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Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe

Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe

Titel: Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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hatte sie Karola besuchen wollen, die aber verreist gewesen war. Er hatte ihr damals schroff die Tür gewiesen, beziehungsweise sie ihr heftig vor der Nase zugeknallt. „ Du !“ stieß er hervor. „Ich habe gehört, daß du wieder in der Gegend bist! Warum bist du zurückgekommen? Was willst du hier?“
    „Ich bin in meine Heimat zurückgekehrt“, sagte Chris.
    „Um Unruhe zu stiften mit deinen Verrücktheiten! Du hast einen schlechten Einfluß auf andere Leute. Halt dich bloß von Karola fern!“ Sein Gesicht wurde noch röter. „Ich hatte schon gehofft du ... du wärst in Kanada von den Wölfen gefressen worden!“
    „Na, Herr Thönnes, ich muß doch sehr bitten“, sagte Jonas.
    Doch Thönnes schien sich in einen regelrechten Wutanfall hineinzusteigern. Chris hatte nicht erwartet, daß ihr bloßer Anblick immer noch genügte, ihn derartig in Rage zu bringen. Sie bereute es bereits, nicht im Wagen sitzen geblieben zu sein. „Du und diese ganzen ... Naturspinner. Ihr macht uns normalen Menschen das Leben zur Hölle! Dieser Unsinn, den du Karola damals in den Kopf gesetzt hast - daß ich mit meiner Arbeit die Erde verletze. Schwachsinn ! Die Erde ist doch nicht lebendig. Sie ist bloß ein großer Haufen Kies, der nutzlos herumliegt, bis wir etwas damit anfangen! Was haben die Umweltschützer für einen Zirkus gemacht, wegen der paar Buchen, die hier gefällt werden! Na und?“
    Er schrie es beinahe. Seine Wangen färbten sich violett. „Herr Thönnes ...“, sagte Biggi beschwichtigend. „Nein, nein, nein! Wenn ich einen Baum sehe, dann sehe ich die Festmeter Holz, die er mir bringt. Dann sehe ich Tische und Schränke und Dachstühle. Die Natur ist dazu da, daß wir etwas damit anfangen, daß wir es uns hier so bequem wie möglich einrichten! Da brauche ich kein schlechtes Gewissen zu haben deswegen. In der Natur siegt immer der Stärkere. Und weil wir die Stärkeren sind, haben wir das Recht, mit der Natur zu machen, was wir wollen! Ich habe das Recht ...“Er hustete plötzlich und schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen. Dann faßte er sich ans Herz. Sein Gewehr fiel auf den Boden. Er schwankte. Jonas und Biggi stützten ihn.
    „Er muß sich hinsetzen“, sagte Jonas. „Am besten dort in den Schatten.“ Während sie ihn zu dem Bauwagen führten, murmelte Thönnes weiter vor sich hin. „Ich habe was aus dem Land hier gemacht! Ich habe es nicht einfach herumliegen lassen, sondern Geld herausgeholt und Menschen Arbeit und Brot gegeben. Die Leute sollten mir dankbar sein. Etwas aus dem Land zu machen, ist doch kein Verbrechen!“
    „Nein, natürlich nicht“, sagte Jonas mit sanfter, beruhigender Stimme. Sie setzten ihn am Bauwagen in den Schatten, so daß er sich mit dem Rücken anlehnen konnte. Biggi knöpfte ihm das Hemd auf, Jonas ging eilig zum Opel hinüber.
    Chris stand da und fühlte sich wie ein begossener Pudel. Wäre ich doch im Auto sitzen geblieben, dachte sie. Ich konnte doch nicht ahnen, daß er herzkrank ist und daß er sich so aufregt. Wie sie ihn dort schwer atmend am Bauwagen sitzen sah, angstvoll die Hände auf sein Herz gepreßt, tat er ihr plötzlich leid. Er war alt und krank, und das Leben, das er geführt hatte, hatte ihn nicht glücklich gemacht. Ihr fiel das Handauflegen ein, das Silver Bear ihr gezeigt hatte. Es war eine gute Methode für Notfälle. Man strich mit den Händen über den Körperteil, wo ein Kranker Schmerzen hatte, in ein paar Zentimetern Abstand, ohne die Haut zu berühren. Dabei stellte man sich vor, daß so eine Art freundlicher Wärme durch die Hände strömte, wie Sonnenlicht. Die meisten Menschen spürten diese Wärme und empfanden zumindest eine gewisse Linderung ihrer Beschwerden. Gewiß würde ihn das nicht heilen, aber vielleicht konnte sie ihm wenigstens etwas von seiner Angst nehmen, bis der Notarzt eintraf, den Jonas wohl gerade verständigte.
    Sie ging zu Thönnes und sagte sanft: „Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen ein wenig die Hände auflegen, bis der Arzt kommt. Das wird Ihre Schmerzen lindern, und Sie können wieder freier atmen.“
    Er starrte sie an wie ein Gespenst. „Bleib mir bloß vom Leib!“ stieß er hervor. „Du ... du ... Hexe !“ „Gehen Sie lieber“, sagte Biggi. „Ich fürchte, Sie regen ihn nur unnötig auf.“
    Chris spürte, wie ihr Tränen in die Augen schossen. Sie lief zum Wagen zurück, hockte sich auf den Beifahrersitz und vergrub das Gesicht in den Händen. Eine schöne Heilerin bin ich, dachte

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