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Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe

Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe

Titel: Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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blonder Hüne, schrie gellend auf und ließ den Hammer fallen. Er schwankte und fiel nach vorn aufs Gesicht. Der Wolf hockte auf Carlos Rücken, die Zähne immer noch fest in dessen Schulter verbissen. Josef sah, wie Blut hervorsprudelte, leuchtend rot. Er schloß für einen Moment die Augen, zitternd vor Angst, und betete: Lieber Gott, bitte mach, daß wir hier lebend wegkommen, dann werde ich dir von jetzt an immer gehorchen.
    Der Fremde spitzte die Lippen und pfiff leise und melodisch, was angesichts der grausigen Situation wie ein Hohn wirkte. Der Wolf ließ Carlos Schulter los. Blut tropfte ihm von den Zähnen, und das Fell seiner Schnauze war blutbeschmiert. Nachdem er von Carlos Rücken heruntergestiegen war, reihte er sich wieder in den Kreis ein, den die Wölfe um die Männer gezogen hatten. Wir sind umzingelt, dachte Josef, wenn wir eine falsche Bewegung machen, fallen sie über uns her. Vor Schmerzen stöhnend, setzte Carlo sich auf und hielt sich die blutende Schulter.
    Seelenruhig ging der Fremde zwischen den Männern hindurch zu dem Vorarbeiter, der, von den beiden Wölfen bewacht, immer noch zitternd am Bauwagen stand. „Es ist notwendig, daß du gehorchst“, sagte er zu Krossner, dessen Blick angsterfüllt zwischen den Wölfen und dem Fremden hin und her huschte. Mit einer jähen, raschen Bewegung versetzte er dem Vorarbeiter eine so schallende Ohrfeige, daß Krossners Kopf hin und her pendelte. Josef zuckte unwillkürlich zusammen. Krossners Nase fing an zu bluten, und bestimmt war ihm von dem Schlag das Trommelfell geplatzt. Willi sprang erneut auf, doch als die Wölfe knurrten und einer von ihnen nach Willis Bein schnappte, setzte er sich rasch wieder hin. Der Fremde zeigte auf das kahle, braune Band der Autobahntrasse, das sich kilometerweit durch die Landschaft erstreckte. „Ist dir nicht klar, daß die Erde Schmerzen leidet, wenn ihr solche Furchen durch ihre Haut zieht?“ fragte er.
    Krossner wischte sich mit der freien Hand die blutende Nase. „Wir tun doch bloß unsere Arbeit“, sagte er. Seine Stimme klang weinerlich wie bei einem kleinen Jungen, der von einem strengen Lehrer ertappt wurde. Der Fremde hob beide Hände und legte sie Krossner in einer Geste, die zunächst beinahe zärtlich aussah, auf die Wangen. Aber jäh krümmten sich seine Finger zu Klauen, und er riß die Hände abrupt nach unten. Krossner schrie laut auf. Vier tiefe Kratzwunden, die sofort stark zu bluten begannen, hatten die Finger des Fremden ihm in jede Wange gegraben. Krossner ließ das Handy fallen und versuchte nach dem anderen Mann zu schlagen, ihn wegzustoßen, doch der wich Krossners Armen gewandt und mühelos aus. Krossner schlug die Hände vor sein blutendes, zerkratztes Gesicht.
    Der Fremde hob das Handy auf und hielt es Krossner hin. „Spürst du nun, wie schmerzhaft Furchen auf der Haut sind?“ fragte er. Krossner nickte wortlos. „Erkennst du also deine Schuld?“ „Ja, verdammt!“ ächzte Krossner, dem das Blut von Nase und Wangen auf den Kragen seines Arbeitshemdes tropfte. „Geben Sie mir endlich das Handy! Ich rufe Lohmann an.“
    Josefs Blick glitt zu Carlo, der sich vor Schmerzen krümmte. Ein großer, roter Fleck breitete sich von seiner Schulter immer weiter über die rechte Seite seines Hemdes aus. Die Hand, mit der er seine Schulter umklammerte, war blutüberströmt. „Carlo braucht einen Arzt“, sagte Josef, zaghaft und furchtsam, aber doch vernehmlich. Der Fremde drehte den Kopf. Zum ersten Mal schaute er Josef an, schaute ihm voll ins Gesicht. Diese Augen! Sie hatten etwas Tierisches, es war der Blick eines wilden Tieres, der Josef traf wie ein körperlich fühlbarer Schlag. „Vor allem braucht sein Herz Heilung“, sagte er. „Er muß wieder lernen zu fühlen.“
    Krossner nahm das Handy und begann mit zitternden Fingern eine Nummer einzutippen.

    Horst Lohmann parkte den Range Rover vor dem neuen Firmensitz der Tiefbau-Union, einem breit und flach im neuen Buchfelder Gewerbegebiet kauernden zweistöckigen Gebäude, und ging zum Büro des alten Thönnes. Der Alte saß hinter einem riesigen Mahagonischreibtisch und rauchte eine Zigarre. Seit seinem Herzinfarkt und der Bypassoperation durfte er das eigentlich gar nicht mehr. „Hat‘s dir der Arzt nicht verboten?“ fragte Lohmann fast schon gewohnheitsgemäß, wußte aber schon im gleichen Moment, daß es sinnlos war.
    Thönnes winkte ab. „Was hab ich denn noch vom Leben, wenn ich mir nicht mal mehr ein Zigärrchen schmecken

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