Wenigstens für eine Nacht
setzt. Mit jedem Schritt, den er unseren Abstand zueinander überwindet, werde ich aufgeregter und ertappe mich bei dem Wunsch einfach auf ihn zuzulaufen und mich ihm an den Hals zu werfen. Doch ich bin stärker und halte mich tapfer zurück.
„Lügner“, raunt er mir ins Ohr, nachdem er bei mir angekommen ist, ehe er vor mir die Tür öffnet und mich eintreten lässt.
Auf seine Äußerung gehe ich überhaupt nicht ein, weil ich mir durchaus bewusst bin, dass ich mich dabei nur in Widersprüche verstricken und mich noch verdächtiger machen würde. Sebastian ist kein Dummkopf und käme mir dann sicher schneller auf die Schliche als mir lieb ist und darauf kann ich getrost verzichten. Ich werde den Kuss einfach aus meinen Erinnerungen streichen und Sebastian soweit es möglich ist auf Abstand halten. Weil allein sein betörender Duft, der auf mich wie Sex pur wirkt, meine Sinne dermaßen vernebelt, dass ich unter Umständen zügellos über ihn herfallen könnte. Wenn ich noch etwas mehr von dem Champagner im Blut hätte. Oder er mich eben so von unten herauf forschend ansieht, wie gerade jetzt. Warum tut er das nur?
„Was glotzt du so blöd?“, fahre ich ihn ärgerlich an und
greife flink nach einem weiteren Glas Champagner, als einer der Kellner mit einem vollen Tablett an uns vorbeihuscht. In einem Zug leere ich es und stolpere fast über meine eigenen Füße, weil Sebastian sich überraschend meine Hand schnappt und mich bestimmt hinter sich herzieht.
„Ich glaube, ich werde dir jetzt mein Zimmer zeigen“, klärt er mich freundlicherweise in einem herrischen Ton auf und steuert zielstrebig eine Gruppe an, mit der seine Eltern gerade in eine Unterhaltung verwickelt sind. Einen winzigen Moment frage ich mich noch, ob es zu seinem Zimmer nicht eigentlich in die andere Richtung geht und bekomme unausgesprochen eine Antwort darauf. Das gefällt mir.
„Mum, Dad, die Herren“, nickt Sebastian der kleinen Ansammlung von Menschen zu.
„Es war uns ein Vergnügen. Wir ziehen uns zurück“, redet er geschwollen und breit grinsend, wobei er mich mit einem kräftigen Ruck an sich heranzieht und seinen Arm um mich legt. Der Alkohol scheint meine Reaktionszeit stark einzuschränken, sodass ich nur dumm rumstehe und versuche hinterher zu kommen, was er vorhat.
„Ihr versteht doch sicher, dass wir noch ein wenig unter uns sein wollen?“, säuselt er übertrieben und kneift mir doch allen Ernstes in den Hintern, was mich erschrocken aufquieken lässt und einigen der umstehenden Herren ein verhaltenes Schmunzeln entlockt. Fassungslos starre ich ihn an, weil ich nicht verstehe, wieso er plötzlich so anders ist. Doch mein Mund bleibt verschlossen. Vorerst.
Wenig später stehe ich mitten in Sebastians ehemaligem Zimmer und bin immer noch dermaßen verwirrt, dass ich kaum noch sagen kann, wie ich hier überhaupt landen konnte. Der Vorfall eben bei seinen Eltern ist mir allerdings noch ganz deutlich bewusst und lässt mich hastig zu Sebastian herumfahren. Sauer funkle ich ihn an und öffne meinen Mund, um ihm die wüstesten Beschimpfungen an
den Kopf zu knallen. Schließe ihn jedoch unverrichteter Dinge wieder, als Sebastian völlig unbeeindruckt sein Jackett von seinen Schultern streift und Knopf für Knopf sein Hemd öffnet, nachdem er die Jacke auf das Bett geworfen hat. Ich muss schwer schlucken und schnappe nach Luft. Versuche mich nicht auf die nackte Haut zu konzentrieren, die unter der geöffneten Knopfleiste zum Vorschein kommt, was gänzlich unmöglich ist, als er auch diesen Stoff von seinem durchtrainierten Körper schält.
Charmant lächelnd läuft er lässig an mir vorbei und wühlt kurze Zeit in dem eingebauten Wandschrank herum, den ich bis jetzt noch gar nicht bemerkt habe, ehe er seine leicht gebräunte, makellose Haut unter einem riesigen T-Shirt versteckt.
„Magst du auch ein Shirt zum Schlafen haben?“, sieht er mich über seine Schulter hinweg an und reißt mich aus meiner Faszination.
„Was?“, gebe ich schlau von mir, was er geflissentlich ignoriert und mir ein weißes Stück Stoff gegen die Brust presst.
„Bad ist da“, deutet er auf eine Tür direkt neben dem Schrank und ohne wirklich zu wissen was ich tue, gehe ich einfach hinein. Im Augenblick verwirrt mich Sebastians Verhalten vollkommen. Auf der Terrasse noch ganz normal. Unten dann irgendwie… seltsam und jetzt… keine Ahnung. Daraus soll noch einer schlau werden. Mein Gehirn ist mir auch wenig hilfreich und
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