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Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe

Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe

Titel: Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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lassen darf?“ Er zeigte auf die Wanduhr in Form eines Zementsilos, Geschenk eines Geschäftspartners. Fast zehn Uhr. „Du kommst spät“, brummte er. „Hab zu Hause schon am Schreibtisch gesessen“, sagte Lohmann.
    Thönnes grinste. „Hast mein Töchterchen gefickt, gib‘s ruhig zu.“
    Lohmann erwiderte das Grinsen, sagte aber nichts. Er und Karola hatten es auf dem lila Teppich im Badezimmer getrieben. Nie konnte sie genug kriegen. Lohmann warf einen kurzen Blick auf die große Wandkarte, auf der die Trasse der neuen Autobahn und all die anderen Aktivitäten der Tiefbau-Union in der Region leuchtendrot hervorstachen. Der Anblick erfüllte ihn mit tiefer Befriedigung. Thönnes waren schon vor dem Herzinfarkt die Ideen ausgegangen, aber Lohmann hatte dafür gesorgt, daß sich die Firma bei einigen äußerst vielversprechenden Projekten engagierte. Heute hatten sie in so vielen Dingen die Finger drin, daß auch ruhig mal ein Projekt in die Hose gehen konnte, ohne daß sie sich deswegen gleich Sorgen machen mußten. Flughafenausbauten, die neue Schnellbahntrasse durch den Westerwald, Einkaufszentren und Industriegebiete auf der grünen Wiese, überall mischte die Tiefbau-Union fleißig mit. Auch beim Aufbau Ost hatten sie abgesahnt und von Mecklenburg bis Sachsen eine Menge Beton in die Landschaft gekippt. Zudem zahlte es sich jetzt aus, daß Thönnes damals mit Kiesgruben angefangen hatte. Darin ließ sich, gegen gutes Geld, eine Menge versenken: legal Erdaushub und Bauschutt, illegal auch Deponiemüll und Schlacke aus Müllverbrennungsanlagen. Die Aufsichtsbehörden drückten dabei gerne beide Augen zu, weil sie sowieso nicht wußten, wohin mit dem ganzen Scheiß. Die Eifelautobahn stellte für sie ein echtes Heimspiel dar. Wohl deshalb war sie ein Lieblingskind des Alten, für das er zwanzig Jahre lang seine Parteifreunde bearbeitet und großzügig beschenkt hatte. Er erwartete von Lohmann, daß er diesem Kind besonders aufmerksame Pflege zukommen ließ. Aber das tat Lohmann sowieso, denn die Autobahn war, wie viele öffentliche, aus Steuergeldern finanzierte Projekte, eine wahre Goldgrube. Außerdem liebte Lohmann den Straßenbau, besonders den Autobahnbau, was ein Grund mehr war, sich diesmal höchstpersönlich um alles zu kümmern, nicht mehr als nötig zu delegieren.
    Die Trasse für eine sechsspurige Autobahn durch das Land zu treiben, bedeutete ein unvergleichliches Machtgefühl. Nachhaltiger konnte man einer Landschaft wohl kaum ein neues Gesicht aufprägen. Für Lohmann gab es keinen besseren Beweis, daß der Mensch wirklich die Natur beherrschte. Schon bald würden dort, wo die Eifel bislang träge und verschlafen vor sich hin dämmerte, Vierzigtonner-LKWs vorbeidonnern und schnittige Mercedes, BMWs und Audis mit zweihundert Sachen zwischen Aachen und Köln auf der einen und Koblenz und Trier auf der anderen Seite hin und her brausen. Wie hatte es Henn im Wahlkampf so schön formuliert? Mit Schwung ins nächste Jahrtausend.
    Im Moment befand sich die Baustelle wirklich direkt vor ihrer Haustür. Bis zum gegenwärtigen Kopf der Trasse brauchte Lohmann vom Büro aus nur gut zehn Minuten. Sehr praktisch. Du meine Fresse, was hatten die Grünen wegen der Buchen einen Zirkus veranstaltet. Die Trasse um Buchfelder Staatsforst und Itzwald herumführen? Zum Glück hatten sie sich mit diesem Schwachsinn nicht durchgesetzt. Das wäre so viel teurer geworden, daß das ganze Projekt dadurch in Frage gestellt worden wäre. Aber auf unsere Freunde in der Politik ist ja Verlaß, dachte Lohmann zufrieden.
    „Schöne Sauerei, das mit Honadel letzte Nacht“, sagte Thönnes. Der Alte, ein gebürtiger Buchfelder, hatte seinen schweren Eifeler Zungenschlag nie abgelegt, während Lohmann, der von der anderen Seite des Rheins stammte, von der „schäl Sick“, aus Bonn-Beuel, in der Öffentlichkeit sein Hochdeutsch pflegte. Immerhin waren sie keine kleinen Kiesgrubenbesitzer mehr, sondern spielten schon lange in der Oberliga.
    „Ich frage mich, wer ein Interesse daran gehabt haben könnte, ihn umzubringen“, sagte Lohmann kühl. Honadel war eine ziemlich teure Investition für sie gewesen, und dementsprechend jetzt ein ärgerlicher Verlust. Sie hatten ihm den Bürgermeisterwahlkampf finanziert und den größten Teil seines hübschen Häuschens. Große Pläne hatten sie mit ihm gehabt: Er sollte Henns Bundestagsmandat erben, wenn der sich aufs Altenteil zurückzog.
    „Unser Oberstaatsanwalt, der Winterscheid, hat

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