Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe
draußen drang bis hierher vor. „Professor Schlei? Guten Tag. Roloff hier. Kommen Sie bitte zur Besprechung? Staatssekretär Bernauer und General Enderle sind da.“ Dem Klang seiner Stimme war deutlich anzumerken, daß ihn diese Höflichkeit einige Mühe kostete. „Ah, da kommt auch Kriminaldirektor Kettler.“
Kettler, diesmal mit Jackett, begrüßte die anderen Anwesenden mit einem knappen Kopfnicken und setzte sich neben den General. Sein breites Gesicht wirkte mißmutig.
„Wie ist die Lage in der Eifel?“ fragte Bernauer. „Ich meine, haben Sie Gablenz und das Rudel nach dem Überfall endlich aufspüren können?“
„Wie stellen Sie sich das vor?“ fragte Kettler gereizt. „Bisher haben wir dort zwölf Leute ohne Hubschrauber, weil Dr. Roloff ja kein Aufsehen wollte. Und“ - er schaute auf die Uhr - „seit die Bauarbeiter den Angriff und den Mord gemeldet haben, sind noch keine zwei Stunden vergangen.“
Bernauer schüttelte den Kopf. „Das wird dem Minister aber gar nicht gefallen.“
„Kettler hat recht“, sagte General Enderle mit rauher Stimme. „Das Gelände dort mit dem vielen Wald ist extrem unübersichtlich. Um es effektiv durchzukämmen, brauchen Sie eine Hubschrauberstaffel und mindestens eine Hundertschaft, besser zwei.“ „Und dann haben wir das Fernsehen auf dem Hals“, stöhnte Bernauer. „Auf eine Hundertschaft Soldaten oder Polizisten kommt mindestens eine Hundertschaft Sensationsreporter!“
„Unsere Verschleierungstaktik wird sowieso nicht mehr lange funktionieren“, sagte Kettler. „Zu viele Leute haben inzwischen ...“Er blickte auf.
Bleich, zittrig und schwitzend betrat Schlei den Konferenzraum und setzte sich wortlos, ohne die anderen anzusehen, ein paar Stühle von ihnen entfernt an den gläsernen Tisch. Kettler fuhrt fort: „... inzwischen Gablenz und das Rudel gesehen. Die Leute in der Straße, wo dieser Bürgermeister getötet wurde. Die Bauarbeiter.“
„Aber die Version, daß es sich um einen geistesgestörten Ökoterroristen handelt, der mit auf Menschen abgerichteten Hunden Angst verbreitet, klingt halbwegs plausibel. Und die Medien dürften mit dieser Story zufrieden sein“, sagte Bernauer. „Alles andere wird man doch sehr schnell ins Reich der Phantasie verweisen, beziehungsweise den überreizten Nerven einiger Augenzeugen zuschreiben.“
General Enderle wandte sich an Kettler. „Wie schätzen Sie das Risiko bezüglich des Gartenfestes heute abend ein? „Wie mir mitgeteilt wurde, hat der Bundestagsabgeordnete Henn verstärkten Objektschutz beantragt und will das Fest auf jeden Fall durchführen.“
Kettler hob die Hände. „Nun, da unsere durchgedrehte Laborratte“ - Schlei stöhnte auf, und Bernauer verzog das Gesicht, während Roloff und der General keine Regung zeigten - „offenbar gegen die Autobahn in den Krieg zieht, warum auch immer, wäre ein Überfall auf Henns Fest natürlich eine hübsche Krönung seiner Aktivitäten.“ Der General wiegte bedächtig den Kopf. „Ich bezweifle, daß sich das Fest effektiv sichern läßt. Wölfe bewegen sich schnell und sind schwer zu treffen, und wir haben es immerhin mit neunzehn Tieren zu tun. Nein, wir sollten heute nachmittag mit einem Großaufgebot anrücken und das Gelände breit durchkämmen, bis die Wölfe und Gablenz eliminiert sind. Soll Henn sein Fest besser um ein paar Tage verschieben.“
„Der Minister hat durchblicken lassen, daß er es ebenfalls bevorzugen würde, wenn Gablenz eliminiert würde. Dann läßt sich die Version mit dem geistesgestörten Ökoterroristen sehr viel leichter aufrechterhalten.“ Bernauer putzte seine Brille, während er das sagte.
„Ausgeschlossen.“ Roloffs Stimme klang sehr ruhig und kühl. Die anderen schauten ihn an. „Meine Herren, ich muß Sie doch wohl nicht daran erinnern, daß es sich hier um ein Forschungsprojekt unseres Konzerns handelt. Wir haben in Gablenz und seine Arbeit eine Menge Geld investiert. Ich bin unter keinen Umständen bereit, das Megatoninprojekt abzubrechen. Wir müssen herausfinden, welche Nebenwirkung des Megatonins Gablenz zu diesem irrationalen Verhalten veranlaßt, um diese Nebenwirkung dann effektiv ausschalten zu können. Es muß sich um einen ähnlichen Effekt handeln, wie er bei dem bedauernswerten Scholl aufgetreten ist.“ Er warf Kettler einen Seitenblick zu. „Was ist übrigens mit der Wendland?“
„Um die kümmere ich mich“, sagte Kettler.
„Gut. Immerhin verläuft das Experiment partiell
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