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Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman

Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman

Titel: Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Reinker
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alle Mal vorbei.
    Energisch füge ich all den tapferen Beschlüssen der letzten Zeit einen weiteren hinzu: Ich werde Benno endlich vergessen und mich an meinem wiedergefundenen Eheglück mit dem getreuen Thomas erfreuen bis ans Ende meiner Tage. Jawohl, das werde ich.

6
    N ach einer so üblen Diagnose wie Krebs setzen sich sofort alle Hebel in Bewegung. Kaum schrillt der Katastrophenalarm, da bringt einen auch schon eine Ambulanz mit Blaulicht ins Krankenhaus, mit deutscher Präzision und Schnelligkeit werden sämtliche Gefahrenherde umgehend entschärft, und ehe man überhaupt Zeit hat, sich ernsthaft den Kopf zu zerbrechen, ist das Schlimmste auch schon überstanden.
    So habe ich mir das vorgestellt. Und so ist es auch. Jedenfalls in der Schwarzwaldklinik. Das weiß ich genau; ich habe das dortige Ärzteteam schließlich jahrelang am Bildschirm begleiten dürfen.
    Doch überall dort, wo Sascha Hehn sich nicht persönlich um den zeitnahen Einsatz von Tupfer und Skalpell kümmern kann, liegen gut und gerne drei Wochen zwischen Diagnose und Operation. Zumindest bei so »minder schweren Fällen« wie mir.
    Mein Frauenarzt hat mir fürsorglich eine beruhigend große Packung Beruhigungsmittel verschrieben. Außerdem hat er für mich einen Besprechungstermin bei einem Chirurgen vereinbart. »Dr. Braunau ist in München der Spezialist für plastische Chirurgie. Er nimmt zwar nur Privatpatienten, aber wenn Sie sich das leisten können, sollten Sie sich von ihm operieren lassen.«
    Beim Meidner hatte ich bisher keine Gelegenheit, es zu nennenswertem Reichtum zu bringen. Aber wenn’s um die Gesundheit geht, darf man nicht am falschen Ende sparen. Also mache ich mich auf den Weg zu einer Audienz bei Dr. Braunau. Seine Bogenhausener Marmorresidenz steht in beeindruckendem Kontrast zu den verschrammelten Praxen, in denen ich sonst verkehre. Da kann ich seine sagenhaften Honorarvorstellungen gut nachvollziehen. Von irgendwas will die ganze Pracht ja bezahlt sein.
    Ein feiner Mann und offenbar eine Koryphäe auf seinem Gebiet, wie ich seinen wortreichen Ausführungen entnehme. Sanft gewiegt von seinem väterlichen Ärztesingsang, habe ich das Gefühl, meinen Retter vor mir zu haben. Endlich!
    Doch dann lässt er beiläufig ein paar Bilder missratener Operationsnarben über seinen Computerbildschirm flimmern. Wohl um mir anzudeuten, was mir bei jedem anderen Arzt so alles widerfahren könnte.
    Eine ausgesprochen feinfühlige Marketingaktion. Sie bringt mich trotz aller Angst um mich selbst so auf die Palme, dass ich ihm um ein Haar meine großkalibrige Handtasche mitten in sein selbstgefälliges Grinsen semmele.
    Als ich Thomas am Abend von meiner Beinahe-Handgreiflichkeit berichte, ist er nicht sonderlich überrascht.
    »Statistisch gesehen liegst du mit diesem Bedürfnis voll innerhalb der Norm, Engel«, erklärt er mir liebevoll. »Immerhin wurde jeder sechste Internist schon einmal von einem Patienten verprügelt.«
    Da wird die erste Statistik über tätliche Auseinandersetzungen mit geldgierigen Chirurgen sicher nicht lange auf sich warten lassen.
    v v v
    Ähnlich denkwürdig verläuft mein Termin für die »zweite Meinung«, den meine Mutter tatsächlich über den Neffen einer Freundin einer Ex-Kollegin für mich organisiert hat. Erst sitze ich zwei Stunden in einer von diesen Krankenhaus-Wartezonen herum, über die mal jemand einen Bildband veröffentlichen sollte.
    Oder vielleicht lieber nicht. Zur Hebung der Stimmung und zur Stärkung der Selbstheilungskräfte tragen solche Räumlichkeiten jedenfalls nur in beschränktem Umfang bei.
    Als ich endlich drankomme, muss ich noch mal eine Extraportion Geduld nachschieben, denn der Piepser des Arztes piepst pausenlos. Alles dringende Fälle offenbar.
    Dringende Fälle von privaten Abendverabredungen, wie ich dann mitbekomme, als er mit ärztlicher Gründlichkeit über zur Auswahl stehende Restaurants und Theatervorführungen debattiert. Als Patientin freut man sich da wirklich sehr über Arbeitsethos und Einfühlungsvermögen der nachwachsenden Medizinergeneration.
    Vielleicht machen die Ärzte das alles absichtlich. Um die Kranken davon abzuhalten, im Selbstmitleid zu versinken, und stattdessen gesunde Wut in ihnen zu schüren. Oder so. Jedenfalls wirft dieser Herr Doktor obendrein so reichlich mit medizinischen Fachausdrücken um sich, dass ich seine »zweite Meinung« gerade mal ansatzweise verstehe.
    Kurz erwäge ich, mit vollem Körpereinsatz den Grundstein für eine

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