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Wendland & Adrian 03 - Nachtauge

Wendland & Adrian 03 - Nachtauge

Titel: Wendland & Adrian 03 - Nachtauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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Sekretärin. Und nach ein paar Stunden, die mir wie eine Ewigkeit vorkamen, wurde ich von einer Nonne abgeholt, die mich in dieses scheußliche Heim brachte ...«
    Der Notar wirkte ungeduldig. »Gestatten Sie, dass ich weiterlese?«
    Mario setzte sich wieder und schwieg.
    »Tula sei vor zwei Jahren an Tuberkulose gestorben. Seitdem habe er, dein Onkel, sich um dich gekümmert, doch das Leben draußen im Dschungel werde immer härter und schwieriger. Er habe genug andere Probleme und jetzt solle ich als dein Vater mich gefälligst deiner annehmen, wie es meine verdammte Pflicht sei. Ich war wütend. Ich bereitete gerade meinen nächsten Karrieresprung vor – von Mittelamerika zurück nach Europa – und ein Kind war nun wirklich das Letzte, was ich gebrauchen konnte. Instinktiv spürte ich, dass du mein Sohn bist. Irgendwie erkannte ich es am Gesicht und an den Augen, auch wenn wir uns heute ja äußerlich kaum ähneln. Trotzdem forderte ich von ihm einen Beweis, den er auch sofort erbrachte: Erhob dich hoch, entblößte dein Hinterteil und zeigte mir den großen Leberfleck auf deiner rechten Pobacke ...«
    »Ja!«, sagte Mario. »Den habe ich heute noch!«
    »... den ich von den Fotos her kannte. Dann ließ er dich einfach ohne ein weiteres Wort in meinem Büro sitzen und ging. Und, Mario, das Einzige, woran ich damals dachte, war, wie ich dich so schnell wie möglich wieder loswerden konnte. Das Kinderheim der Barmherzigen Schwestern fiel mir ein, das von unserer Niederlassung gelegentlich mit einer Geldspende unterstützt wurde. Ich rief dort an und noch am selben Tag holte eine Nonne dich ab. Ich war froh dich los zu sein. So war es leider. Ich glaube, ich habe dich noch nicht einmal richtig angesehen. In den folgenden Jahren überwies ich regelmäßig für dich die Heimkosten, ohne auch nur ein einziges Mal nach dir zu schauen, obwohl ich mehrfach von Europa aus geschäftlich nach Mittelamerika reisen
musste ...«
    »Dann hat er mir das also eingebrockt!«, rief Mario erregt. »Er hat mich sieben Jahre lang bei diesen widerlichen Nonnen versauern lassen!«
    »... Ich hatte nur meine sich prächtig entwickelnde Karriere im Kopf und was die Frauen anging, stand mir nicht der Sinn danach, eine Familie zu gründen, die dir ein Heim hätte bieten können. Ich bevorzugte kurze, folgenlose Affären. Und wenn ich ehrlich bin, ist dies mein ganzes bisheriges Leben hindurch so geblieben.« Dr. Jachzig pausierte einen Moment, räusperte sich und trank etwas Wasser.
    Chris warf Susanne einen Seitenblick zu. Ihre Freundin wirkte ruhig und aufmerksam, zeigte ihren Falkenblick, dem nichts entging. Wenn Feltens Eingeständnis sie betroffen machte, merkte man ihr das jedenfalls nicht an. Was ein Glück, dass sie sich nicht mit ihm eingelassen hat, dachte Chris.
    Der Notar las weiter: ›Kurz vor deinem zwölften Geburtstag erhielt ich von der Oberin des Heimes einen bösen Brief, in dem sie mich aufforderte dich unverzüglich von dort wegzuholen. Du seiest ein sehr renitenter Junge, der nicht gehorche und nichts als Ärger mache. Und du hättest einen schlechten Einfluss auf die anderen Heimkinder ...«
    »Daran waren diese Nonnen doch selbst schuld!«, stieß Mario hervor. »So, wie sie uns behandelt haben!«
    »Daraufhin« , las der Notar weiter vor, »beschloss ich dich nach Deutschland zu holen. Ich wollte dir die Möglichkeit einer ausgezeichneten Ausbildung bieten, um wenigstens etwas Wiedergutmachung zu leisten für deine tristen Jahre davor. Die Eberhards genießen seit jeher mein volles Vertrauen und ich entschied, dass sie deine weitere Erziehung übernehmen sollten, wofür ich ihnen ein, wie ich fand, sehr angemessenes Honorar zahlte.« Dr. Jachzig trank noch einen Schluck Wasser. »Glauben Sie mir, es fällt mir nicht leicht, das vorzulesen. Es ist ... Ich bin Familienvater, wissen Sie ...«
    »Es ist ... disgusting, scheußlich«, sagte Williams, der Engländer. »So etwas hätte ich von Mister Felten nicht gedacht. Man kann doch nicht alles mit Geld regeln!«
    »Nun lesen Sie schon weiter!«, forderte Mario ungeduldig.
    » Du wirst sicher zugeben, dass die Eberhards dich immer sehr anständig behandelt haben. Und wir schickten dich auf eine der besten und teuersten Privatschulen Deutschlands. Vermutlich wirst du dich fragen, warum ich mich auch weiterhin nicht zu meiner Vaterschaft bekannte und mich hinter der Rolle des netten Onkel Arne versteckte. Ich gebe zu, dass dies vor allem berufliche Gründe hatte. Ich

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