Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe

Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe

Titel: Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
Vom Netzwerk:
sein Glas hob und sagte: „Ach was, trinken wir darauf, daß sich alles zum Guten wendet.“
    Es gab Zeiten, da hätte sie sich über Honadels Bemerkung geärgert, sich provoziert gefühlt, weil in alten Wunden herumgestochert wurde. Aber neuerdings überkam sie, was ihre Vergangenheit anging, eine große Gelassenheit. Dimmig und Honadel hatten ihr in ihrer Jugendzeit übel mitgespielt und keine Gelegenheit ausgelassen, sich über sie lustig zu machen. Aber das war Jahre her. Irgendwann mußte man einen Schlußstrich ziehen, sonst wurde man von seinen Erinnerungen tyrannisiert und konnte in der Gegenwart nicht glücklich sein.
    Chris war erstaunt gewesen, daß Honadel sie mit zum Essen eingeladen hatte. „Hast du dich da auch nicht verhört?“ hatte sie Jonas gefragt. „Nein, nein“, hatte der geantwortet, „Honadel hat wörtlich gesagt: ‚Ihr seid doch immer noch gute Freunde, nicht wahr? Also bring sie mit. Außerdem ist sie die Wolfsexpertin. Ich will von ihr wissen, wie wir dieses Wolfsproblem ohne viel Aufsehen aus der Welt schaffen können.‘“
    Diese Frage war bislang glücklicherweise noch nicht zur Sprache gekommen, denn Chris hatte nicht die leiseste Ahnung, was sie darauf antworten sollte. Die Hoffnung, die Wölfe würden von sich aus ins Gehege zurückkehren, hatte sie inzwischen aufgegeben. Nicht, solange der geheimnisvolle Mann seinen unheimlichen Einfluß auf die Tiere ausübte. Was sie sehr beunruhigte, ohne daß sie mit jemandem darüber hätte sprechen können, Jonas vielleicht ausgenommen, war der rätselhafte Zusammenhang zwischen den Geschehnissen und ihrem Traum. Oder redete sie sich das alles nur ein? Nein, sie hatte dieses gespenstische Doppelbild gesehen. Und dieser offenbar unter Drogeneinfluß stehende Mann hatte den Kindern gegenüber von einer Schwester Wolfsträumerin gesprochen. So war Chris in ihrem Traum von dem Bärenwesengenannt worden. Die Kinder konnten sich das doch kaum eingebildet haben!
    Chris schauderte und starrte auf das rasch heranziehende Gewitter. Die Wolken mit den zuckenden Blitzen wirkten wie lebendige Wesen. Mutter Erde ist zornig. Chris schüttelte den Kopf. Sie war eine vernünftige, wissenschaftlich ausgebildete Europäerin und lebte nicht in irgendeiner indianischen Märchenwelt. Unwillkürlich glitten ihre Finger in die Hosentasche und schlossen sich um den kleinen Lederbeutel. Von dem Rosenquarz ging eine beruhigende Wirkung aus. Am liebsten hätte sie ihn herausgenommen und eine Weile in der Hand gehalten.
    Inzwischen hatte es zu dämmern begonnen, und das Gewitter trieb Windböen vor sich her, in Tischdekke und Servietten fahrende und Kerzen ausblasende Windböen. „Vielleicht sollten wir lieber nach drinnen umziehen“, sagte Sabine, die ganz offensichtlich keine Gewitter mochte, ängstlich. „Ach wo“, sagte Honadel. „Hier werden wir nicht naß.“
    Schwere Regentropfen klatschten auf das Plastikdach der Veranda. Honadel sagte in das Prasseln des Regens hinein nachdenklich: „Ich kann einfach nicht glauben, daß dieser Verrückte Gablenz sein soll, der Dr. Alexander Gablenz.“ Er schaute Jonas an. „Könnte sich deine Kollegin in Köln nicht geirrt haben? Ich muß zugeben, daß der Mann Gablenz ähnlich sieht, soweit ich ihn aus der Entfernung erkennen konnte. Deswegen kam er mir ja bekannt vor. Aber daß Gablenz die Wölfe befreit und am Ende gar diesen Geheimdienstoffizier getötet haben soll? Unvorstellbar!“
    „Woher kennst du Gablenz denn?“ fragte Jonas.
    Chris fand, daß Honadel mit seinem Bauch und der Stirnglatze älter wirkte, als er war. In seinem Gesicht schien eine Anspannung und Müdigkeit zu liegen, die im Widerspruch zu seinem Image als politischer Shooting-Star stand. Eine Krücke lehnte neben seinem Korbsessel, und er trug Shorts, so daß man den dikken Verband an seinem rechten Oberschenkel sehen konnte.
    „Wie du weißt, stammt Professor Schlei von hier. Er und Henn sind seit vielen Jahren befreundet. Er war häufiger bei Henn eingeladen. Gablenz, der ebenfalls Jäger ist, hat ihn in den letzten Jahren oft begleitet. Gablenz ist ein wirklich beeindruckender Bursche. Eine imposante Erscheinung, nicht nur äußerlich. Leute von seiner Sorte brauchten wir viele, dann müßten wir uns um die Zukunft unseres Landes keine Sorgen machen.“
    „Er scheint dich ja mächtig beeindruckt zu haben“, sagte Jonas trocken.
    „Er ist ein genialer Wissenschaftler. Du hättest ihn reden hören sollen! Einmal hat er in Euskirchen

Weitere Kostenlose Bücher