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Wendland & Adrian 03 - Nachtauge

Wendland & Adrian 03 - Nachtauge

Titel: Wendland & Adrian 03 - Nachtauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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Fitzgerald!«
    Sie wollte gerade zu einer herzzerreißenden Version von »Nobody Knows the Trouble I’ve Seen« ansetzen, als Jonas den Pfad vom Jagdhaus herunterkam, mit einem Rucksack.
    »Hi, ihr zwei Grazien«, sagte er. Chris untersuchte neugierig den Rucksack. »Ich wette, du hast schon eine Weile im Gebüsch gehockt und uns beobachtet«, stichelte sie dabei und zwinkerte Susanne gleichzeitig zu.
    »Klar«, sagte Jonas ungerührt und setzte das wölfische Grinsen auf, das Chris besonders gern mochte, »alle Männer sind Spanner. Die meisten geben’s nur nicht zu.«
    »Wow!« Der Rucksack enthielt zwei Flaschen Apfel-Mango-Saft aus dem Bioladen, den Chris besonders gern mochte, ihre beiden übrig gebliebenen Vossen-Teilchen, Äpfel und frische Weintrauben. Sie gab Jonas einen Kuss.
    Er zog sich aus und sagte dabei, fast beiläufig: »Susanne – Chris hat mir vorhin von dem Toten in der Raffinerie erzählt. Letzte Nacht hat’s dort wieder jemanden erwischt. Diesmal den Leiter des Werkschutzes, einen gewissen Krupka. Kam eben im WDR-Radio.«
    Chris merkte, wie Susanne sich sofort anspannte. Männer, dachte Chris – lieb, aber manchmal furchtbar unsensibel! Hätte er Susanne damit nicht noch bis zum Abend verschonen können?
    »Krupka? Scheiße! Kenne ich’. Den hab ich selbst vernommen. Haben sie was darüber gesagt, wie er gestorben ist?«
    Jonas schüttelte den Kopf. »Der Reporter mutmaßte, dass er wie der erste Tote von einem Raubtier angefallen worden sein könnte. Von diesem geheimnisvollen Raubtier fehlt aber, wie er sagte, nach wie vor jede Spur. Sehr merkwürdig, das Ganze – nicht wahr?«
    Er ging ins Wasser, wobei Chris ihn ziemlich lustvoll musterte, und schwamm mit kräftigen Zügen hinaus in den See.
    »Es geht mich nichts an«, sagte Susanne. »Jedenfalls nicht jetzt. Ich habe frei.«
    »Genau! Denk einfach nicht mehr dran.« Chris bot ihr Weintrauben an. Aber sie spürte, dass Susannes Freizeitstimmung verflogen war. Man sah ihr an, wie es hinter ihrer Stirn arbeitete, sie über die beiden mysteriösen Todesfälle nachgrübelte.
    Auch Jonas entstieg dem kalten Wasser wieder und Mister Brown, der ihm nachgesprungen war, schüttelte sich einen ganzen Gartenteich aus dem Fell. Chris bot Susanne und Jonas von den Teilchen an. Zu ihrer Erleichterung lehnten sie beide ab, sodass sie sie allein aufessen konnte. Bald danach wurde sie unruhig. Der Wald rief. Sie zog sich an. »Ich verschwinde mal für zwei Stunden«, sagte sie. »Eine Runde drehen. Zum Abendessen bin ich zurück. Okay?«
    »Klar.« Susanne lächelte.
    Chris kraulte Mister Brown den Hals. »Du bleibst hier und passt auf Susanne auf. Dass die Kobolde sie nicht klauen!«
    Daraufhin blieb er brav sitzen, wie es sich für einen gut erzogenen Medizinhund gehörte. Zufrieden stapfte Chris davon. Eine angenehme Eigenschaft von Susanne und von Jonas war, dass sie nicht beleidigt reagierten, wenn Chris sich zwischendurch in jene Einsamkeit absetzte, die für eine Schamanin unverzichtbar war. Früher, vor ihrer Trennung, hatte Jonas damit Probleme gehabt, doch seit seiner Rückkehr nicht mehr. Er hatte dazugelernt.
    Wie gut der Wald roch! Zwei Rehe standen dicht neben dem Weg, blickten sie aus träumerischen Augen an, ohne zu fliehen. Tiere flohen nur selten vor ihr, das war schon in ihrer Kindheit so gewesen. Chris ging in gemächlichem Tempo, aber doch energischen Schrittes bergauf. Okay, wochenlang durch die kanadische Wildnis wandern könnte ich wahrscheinlich nicht mehr, dachte sie, aber eigentlich bin ich noch ganz gut bei Puste, auch wenn ich schneller ins Schwitzen komme und ziemlich langsam geworden bin. Aber für die ausgedehnten, oft zwei- bis dreistündigen täglichen Rundgänge in ihrem Wald reichte es allemal und sie kletterte sogar auf Hochsitze – natürlich nur auf neue und stabile.
    Dass sie damals bei den Vandenbergs in Köln Günter Scheeven kennen gelernt hatte, erschien ihr immer noch als ein Wunder, und zwar ein wirklich erstaunliches, selbst für ihr an wundersamen Ereignissen nicht gerade armes Leben. Nach dem Rausschmiss beim Eifelwildpark und nachdem sie von Jonas schnöde verlassen worden war, hatte sie bei Heike und Roland Vandenberg in deren riesiger Villa gehockt. Zwar waren die Vandenbergs sehr nett zu ihr gewesen, aber Chris hatte sich trotzdem heimatlos gefühlt und war sicher gewesen, es in der lauten, hektischen Großstadt nicht mehr lange aushalten zu können.
    Zudem war Chris der Rummel um ihre Person

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