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Wendland & Adrian 03 - Nachtauge

Wendland & Adrian 03 - Nachtauge

Titel: Wendland & Adrian 03 - Nachtauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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das Angeln diente im Grunde dieser Leidenschaft: Dabei traf er sich mit einem Klübchen anderer Männer, die so wie er gern laut über Gott und die Welt nachdachten. Dass sie dabei auch noch Fische fingen, die hinterher aufgegessen werden konnten, war ein angenehmer Nebeneffekt.
    Von diesen Angeltouren kehrte Jonas stets entspannt und bester Laune zurück. Wenn eine Frau Probleme mit ihrem Lebensabschnittsgefährten hatte, gab Chris gern den Tipp: Schick ihn Angeln!
    Chris hatte nicht immer Lust mitzuphilosophieren. War das der Fall, merkte Jonas es glücklicherweise rasch und ließ sie in Ruhe. Heute war sie aber in Stimmung, ihr Kopf ganz voll mit den Rätseln, die Susanne am Telefon vor ihr ausgebreitet hatte.
    »Das Leben ist ein großes Geheimnis, stimmt’s?«, sagte sie ins Blaue hinein. »Rätsel reiht sich an Rätsel.« Dann erzählte sie Jonas von Mario und dessen Träumen.
    »Vielleicht muss man gar nicht immer nach Antworten suchen«, meinte Jonas versonnen. »Vielleicht kommt es einfach auf die Erfahrung an, auf das, was geschieht, so, wie es eben geschieht.«
    »Und zu dem, was geschieht, gehört es auch dazu, dass Leute verrückte Träume haben, so wie ich oder dieser Mario.« Chris seufzte. »Und doch suchen wir immer nach Gesetzmäßigkeiten, nach Antworten, die uns das Gefühl geben, dass die Dinge klar und geordnet, auf berechenbare Weise geschehen. Die ganze Biologie, so, wie ich sie an der Uni studiert habe, beruht letztlich darauf, dass wir uns bemühen in der Natur Gesetze zu entdecken, die immer und überall gelten und für den Verstand klar erfassbar sind. Aber welche Gesetze liegen hellsichtigen Träumen oder dem Phänomen der Synchronizität zugrunde?«
    »Der Begriff Synchronizität ist in den Esoterikbüchern häufig aufgetaucht, die ich damals gewälzt habe, als ich dachte, es sei für immer aus zwischen uns«, sagte Jonas. »Für mich ist er daher etwas sentimental und melancholisch eingefärbt, einfach wegen der Stimmung, in der ich mich damals befunden habe. Was dich betraf, schien ich aus dieser großen allumfassenden Synchronizität herausgefallen zu sein. Bis ich begriff, dass sie nichts ist, was zu mir kommt, wenn ich darum bitte, sondern etwas, das immer da ist, sodass es allein von mir selbst abhängt, ob ich mich für sie öffne. Gesendet wird immer und es liegt bei mir, mein Radio richtig auf Empfang zu justieren, beziehungsweise zunächst einmal, es überhaupt einzuschalten.«
    »Aber meine Träume schalte ich doch gar nicht bewusst ein«, wandte Chris ein. »Sie kommen einfach, wenn ich nachts schlafe. Und sie kommen ungebeten. Ich möchte nicht träumen, wie Leute von wilden Tieren massakriert werden. Und doch hatte ich diesen Traum.«
    Jonas schwieg einen Moment nachdenklich, dann sagte er: »Vielleicht gibt es einen Bereich, wo der Empfang klar und eindeutig, die Botschaften unmissverständlich sind. Und eine ... Grauzone, wo Botschaften verzerrt oder unvollständig durchkommen, von starkem Rauschen überlagert. Vielleicht ist alles, was du tun kannst, deinen Empfänger möglichst gut zu justieren.«
    Chris zog die Nase kraus. »Auweia. Da ist bei mir aber noch eine Menge Justierarbeit nötig.«
    Jonas klopfte ihr aufmunternd auf den Unterarm. »Du bist aber doch noch jung. Wie alt war Silver Bear, als du ihn kennen gelernt hast?«
    »Fast achtzig.«
    »Siehst du? Soweit ich das als Laie beurteilen kann, leistest du auf dem Gebiet des Schamanismus doch jetzt schon Erstaunliches. Ich wette, mit dreißig war Silver Bear noch nicht so weit wie du heute! Dass du dich noch steigern und weiter dazulernen kannst, ist doch toll. Stell dir vor, du wüsstest bereits alles, was es als Schamanin zu lernen und zu wissen gibt – wäre das nicht furchtbar langweilig?«
    Chris warf ihm einen zärtlichen Blick zu. »Tut gut, so was ab und zu gesagt zu bekommen.«
    »Vielleicht ändern sich die Regeln ja auch.« Jonas sprach mit seiner leichten, lustvollen Philosophenstimme. »Während meines esoterischen Lesetrips habe ich, ganz grob gesagt, zwei Richtungen festgestellt: Die eine Richtung behauptet, dass alles von Anfang an genau festgelegt war und also vorherbestimmt ist – vom lieben Gott oder von wem auch immer. Demnach passiert einfach das, was passieren muss. Alles, was wir tun können, ist, möglichst elegant die uns vorherbestimmte Bahn zu ziehen. Wenn Probleme auftauchen, ist das ein Zeichen dafür, dass wir von der Bahn abkommen und sich deshalb der Reibungswiderstand erhöht,

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