Weniger arbeiten, mehr leben
Ihren Plänen schnell ein Ende bereiten kann. Die Sache ist eigentlich recht simpel: Fast jeder kommt irgendwann einmal an den Punkt, wo er oder sie – aus den unterschiedlichsten Gründen – die Brocken hinschmeißen möchte. Viele Menschen neigen in solchen Fällen allerdings dazu, abzuwarten oder den unangenehmen Zustand, wenn auch widerstrebend, zu akzeptieren. Und was die Sache noch schlimmer macht: Sie schieben äußere Faktoren als Ausrede für ihre persönliche Lethargie vor, anstatt zuzugeben, dass es in Wahrheit innere Widerstände sind, die sie an einer Änderung hindern.
Gerade im Berufsleben ist die Leidensfähigkeit vieler Menschen beklagenswert stark ausgeprägt. Dieselben Menschen, die keine Mühen scheuen, wenn es darum geht, eine Urlaubsreise zu reklamieren, weil das Wasser im Hotel-Pool nicht die richtige Temperatur hatte, schlagen sich lieber jahrelang mit einem cholerischen Chef herum oder leiden Qualen, weil ihre Talente nicht gefördert werden, anstatt aktiv eine berufliche Veränderung herbeizuführen. Nach einer Umfrage des Emnid-Instituts aus dem Jahr 2002 unter 100 Personalberatern sind drei Viertel aller potenziellen Umsteiger beispielsweise nicht bereit, für einen neuen Arbeitsplatz oder einen beruflichen Wechsel einen Umzug auf sich zu nehmen. Und |44| das sind die Hauptgründe für diese Ablehnung: 93 Prozent der Befragten gaben an, dass sich dann der Partner ebenfalls eine neue Stelle suchen müsste. 83 Prozent wollen sich nicht von ihrer derzeitigen Wohnung oder dem eigenen Haus trennen. Fast 50 Prozent haben Angst davor, den alten Freundeskreis aufgeben zu müssen. Man könnte es auch drastischer ausdrücken: Das komplette Arrangement an Hindernissen setzen sich die befragten Personen selbst. Es sind Barrieren, die im Kopf existieren – und sonst nirgends. Die positiven Konsequenzen eines Jobwechsels oder auch einer Zweitkarriere werden dabei gar nicht erst in Betracht gezogen.
Der Grund dafür ist ebenso banal wie tragisch: Bequemlichkeit. Man hat sich gewöhnt – an die behagliche und gemütliche Regelmäßigkeit, in der das eigene Leben verläuft. Auf der anderen Seite nimmt man dafür eine ganze Reihe von Unannehmlichkeiten in Kauf: Einen Job, der nicht befriedigt, Menschen, die man im schlimmsten Falle nicht mehr erträgt, Talente und Fähigkeiten, die verkümmern. Im schlimmsten Falle heißt es dann: »Ich würde ja gerne, aber mir fehlen die Möglichkeiten.« Und genau das ist der Irrglaube. Die Leibeigenschaft ist in Deutschland seit langem abgeschafft. Niemand ist gezwungen, sein Leben lang mit einer Arbeit zuzubringen, die ihn unglücklich macht.
Was bedeutet das für Sie? Wenn Sie das sichere Gefühl haben, dass Downshifting und damit ein veränderter Lebens- und Arbeitsstil das Richtige für Sie sind, sollten Sie Ihr Vorhaben auch konsequent vorantreiben. Viele Menschen hören leider nicht auf ihre innere Stimme, weil sie Angst davor haben, was andere dazu sagen könnten. Diesen Fehler sollten Sie nicht begehen: Folgen Sie Ihrem Wunsch, Ihrem Gefühl, schließlich kennen Sie sich selbst am besten. Mit der nötigen Vorbereitung und den richtigen Entscheidungen wird Ihr Downshifting-Plan gewiss auch zum gewünschten Erfolg führen. Der Preis, den Sie dafür zahlen, ist anfangs eine mehr oder minder große Unsicherheit. Es ist dieselbe Unsicherheit, die Sie verspürten, als Sie bei Ihren Eltern auszogen, den ersten Job annahmen oder schon einmal den Sprung zu einem neuen Arbeitgeber wagten. Nichts Neues also. Deshalb: Entweder Sie packen es jetzt – oder lassen es für alle Zeiten sein. Und ärgern sich morgen früh auf dem Weg ins Büro mal wieder schwarz.
|45|
Jörg D. war so etwas wie der Idealtypus des erfolgreichen New-Economy-Managers
. Mit Anfang dreißig, belastbar und kreativ, stieg er bei einer der ersten deutschen
Multimedia-Agenturen als Kundenberater ein. Was dann folgte, war ein
unvergleichlicher, kometenhafter Aufstieg bis hin zum Börsengang des einstigen
Fünf-Mann-Unternehmens. Die Zukunft schien golden: ewiges Wachstum, ein
fürstliches Gehalt, jede Menge Stock Options – und Arbeit bis zum Anschlag. Der
Druck vom Vorstand, der Druck, unter den er sich selbst setzte, die stetig wachsenden
Ansprüche der Kunden, all das hinterließ jedoch seine Spuren. Der frühere
Handballer fing an zu rauchen, aß Schokoriegel anstelle richtiger Mahlzeiten und
kippte abends vor dem Einschlafen ein paar Drinks, um den Stress des Tages abzuschütteln
. Und
Weitere Kostenlose Bücher