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Wendland & Adrian 03 - Nachtauge

Wendland & Adrian 03 - Nachtauge

Titel: Wendland & Adrian 03 - Nachtauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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ohne langes Überlegen. »Klar. Hauptsache, wir schaffen es, irgendwie Licht ins Dunkel zu bringen. Es wäre doch schrecklich, wenn noch mehr Menschen sterben müssen!«
    So, wie er es sagte, klang es eigenartig vorausdeutend und Susanne überlief unwillkürlich ein Schauer. Sie blickte hinüber zur Raffinerie. Verbarg sich jetzt im Moment der schwarze Jaguar irgendwo dort und wartete auf die Nacht?
    Mario begleitete sie zur Tür, sichtlich bemüht locker zu wirken und sich gegenüber Hedwig, die aus der Küche gekommen war, nichts anmerken zu lassen.
    »Danke, dass Sie mir helfen«, sagte er.
    Susanne nickte ihm aufmunternd zu und ging. Draußen auf der Straße steuerte sie nicht sofort auf ihren Wagen zu, sondern bog nach rechts in die Seitenstraße ein. Feltens Grundstück wurde von einer Mauer mit aufgesetztem schmiedeeisernen Zaun begrenzt. Für eine junge, bewegliche Frau stellte dies kein großes Hindernis dar. Bei einer alten, dicken kamen Susanne da schon eher Zweifel. Sie schaute kurz nach links und nach rechts. Als sie keine neugierigen Passanten entdeckte, stieg sie auf die Mauer und schwang sich über den Zaun. Die hohen Haselnusssträucher dahinter boten zum Haus hin eine gute Deckung. Susanne schob die Zweige zur Seite und betrat den Rasen. Sie ging in die Hocke und untersuchte den Boden. Doch in dem dichten, weichen Gras blieben keine Fußspuren zurück. Sie richtete sich wieder auf und ließ einen Moment wachsam den Blick schweifen.
    Dann entdeckte sie etwas. Der große Balkon des Hauses wurde von schwarz lackierten T-Trägern abgestützt, was seinerzeit offenbar der letzte architektonische Schrei gewesen war. An dem Träger, der sich fast genau unter Marios Balkontür befand, gab es einen großen Haken, an dem zur Zeit der früheren, möglicherweise etwas gartenliebenderen Bewohner vielleicht einmal eine Blumenampel gehangen hatte. Jetzt baumelte dort etwas Kleines, Schimmerndes.
    Susanne ging rasch über den Rasen, um es aus der Nähe zu betrachten. Es handelte sich um einen kleinen, klaren, rund geschliffenen Bergkristall, eingelassen in eine Fassung aus silbernem Metall, an der eine braune Lederschnur befestigt war. Sie drehte das Schmuckstück herum. Auf der Rückseite des Metalls waren kleine, wie Piktogramme aussehende Schriftzeichen eingraviert.
    Susanne starrte einen Moment verwundert darauf, dann nahm sie den Anhänger von dem Haken ab und ließ ihn in ihre Jackentasche gleiten. Mit großen Schritten ging sie zum Zaun und schwang sich geschmeidig wie eine langbeinige Gepardin hinunter auf die Straße. Auf dem Weg zum Auto zog sie das Handy aus der Tasche und tippte Chris’ Nummer ein.

5. KAPITEL
    Chris hantierte in der Küche herum, wobei in ihrem Gettoblaster auf der Anrichte die David-Gray-CD in ziemlicher Lautstärke orgelte. Auf dem Küchentisch lag ein aufgeschlagenes Wild-Kochbuch. Chris betrachtete die Vorschläge auf den Wildschweinseiten, während sie gleichzeitig Möhren für einen Gemüseauflauf schabte, der als Abendessen vorgesehen war. Chris aß gern Fleisch und Fisch, konnte aber auch lange Zeit ausschließlich von Gemüse und Getreide existieren. Gemüse liebte sie in fast allen Variationen und beim Getreide hatte es ihr neben Vollreis und Buchweizen (der ja eigentlich gar kein Getreide war) in letzter Zeit besonders die Hirse angetan, sodass sie mit allen möglichen Hirsebreien, -aufläufen und Hirsottos herumexperimentierte. Sie fand, dass Hirse ein wunderbar wohliges, zufriedenes Bauchgefühl erzeugte.
    Jonas, der soeben vom Dienst zurückgekommen war, steckte den Kopf in die Küche. Er bewegte die Lippen, aber Chris konnte über die laute Musik hinweg nicht sofort verstehen, was er sagte. Sie griff hinter sich und schaltete den Blaster ab.
    »... Susanne. Sie will dich dringend sprechen.« Er hielt ihr das Telefon hin. Ärgerlich an diesem neuen schnurlosen Gerät war, dass Chris nie wusste, wo im Haus sie es abgelegt hatte. Aber diesmal hätte sie es ohnehin nicht gehört, selbst wenn es in der Küche gelegen hätte.
    »Was hältst du von Wildschwein süß, mit Hirsebrei und Pflaumen?«, fragte Chris. »Wär mal was anderes.«
    Jonas hob die Brauen. »Du mit deiner Hirse! Aber – okay, warum nicht?«
    Chris wandte ihre Aufmerksamkeit Susanne am Telefon zu, deren Bericht etwas verworren und aufgeregt klang.
    »Na, dann wird der Junge wohl das zweite Gesicht haben, so wie ich«, meinte Chris, nachdem sie Susannes Ausführungen eine Weile gelauscht hatte. »Das Ganze

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