Wendland & Adrian 02 - Die Krypta
hohen Zaun erstreckte sich ein riesiger Park mit mächtigen Bäumen. Bei dieser Größe musste es sich um eine öffentliche Anlage handeln und Chris fragte sich, wieso das Tor dann verschlossen war. Zu ihrem Erstaunen stoppte Heike unmittelbar vor dem Tor, drückte auf eine Taste und die dicken, geschmiedeten Stäbe glitten ferngesteuert zur Seite. »Wir sind da«, sagte sie leise und wirkte dabei, als sei der Reichtum, der sich hinter dem Tor verbarg, ihr etwas peinlich.
»Irre!«, stieß Chris hervor. »Das ist alles deins ... ich meine, es gehört euch?«
»Mir gehört eigentlich nichts davon«, sagte Heike. »Es ist der Vandenberg-Park, und da vorn ist die Vandenberg-Villa.«
Zwischen den Bäumen tauchte ein Haus von eindrucksvollen Dimensionen auf, fast ein Schloss. Der Baustil schien Chris ungewöhnlich. Es sah aus, als hätte der Architekt sich nicht entscheiden können, ob er eine gotische Kirche oder eine Gründerzeitvilla bauen wollte. Über dem Eingangsportal befanden sich nebeneinander drei große, von gotischen Säulen getragene Fensterrosetten. Darüber ragten zwei Türme empor, deren Spitzen aus filigran wirkendem, kunstvoll durchbrochenem Mauerwerk bestanden.
»Ein ganz schön verrücktes Haus«, sagte Chris verwundert.
»Rolands Urgroßvater, Wilhelm Vandenberg, hat es gebaut.«
Fasziniert betrachtete Chris die Rosetten, deren zahllose farbige Glasscheiben in der Sonne schimmerten. »Die müssen ja drinnen ein wunderbares Licht erzeugen«, sagte sie.
Heike parkte den Volvo neben einem großen, gepflegten Rosengarten.
»Komm«, sagte sie, »ich zeig dir dein Hexenhäuschen. Lass uns erst mal dorthin gehen. Die Räume in der Villa sind so groß und repräsentativ, dass man sich ein bisschen winzig und erschlagen vorkommt.«
Sie gingen unter den Bäumen. Ahriman sauste ein Stück voraus, kam dann immer wieder zurückgerannt und schaute sie hechelnd an.
»Das Einzige, was ich an Städten mag, sind die Parks«, sagte Chris. »Wegen der großen Bäume.«
Heike lächelte. »Hier im Vandenberg-Park gibt es ein paar besonders schöne.«
Chris blickte umher. Da waren prachtvolle Linden, Rosskastanien und ein in Blüte stehender Silberahorn. »Schau, die Nadelbäume! Die kenne ich aus Kanada. Sie wachsen in Britisch-Kolumbien. Die zwei da sind wunderbare Riesentannen und das ist eine Gelbkiefer.«
Im hinteren Teil des Parks, von der Straße durch eine hohe Mauer abgeschirmt, stand ein kleines Fachwerkhaus. Es war von Haselnusssträuchern und Obstbäumen umgeben und hatte einen großen, allerdings arg verwilderten Küchengarten.
»Seit der Gärtner mit seiner Familie nach Brühl gezogen ist, kümmert sich niemand mehr um den Garten«, sagte Heike. »Ich habe es mir schon ein paar Mal vorgenommen, aber dann doch wieder gelassen. So geht es mir öfter: Ich nehme mir was vor und mache es dann nicht.«
»Na ja, jetzt hast du ja deinen Falken«, sagte Chris.
»Roland hat es innen renovieren und als Gästehaus herrichten lassen.« Heike schüttelte den Kopf. »Dabei haben wir schon in der Villa mehr als genug Gästezimmer. Und Besuch haben wir in letzter Zeit sowieso selten.«
»Wie kommt's?«, fragte Chris.
»Roland arbeitet so viel, ist ständig unterwegs. Und mich besucht eigentlich nur mein esoterisches Kaffeekränzchen. Die wohnen alle hier in Köln und bleiben nicht über Nacht.«
Heike wirkte unsicher. »Weißt du was, ich gehe mal rüber in die Villa. Hier ist der Schlüssel. Schau dir das Häuschen in Ruhe an. Wenn's dir gefallt, kannst du bleiben ... so lange du willst.«
Chris nahm den Schlüssel und seufzte. »Es ist wirklich nur für ein paar Tage. Bis ich in der Eifel was anderes gefunden habe.« Wobei sie sich allerdings fragte, wie sie das von hier aus bewerkstelligen sollte. Vielleicht konnte sie sich Susannes Wagen ausleihen. »Trotzdem vielen Dank.«
Heike strich sich durchs Haar. Sie ist wirklich sehr schüchtern, dachte Chris. »Nachher kannst du ja rüberkommen«, sagte Heike rasch, »dann führe ich dich herum und wir trinken Tee.«
Chris schob die Unterlippe vor. Heike lächelte. »Natürlich gibt's auch Kuchen.«
»Ah, das ist gut«, sagte Chris und zeigte auf ihren Bauch. »Ich habe nämlich wieder mal Hunger.«
Als Susanne das Polizeipräsidium verließ, war es erst halb vier. Wann hatte sie das letzte Mal so früh Feierabend gemacht? Nach dem Gespräch mit Antweiler hatte sie kurz ihren Schreibtisch aufgeräumt, sich Kopien von allen den Propstmord und den Einsturz
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