichkeit, daß man sich am liebsten die Kleider vom Leib gerissen und einen Kriegstanz aufgeführt hätte. Die Weiber an der Bar hatten sich wie Fliegen um uns geschart. Wenn wir Freunde von Collins waren, so bedeutete das, daß wir reich sein mußten. Es machte nichts, daß wir in unseren abgetragenen Anzügen gekommen waren; alle Anglais zogen sich so an. Ich hatte keinen Sou in der Tasche, was freilich nichts bedeutete, denn ich war Ehrengast. Trotzdem geriet ich etwas in Verlegenheit, als zwei aufregend aussehende Huren an meinen Armen hingen und warteten, daß ich etwas bestellte. Ich beschloß, den Stier bei den Hörnern zu packen. Man konnte nicht mehr sagen, welches Glas auf Kosten des Hauses ging und für welches gezahlt werden mußte. Ich mußte mich als Gentleman zeigen, auch wenn ich keinen Sou in der Tasche hatte.
    Yvette – Jimmies Frau – war ungewöhnlich liebenswürdig und freundlich zu uns. Sie bereitete uns zu Ehren einen kleinen Imbiß. Es würde noch ein Weilchen dauern. Wir sollten uns nicht zu sehr betrinken, sie wollte, daß wir das Essen genießen konnten. Das Grammophon kreischte wie wild, und Fillmore hatte mit einer schönen Mulattin zu tanzen begonnen, die ein eng anliegendes Samtkleid trug, das alle ihre Reize enthüllte. Collins kam zu mir und flüsterte mir etwas über das Mädchen an meiner Seite ins Ohr. «Die Madame lädt sie zum Essen ein», sagte er, «wenn du sie gerne haben möchtest.» Sie war eine ehemalige Hure, die ein schönes Heim am Rande der Stadt besaß. Jetzt war sie die Geliebte eines Kapitäns zur See. Er war fort, und es gab nichts zu befürchten. «Wenn du ihr gefällst, wird sie dich einladen, bei ihr zu bleiben», fügte er hinzu.
    Das genügte mir. Ich wandte mich sofort Marcelle zu und begann, mich scharf ins Zeug zu legen. Wir standen an der Ecke der Bar, taten so, als ob wir tanzten, und knutschten wie verrückt. Jimmie blinzelte mir zu und nickte beifällig mit dem Kopf. Sie war ein lüsternes und gleichzeitig sympathisches Biest, diese Marcelle. Sie machte sich bald von den anderen Mädchen los, merkte ich, und dann setzten wir uns zu einer langen und vertraulichen Unterhaltung zusammen, die bedauerlicherweise durch die Ankündigung unterbrochen wurde, daß das Essen fertig sei. Wir waren etwa zwanzig bei Tisch, und Marcelle und ich wurden am einen Ende Jimmie und seiner Frau gegenübergesetzt. Bald kullerten Champagnerkorken und weinselige Ansprachen folgten, während denen Marcelle und ich miteinander unter dem Tisch spielten.
    Als die Reihe an mir war, aufzustehen und ein paar Worte zu sagen, mußte ich die Serviette vor mich hinhalten. Es war peinlich und gleichzeitig belustigend. Ich mußte meine Rede recht kurz fassen, denn Marcelle kraulte mich die ganze Zeit zwischen den Beinen.
    Die Mahlzeit dauerte fast bis Mitternacht. Ich hoffte, die Nacht mit Marcelle in dem schönen Heim auf der Klippe zu verbringen. Aber es sollte nicht sein. Collins hatte geplant, uns herumzuführen, und ich konnte nicht gut ablehnen. «Mach dir keine Sorgen ihretwegen», sagte

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