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Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman

Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman

Titel: Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Reinker
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Also wird erst tragisch geguckt und dann erzählt, was das medizinische Gruselkabinett alles hergibt: »Meine Oma hatte ja auch Krebs«, »Der Kollege meines Mannes, also den hat’s ja damals richtig hart erwischt«, »Du, mein Onkel liegt auch gerade im Krankenhaus«.
    Manchmal gehen solche Geschichten gut aus, so nach dem Motto: Es sah zappenduster aus, sein Arzt hat ihm keine drei Monate mehr gegeben – und stell dir vor, das ist jetzt zehn Jahre her, und der Sowieso, der lebt immer noch und ist putzmunter.
    Im Idealfall erfährt man sogar, warum die Geschichte so gut ausgegangen ist: revolutionäre Behandlungsmethode ausprobiert, Mistelkur gemacht, Jakobsweg entlanggepilgert, jahrelang nur Geißblatttee getrunken.
    Unglücklicherweise kriegt man aber auch Geschichten ohne Happy End zu hören, à la »Mein Schäferhund hatte auch Krebs, der ist dann leider dran gestorben, tja«. Da kann man dann dabei zugucken, wie selbst Leute wie ich, die sich eigentlich schon wieder wohlauf fühlen, in null Komma nix doch noch leichenblass werden.
    Auf solche Storys kann ich prima verzichten. Übrigens genauso wie auf diese ganzen typischen Besserwisserkommentare von »Hättest du dich nur besser ernährt« bis »Hättest du dich nur mehr um dein Karma gekümmert«.
    Doch selbst wenn man die Ohren noch so konsequent auf Durchzug stellt – irgendwas von solchen Kommentaren bleibt immer hängen. Also raffe ich mich kurz vor dem Trip an den Gardasee dazu auf, sicherheitshalber meine Selbstheilungskräfte auf Trab zu bringen. Mit einem Termin beim Heilpraktiker und einem Schnupperkurs in transzendentaler Meditation.
    v v v
    Das mit der Meditation habe ich dann gleich wieder aufgegeben. Im Lotussitz »Ich bin ruhig. Ich bin ganz ruhig und entspannt« zu murmeln ist nicht so mein Ding.
    Schon allein deshalb, weil ich dadurch immer hibbeliger werde. Es ist mir ein Rätsel, wie das mit der Entspannung überhaupt funktionieren soll, wenn einem nach fünf Minuten immer mindestens ein Bein einschläft und Räucherstäbchenschwaden zu nervösen Nasenzuckungen führen.
    Überhaupt: Zum Entspannen brauche ich eigentlich gar keinen Meditationskurs. Das kann ich zu Hause beim Plätzchenbacken auch ganz hervorragend. Und es steht nirgends geschrieben, dass man nur in der Weihnachtszeit Kekse backen darf. Dann schon lieber Backwahn als Bhagwan.
    Als ich das meinem Meditationslehrer erklärte, reagierte er überaus freundlich und gelassen. Muss am jahrelangen Zen-Training liegen. Oder an der Tatsache, dass die Kursgebühr nicht zurückerstattet wird.
    Jedenfalls war die Schnupperstunde bei ihm wesentlich angenehmer als der Termin bei der Heilpraktikerin einige Tage zuvor.
    Frau Dr. Ücker-Waldhausen schlug mir diverse Maßnahmen zur Stärkung meines Immunsystems vor. »Wir sollten zunächst unbedingt eine psychoenergetische Aura-Messung vornehmen, damit ich mir ein Bild von Ihrem emotionalen Zustand machen kann«, sagte sie und wirkte sehr kompetent. »Im Anschluss rate ich auf alle Fälle zu Darmsanierung und Ozonblutwäsche – eine gründliche Körperentgiftung ist bei Ihrer Krankengeschichte absolut unverzichtbar. Danach regelmäßig Ginkgo-Infusionen und eine Regenerationskur nach den fünf Elementen. Zusätzlich ein paar Vitalpilze – und Sie werden sehen, Sie werden sich fühlen wie neugeboren!«
    Das klang alles sehr vielversprechend. Allerdings leider auch recht kostenintensiv.
    Als ich Frau Dr. Ücker-Waldhausen gestand, dass meine Finanzen es mir wahrscheinlich nicht erlauben würden, bei ihr mehr auszuprobieren als Schüßler-Salze und die heilende Kraft der Küchenkräuter, gefror ihr gütiges Lächeln und machte einem ausgesprochen besorgten Gesichtsausdruck Platz. »Ich möchte Sie nicht beunruhigen. Aber Sie leiden an einer potenziell lebensbedrohlichen Krankheit. Als Kassenpatientin sind Sie da so gut wie verraten und verkauft. Aber Sie müssen natürlich selbst wissen, was Ihnen Ihre Gesundheit wert ist.«
    Die Erinnerung an die Marmorpraxis von Dr. Braunau stieg in mir hoch. Ich hätte es ja nicht gedacht, aber er wird sich den großen Preis für besonders ausgeprägte Geschäftstüchtigkeit im Umgang mit Krebspatienten wohl doch teilen müssen. Mit Frau Dr. Ücker-Waldhausen.
    Ich verkündete ihr, dass ich soeben beschlossen hätte, meine prekäre Gesundheit voll und ganz dem Bergkristall meiner lieben Freundin Martina anzuvertrauen, und verließ hoch erhobenen Hauptes die Stätte ihres Wirkens.
    v v v
    »Was haltet ihr

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