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Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe

Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe

Titel: Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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aber sehr tief und häßlich aus. Josef schluckte, um die in ihm aufsteigende Übelkeit zu unterdrücken. Er säuberte sie so gut es ging, wobei Carlo mit zusammengebissenen Zähnen vor sich hin stöhnte. Dann legte er einen provisorischen Verband an. „Das muß genäht werden“, sagte er. „Möglichst bald.“
    „Später“, entgegnete der Fremde.
    Später. Immerhin schien er nicht vorzuhaben, sie von den Wölfen in Stücke reißen zu lassen. Als er Krossner das Gesicht zerkratzt hatte, hatte Josef für einen Moment gedacht, er werde sie alle töten. Aber was hatte er vor?
    „Da kommt Freddy“, zischte Krossner leise. Josef hörte den LKW jetzt auch. Er rumpelte auf der Trasse heran, die leere Kippmulde schepperte. Weder den Fremden noch die Wölfe schien das heranratternde vierachsige Ungetüm sonderlich zu beunruhigen. Die Wölfe hoben die Köpfe und betrachteten eher neugierig als furchtsam den gelben LKW der mit seiner großen Kippmulde, seinem hochgesetzten Luftfilter, der riesigen Windschutzscheibe und den mächtigen Rädern wie ein riesenhaftes Insekt wirkte.
    Der Fremde pfiff leise. Josef sah zwei Wölfe schnell wie silbergraue Blitze hinter dem Bauwagen verschwinden und in Richtung Wald davonjagen. Was hatte das zu bedeuten?
    Vielleicht zehn Meter vor ihnen stoppte der Lastwagen mit zischender Bremse. Josef konnte Freddys erstauntes, verwirrtes Gesicht hinter dem Lenkrad sehen. Für einen kurzen Moment durchzuckte ihn Hoffnung: Wenn Freddy geistesgegenwärtig reagierte, würde er vielleicht dicht an sie heranrollen, den Motor laut aufheulen lassen, ein Hupkonzert veranstalten, so daß die Wölfe doch noch in Panik gerieten und flohen...
    Oder wenigstens wenden und Hilfe holen fahren. Aber Freddy war kein sehr reaktionsschneller Mensch. O nein, er würde doch nicht aussteigen! Josef sah Krossner und ein paar andere heftig abwinken, aber da kletterte Freddy, dieser Idiot, auch schon aus dem Fahrerhaus. Er machte zögernd ein paar Schritte auf sie zu. „He, Leute!“ rief er. ‚ „Was ist das denn für ´ne Versammlung? All diese Hunde...“
    „ Wölfe “, sagte der Fremde, der von dem Bierkasten aufgestanden war, plötzlich sehr laut und drohend.
    Jetzt erst schien Freddy zu begreifen, daß das hier alles andere als eine gemütliche Skatrunde war. Mit erschrockenem Gesicht ging er langsam rückwärts zu seinem Lastwagen.
    Doch dort, gleich unter der offenen Fahrertür, stand ein Wolf und knurrte böse. Freddy wirbelte herum. Der zweite Wolf schlich mit gesenktem Kopf um das Fahrerhaus herum genau auf ihn zu. Diese intelligenten Bestien hatten einen Haken geschlagen, waren hinüber zum Wald gelaufen, um sich dann dem LKW von hinten zu nähern. Der Fremde sagte: „Komm her und leiste den anderen Zweibeinern, deinen“ - er zögerte einen Moment, als müsse er mühsam nach dem richtigen Wort suchen -“ Kollegen , Gesellschaft.“
    Freddy stand unschlüssig vor dem Lastwagen, bis die beiden Wölfe drohend die Zähne fletschten und der eine sogar nach Freddys Beinen schnappte, so daß dem LKW-Fahrer gar nichts anderes übrigblieb, als langsam zu den anderen zu gehen, von den Wölfen regelrecht vorwärts gedrängt. Er war ein kräftiger Mann, aber gegen zwei ausgewachsene, sichtlich kampfbereite Wölfe hätte er keine Chance gehabt. Es sah fast so aus, als würden die Wölfe ihn festnehmen . Josef schüttelte angesichts dieses verrückten Gedankens unwillkürlich den Kopf. Vielleicht sollte ich nicht so hart über Freddy urteilen, dachte er. Vermutlich wäre ich auch ausgestiegen, hätte die Situation ebenso falsch eingeschätzt. Ein riesiges Wolfsrudel, das hier in der friedlichen Eifel einen Bautrupp belagert - wer soll bei einem solchen Anblick seinen Augen trauen?
    Freddy setzte sich zu den anderen in den Kreis. „Scheiße, wäre ich bloß im LKW geblieben“, murmelte er, während er sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn wischte. „Was ist denn hier eigentlich los?“
    „Ich bin hier, um euch eure Schuld zu zeigen und euch an eure Pflichten zu erinnern“, sagte der Fremde. „Schau dir diese Verwüstung an, die ihr mit euren Maschinen anrichtet. Dein Herz ist kalt und dein Geist matt, Freddy. Deine Ohren sind verstopft. Sonst könntest du die Schmerzensschreie deiner Pflanzen- und Tiergeschwister hören. Die Zweibeiner sind vermutlich die begriffsstutzigsten Geschöpfe überhaupt. Ihr müßt verstehen und umkehren. Eure Zeit wird knapp.“
    „Woher weiß er meinen Namen?“

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