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Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman

Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman

Titel: Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Reinker
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kommt mir eine unter uns Mitarbeitern böse belästerte Angewohnheit unseres verehrten Herrn Geschäftsführers in den Sinn: Er beansprucht grundsätzlich alle Weihnachtsgeschenke von Lieferanten und Kunden an die Meidner Fair & Event Design GmbH für sich persönlich.
    Und zwar selbst dann, wenn sie ausdrücklich für einzelne Kollegen oder für alle bestimmt sind.
    Champagner, teure Rotweine, Zwiesel-Gläser, Delikatesskörbe, Markenkugelschreiber und sonstige Beutestücke packt er in große Taschen und schafft sie umgehend zu sich nach Hause. Natürlich nicht, ohne uns mit großer Geste die eine oder andere Schachtel Billigpralinen weiterzureichen, die auch immer irgendjemand der Firma verehrt.
    »Du meinst …?«
    »Klar meine ich!«, feixt Renate. »Es wäre zwar keine von diesen Millionenbetrügereien, die es bis in die Tagesschau schaffen. Aber Ferdi würde es trotzdem nicht gefallen. Welcher Firmeninhaber stellt schon gerne fest, dass er seinem Geschäftsführer unfreiwillig schicke Geschenke gemacht hat?«
    »Immer langsam«, versuche ich sie einzubremsen. »Vielleicht ist das Teil ja nur aus Versehen bei ihm gelandet. Er hat es provisorisch in den Keller gestellt und dann vergessen. Du weißt doch, wie er ist.«
    »Eben. Deshalb bin ich mir ziemlich sicher, dass unser Joe inzwischen daheim Bild und Ton in allerhöchster Qualität genießt.«
    »Ja und?«, frage ich resigniert. Mein Interesse an dieser Geschichte ist schon wieder erloschen. Selbst wenn Renate recht hat, hilft uns das kein bisschen weiter. Denn falls wir den Meidner darauf ansprechen, wird er sich kaum von jetzt auf gleich in einen Traumchef verwandeln, uns Gehaltserhöhungen spendieren und die Arbeitszeit auf 35 Stunden reduzieren, nur weil er Angst hat, dass wir sein kleines Geheimnis an Ferdi verraten. Wahrscheinlicher ist, dass er sich ganz einfach rausredet. Und uns postwendend feuert.
    »Man weiß nie, wozu so was mal gut sein kann«, erwi dert Renate. »Wenn der Meidner sich das nächste Mal krank meldet, um seinen Vorabendkater auszukurieren, werde ich jedenfalls ausnahmsweise keinen Fahrradkurier bestellen, sondern ihm seine Post selber vorbeibringen. Mal sehn, vielleicht lädt er mich ja auf ein Tässchen Kaffee ein, und ich kann mich ein bisschen umschauen.«
    Vor meinem geistigen Auge sehe ich Renate, wie sie James-Bond-mäßig Joes Villa nach Beweisstücken durchsucht, während er in der Küche an der Espressomaschine zugange ist.
    Oh nein! Was ist das? Er schleicht ihr hinterher und will sie mit einem Nylonstrumpf erwürgen, als sie gerade die Bang & Olufsen-Anlage fotografiert!
    »Sandra-Schätzchen, so entsetzt, wie du gerade guckst, guckst du entschieden zu viele Krimis. Ich will doch kein Drogenkartell ausforschen, sondern nur unserem Zwerg Nase ein bisschen auf den Zahn fühlen. Und das find ich voll gerechtfertigt, so wie der uns immer schikaniert. Ich meine, wir machen da zwar alle immer brav eine Faust in der Tasche. Aber wer sich nicht irgendwann wehrt, der lebt verkehrt!«
    Wow, welch ein Schlusswort! Bewundernd schaue ich Renate an und wünsche mir, wenigstens einmal im Leben genauso klare Vorstellungen zu haben wie sie. Und sie genauso entschlossen zu verfolgen.
    v v v
    Sandra Heller! Wenn du wirklich noch was fürs Leben dazulernen willst, reicht es nicht, kluge Bücher zu kaufen. Du musst sie schon auch lesen!
    Mein innerer Staatsanwalt schimpft lauthals weiter, aber ich schalte die Ohren auf Durchzug. Das Leben ist schwer genug, auch ohne die Stimme des Gewissens, die einem ständig predigt, was man zu tun hat und was zu lassen.
    Mal ganz abgesehen davon stimmt es gar nicht, dass ich das Große Anti-Stress-Buch für Frauen gekauft und ins Regal gestellt habe. Ich habe die ersten Kapitel genau gelesen, ehrlich.
    Okay, ich habe sie überflogen. Zu mehr habe ich mich dann doch nicht aufraffen können. Weil ich nämlich sofort gemerkt habe, dass mich dieses Buch nicht etwa beruhigt, sondern nur noch mehr in Wallung bringt.
    Ich meine, wer unter Stress leidet, leidet schließlich darunter, dass er keine einzige freie Minute hat. Wann, bitte schön, soll ich da die Zeit finden, mich in die Geheimnisse asiatischer Gelassenheit zu vertiefen und täglich ein Stündchen zu meditieren, um störende Gedanken loszulassen? Vielleicht zwischen vier und sechs in der Früh, mit anschließenden Tai-Chi-Übungen im Englischen Garten zur Begrüßung des neuen Tages? – Neinneinnein, völlig ausgeschlossen.
    Und ungesund obendrein.

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