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Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe

Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe

Titel: Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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nüchternen, genau beobachtenden Kollegen, dem gewiß nicht so leicht die Phantasie durchging...
    „Es ist mir gleich, ob Ihnen diese Dinge gefallen oder nicht“, erwiederte Schlei kühl, „auf jeden Fall sind paranormale Fähigkeiten experimentell nachgewiesen. Allerdings sind sie bei den meisten Menschen nur latent vorhanden. Durch die schon erwähnte synaptische Spaltung werden sie fast völlig unterdrückt. Lediglich bei sehr wenigen Individuen treten sie deutlich zutage. Deswegen interessierte sich Roloff so für Megatonin.“
    Susannes Augen weiteten sich ungläubig. „Sie meinen, wegen diesem Turbolader-Effekt, oder wie Sie das genannt haben?“
    „Genau. Die GENOTEC-Leute hofften, daß durch Megatonin die schlummernden Psi-Fähigkeiten gewissermaßen künstlich aufgeweckt werden könnten. Sie hatten in Wahrheit nie die Absicht, Megatonin der breiten Masse zugänglich zu machen. O nein, sie sind ganz besessen von der Idee, Psi-Fähigkeiten einzusetzen, um, wie schon gesagt, Politiker, Konkurrenten und, vor allem, Konsumenten optimal kontrollieren und manipulieren zu können.“ Er verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln. „Kein Wunder, daß sie diese Forschungen streng geheimhalten. Die Öffentlichkeit würde solche Pläne natürlich niemals gutheißen. Stellen Sie sich einmal vor, es wäre möglich, den Verbrauchern auf paranormalem Wege zu suggerieren, daß sie bestimmte Produkte kaufen sollen, oder Politiker telepathisch so zu beeinflussen, daß sie Gesetze ganz zum Wohl des GENOTEC-Konzerns machen.“
    „Klingt nach schlechter Science-fiction“, sagte Susanne trocken. „Sind Sie sicher, daß Sie nicht vielleicht genauso in die Irrenanstalt gehören wie Roland Scholl?“
    „Die Wirklichkeit ist oft verrückter als alles, was Science-fiction-Schreiber sich ausdenken können“, entgegnete Schlei. „Und wenn Sie mich in eine Anstalt sperren wollen, dann bitte auch gleich Kettler, Roloff und all die anderen.“
    „Was ich nicht begreife, ist, wieso staatliche Stellen mit GENOTEC gemeinsame Sache machen. Politiker oder Verbraucher heimlich zu manipulieren - einmal angenommen, Ihre Behauptungen träfen zu -, wäre doch ein Hohn auf den Rechtsstaat, auf die in unserer Verfassung garantierten Grundrechte.“
    Schlei schüttelte den Kopf. „Vermutlich müssen Sie als Polizistin so naiv sein, um die Freude an Ihrem Beruf nicht zu verlieren. Manche Großkonzerne interessieren sich nicht für den Rechtsstaat oder irgendwelche Grundrechte. Sie sind ausschließlich daran interessiert, Profite zu machen. Möglichst hohe Profite. Das ist ihr Daseinszweck. Und eine bestimmte Sorte von Politikern will vor allem eines: sichere Machtpositionen und Einfluß. Ihr Interesse an gezielter Kontrolle und Manipulation dürfte kaum geringer sein als bei den Konzernbossen. Sehen Sie nicht auch, daß sich da weitreichende Interessenkoalitionen ergeben?“
    Das sah Susanne in der Tat und schauderte. „Vorhin klangen Sie ein paarmal“, sagte sie nachdenklich, „als glaubten Sie selbst nicht mehr so recht an die Wirksamkeit von Megatonin...“
    „O nein, Megatonin ist hochwirksam, das steht zweifelsfrei fest!“ Er schüttelte traurig den Kopf. „Die Frage ist nur, wie es wirkt und was es bewirkt.“
    „Die Tierversuche...“
    „Waren sehr ermutigend. Wissen Sie, Labortiere sind wegen ihrer völlig unnatürlichen Lebensbedingungen einem extremen Streß ausgesetzt. Die Megatonin-Injektionen bewirkten, daß sie viel friedlicher und ausgeglichener wurden, außerdem, das fand ich besonders faszinierend, wurde ihr Spielverhalten kreativer, und sie lernten leichter. Das verleitete mich zu einem verhängnisvollen Fehler, der in unserer reduktionistischen Wissenschaft leider weit verbreitet ist: Ich schloß vorschnell, daß die Wirkung beim Menschen die gleiche sein müßte.“
    Er schüttelte wieder den Kopf. „Heute weiß ich, daß das viel zu simpel gedacht war, zu mechanistisch. Damals war ich noch überzeugt, das Gehirn sei lediglich ein biochemischer Computer, den wir einfach umprogrammieren konnten. Das ist der Größenwahn von uns Wissenschaftlern: Wir glauben, wir könnten der Natur ins Handwerk pfuschen, und greifen überheblich in biologische Systeme ein, deren Funktionsweise wir nicht einmal annähernd verstehen. Wie ich zu Beginn sagte, je mehr wir über das Gehirn herausfinden, desto verwirrender und komplexer erscheint es uns.“
    Er machte eine kurze Pause, schaute Susanne in die Augen und sagte: „Ich

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