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Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe

Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe

Titel: Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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ständige Drohung im Nakken saß, taten sie kaum jdas Allernötigste. Gewissenhafte, fleißige Leute wie der fromme und naive Josef waren die absolute Ausnahme.
    Lohmann stoppte neben dem Kipper. Es war immer noch kein Mensch zu sehen. Verdammt, wo waren sie denn alle? Die Raupen standen untätig herum. Irgend etwas stimmte hier nicht. Er spürte ein Kribbeln im Nacken, einen ganz leisen, schwachen Impuls, nicht auszusteigen, zu wenden, schnell wegzufahren. Doch er war ein Mann, der zarte Impulse und Regungen seit Jahren bewußt ignorierte. Solche Dinge ernst zu nehmen, konnte er sich in seinem lauten, brutalen Geschäft nicht leisten. Und es war seine Baustelle, hier bestimmte er, was geschah, niemand sonst.
    Er gab eine Art Grunzen von sich und stieg aus. Langsam ging er ein Stück auf den Bauwagen zu. „Krossner?“ rief er. „Was ist los? Ist hier niemand?“ Keine Antwort. Es war sehr still. Dann hörte er ein leises Winseln, offenbar von einem Hund, der sich hier irgendwo herumtrieb. Lohmann schaute sich um, sah aber niemanden, keine Arbeiter und keinen Hund. Die Sonne war warm, Hitze flimmerte über dem Blechdach des Bauwagens. „Krossner! Scheiße, wo sind Sie? Was soll denn das?“ Hatten sie sich im Bauwagen versammelt? Aber wozu denn? Dort drinnen war es doch viel zu warm. Und wieso reagierte Krossner nicht? Er ging noch ein Stück auf den Bauwagen zu. Die Männer mußten hier irgendwo sein.
    Plötzlich sah er eine Bewegung. Jemand trat aus dem Schatten des Bauwagens in die Sonne, ein großer, rothaariger, unrasierter Mann mit verschmutzter, zerknitterter Kleidung. Lohmann blieb stehen. Der Mann ging langsam ein paar Schritte auf ihn zu.
    „Was tun Sie hier?“ fragte Lohmann unsicher. „Wo sind meine Leute?“
    „Meine Freunde kümmern sich um sie“, sagte der Mann ruhig. „Was tun Sie hier?“ Lohmann gefiel der Ton nicht, in dem die Frage gestellt wurde.
    „Ich bin der Chef“, sagte er. „Ich leite die Bauarbeiten.“ „Ja“, sagte der Mann, „Sie sind verantwortlich.“ In der Art, wie er dieses Wort aussprach, lag eine Drohung. Seine Stimme klang eisig. Lohmann straffte sich abwehrbereit. Er stellte sich breitbeinig hin und stemmte die Hände in die Hüften. Wer waren die Freunde, von denen der Mann gesprochen hatte? Und wo, zum Teufel, steckten die Arbeiter? Lohmann betrachtete den Mann genauer. Dieses Gesicht...
    „Ich habe viele Freunde“, sagte der Mann, als hätte er Lohmanns Gedanken erraten. „Bei den Vierbeinern, den Geflügelten, auch bei den großen jahrhundertealten Schweigenden, die wehrlos ertragen müssen, wie ihr sie in Minutenschnelle entwurzelt und tötet.“ Das Gesicht... Jetzt erinnerte sich Lohmann, woher er den Mann kannte. Das war dieser Bekannte von Professor Schlei. Der Wissenschaftler. Im vorigen Jahr auf Henns Gartenfest hatte er sich längere Zeit mit ihm unterhalten. Er arbeitete in Köln, im selben Institut wie Schlei. „Dr. Gablenz“, sagte Lohmann und entspannte sich, für einen Moment erleichtert.
    Aber wieso trieb Gablenz sich hier auf der Baustelle herum, unrasiert und ganz verdreckt? Hatte er sich verirrt oder einen Unfall gehabt? Der Mann war ja Jäger wie Schlei und Henn. Lohmann erinnerte sich, wie ihm Gablenz damals von der Jagd erzählt hatte, besonders von der Wolfsjagd in Kanada. Aber was er sich nun zusammenredete von Vierbeinern und Geflügel - vielleicht hatte er einen Schock erlitten...
    „Richtig, der Zweibeiner trug diesen Namen“, sagte Gablenz. „Die Leidenschaft für die Jagd, für das Töten war die letzte Emotion, die sein herzloser Intellekt duldete. So erlosch seine Seele immer mehr und war schon fast völlig erkaltet. Er war nur noch eine lebende Leiche. Ohne Herz.“
    Mein Gott, er redete von sich selbst wie von einer anderen Person. Dieser starre, stechende Blick. Und wie er beim Sprechen mit dem Kopf wackelte. Unheimlich. Gablenz machte noch einen Schritt auf ihn zu. Etwas in Lohmann wollte sich umdrehen und davonlaufen, aber er beherrschte sich und blieb weiter breitbeinig stehen, die Hände auf den Hüften.
    Plötzlich hörte er Krossners Stimme, irgendwo hinter dem Bauwagen, laut und schrill: „Chef! Vorsicht! Er ist verrückt und gefährlich!“ Ein lautes Knurren ertönte, Krossner stieß einen gellenden Schmerzensschrei aus und wimmerte dann leise vor sich hin.
    Für eine Sekunde hatte Lohmann den Kopf gedreht, doch fast im selben Moment nahm er aus den Augenwinkeln vor sich eine schnelle Bewegung wahr. Er schaute

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