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Wendland & Adrian 03 - Nachtauge

Wendland & Adrian 03 - Nachtauge

Titel: Wendland & Adrian 03 - Nachtauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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die junge Frau unbeeindruckt. »Wir sind ...« Jetzt folgten zwei fremde Worte. Das erste klang wie Balam , das zweite phonetisch völlig fremd. Balam? Oder hatte sie Balsam gesagt?
    »Und was haben Sie mit Mario zu schaffen?«, fragte Jonas.
    »Darauf sind wir Ihnen keine Antwort schuldig.« Ihr Auftreten wirkte kühl und arrogant und der Situation- schließlich hatte er sie als Eindringlinge auf einem Privatgrundstück gestellt und richtete eine Pistole auf sie – völlig unangemessen. Hinter ihr sagte die alte Frau, die ihren Singsang wiederum unterbrochen hatte, ein paar Worte, die noch fremdartiger klangen als Balam.
    Offenbar agierte die junge Frau als Dolmetscherin. »Da Sie keine böse Absicht verfolgen und Sympathie für Nachtauge empfinden, werden wir Ihnen nichts tun.«
    In diesem Moment tauchte einer der beiden Männer ganz unvermittelt in Jonas’ Gesichtsfeld auf. Dicht neben ihm. Wie war das möglich? Jonas hatte aus den Augenwinkeln die ganze Zeit die Sträucher beobachtet und ihn dennoch nicht kommen sehen.
    Mitten auf der Stirn trug der Mann an einem breiten Band eine Art Brosche, in der ein großer, heller Edelstein oder Kristall funkelte. Er grinste, wobei er ein Gebiss entblößte, in dem etliche Goldzähne schimmerten. »Dream, my friend«, sagte er in gebrochenem, schleppenden Englisch.
    Jonas wollte herumwirbeln, die Pistole auf ihn richten, doch seine Reflexe schienen viel zu langsam abzulaufen, wie in Zeitlupe. Der Fremde streckte die Hand aus und berührte mit Daumen und Zeigefinger Jonas’ Stirn. Etwas wie ein elektrischer Schlag zuckte ihm durch den Kopf.
    Die Umgebung verschwand.
    Da war der Waldsee, ein wunderschöner warmer Sommertag. Chris tauchte aus dem Wasser auf, rund und üppig und wunderschön. Sie winkte lachend. »Nun, komm schon!«, rief sie.
    Wie aus tiefem Wasser kämpfte sich Jonas an die Oberfläche seines Bewusstseins zurück. Er schlug die Augen auf und merkte, dass er im matten Straßenlaternenlicht auf dem Rasen lag. Allein. Von den Fremden war nichts mehr zu sehen. Benommen rappelte er sich auf. Seine Pistole lag neben ihm im Gras. Langsam ging er zum Zaun zurück und fühlte sich dabei, als hätte er einiges über den Durst getrunken.
    Dort merkte er, dass er sich ein gutes Stück von der Stelle entfernt befand, wo er den Hund angebunden hatte. Er stieg immer noch recht wackelig über den Zaun, ging zum Hund und band ihn los.
    Mister Brown begrüßte Jonas schwanzwedelnd und rieb seinen Kopf an seinem Hosenbein. Jonas schaute auf die Uhr. Die ganze Begegnung mit den Fremden, die ihm immer stärker wie ein bizarrer Traum erschien, hatte offenbar nur wenige Minuten gedauert.
    Jonas’ Gang festigte sich wieder. Vor dem Haus klopfte er den beiden Polizisten, die rauchend in ihrem Vectra saßen, aufs Dach. »Abend, Kollegen.« Den einen der beiden kannte er aus seiner Kölner Zeit vom Sehen.
    »Na, so was, der Kommissar Jonas. Wie läuft’s denn in der Eifel?«
    »Kann nicht klagen.«
    »Dienstlich hier?«
    Jonas grinste. »Bin jetzt bei der Hundestaffel. Nein, im Ernst: Ich helfe Susanne Wendland ein bisschen.«
    »Zusammen mit Ihrer pummeligen Freundin, die damals ...«
    Jonas seufzte. »Die mit dem Dom, genau. Sagt mal, habt ihr hier eben irgendwelche Leute gesehen? Einen Wagen wegfahren vielleicht?«
    »Nee. Alles ruhig.«
    »Gut. Weitermachen, Kollegen.« Er klopfte ihnen noch mal aufs Dach und ging verwirrt zum Haus zurück. Hatte er das alles nur geträumt? Nein, sagte er sich, unmöglich. Der Hund hat die Gestalten ja auch bemerkt. Sein Kopf fühlte sich noch immer an wie mit Watte voll gestopft.
    Ich brauche einen Kaffee, dachte Jonas und rieb sich die Stirn. Einen starken Kaffee.

    Intuitiv hatte Chris sich dazu entschieden, diesmal einen anderen Weg auszuprobieren. Je entspannter Mario war, desto größere Chancen bestanden, die schwarze Wand in seiner Psyche vielleicht doch zu überwinden und wenigstens einen kurzen Blick in die Welt dahinter zu werfen. Ohnehin mussten seine aufgewühlten Gefühle nach dem Gespräch mit Jonas erst wieder zur Ruhe kommen, ehe an eine Trancereise überhaupt zu denken war.
    Daher entschied sie sich, ihm eines der Entspannungslieder vorzusingen, die Silver Bear ihr beigebracht hatte. Wer ihr dabei zuhörte, mochte glauben, dass sie einfach nur bedeutungslose Klangfolgen intonierte, frei improvisierend. Dem war aber keineswegs so. »Den Sinn dieser Lieder kannst du nur intuitiv erspüren. Er lässt sich nicht mit Worten

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