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Wenn Alkohol zum Problem wird

Wenn Alkohol zum Problem wird

Titel: Wenn Alkohol zum Problem wird Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Soyka
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massive Nebenwirkungen zu erwarten sind. Gelegentlich kann einmal, vor allem bei Alkoholabhängigen mit Depression, eine Behandlung mit Antidepressiva notwendig werden, die aber gezielt zur Verbesserung der Depression, nicht zur Verbesserung des Trinkverhaltens eingesetzt werden sollten. Andere psychisch wirksame Medikamente sind nur dann indiziert, wenn außer der Alkoholabhängigkeit noch eine weitere psychische Störung besteht.
Wann hört das Verlangen nach Alkohol auf?
    Viele Betroffene wähnen sich in (falscher!) Sicherheit, wenn sie beispielsweise nach einer kurzen Zeit der Entgiftung zunächst kein Verlangen nach Alkohol mehr spüren. Oft stellt sich dieses Alkoholverlangen aber sehr rasch wieder ein, und man fragt sich frustriert: »Hört denn diese Gier nach Alkohol nie auf?«
    Diese Frage eindeutig zu beantworten, ist sehr schwer, weil das immer wieder auftretende Alkoholverlangen anscheinend sehr komplexe Ursachen hat und dabei offensichtlich biochemische und psychologische Faktoren zusammenspielen. Mangeht davon aus, dass es bei Abhängigen eine Art Suchtgedächtnis gibt – das Gehirn merkt sich seine Erfahrungen mit Alkohol. Wird das Suchtgedächtnis angeregt – durch Alkohol selbst, aber auch durch Schlüsselreize, z. B. Erinnerungen und Erlebnisse, die in Zusammenhang mit Alkoholkonsum standen (z. B. bestimmte Stimmungen, Orte oder auch Stress) – kann sich ein Alkoholverlangen (Suchtdruck) entwickeln.
Das Suchtgedächtnis wird durch bestimmte Auslöser aktiviert
    Psychologisch gesehen, wissen wir, dass Reaktionen des Menschen (z. B. hier Alkoholverlangen) fast immer an bestimmte Auslöser (z. B. hier Gedanken; Gefühle; das Beobachten anderer beim Trinken; das Vorbeigehen an einer Kneipe, in der der Betreffende früher regelmäßig getrunken hat) gebunden sind, d. h. dass es zum Alkoholverlangen nur in Verbindung mit bestimmten Auslösesituationen kommt, die im Verlauf der bisherigen »nassen Zeit« für das Trinken schon eine wichtige Rolle gespielt haben. Insofern ist es z. B. nicht verwunderlich, wenn das Verlangen nach Alkohol im Verlauf einer Entgiftung im Krankenhaus oder im Verlauf einer stationären Entwöhnungsbehandlung in einer Fachklinik nicht oder kaum jemals auftritt. Die Lebenssituation dort unterscheidet sich völlig von den täglichen Problemen und Sorgen, die dem Betroffenen »draußen« im Alltagsleben begegnen. Es fehlen im Krankenhaus oder der Fachklinik also viele der Auslöser, die vorher zum Alkoholverlangen und schließlich zum Alkoholtrinken geführt haben. Kommt der Betroffene aber wieder nach Hause, wird er sehr schnell wieder mit all diesen Problemen, Sorgen, Gedanken oder Orten (sog. Gefahrenherden) konfrontiert – und damit steigt auch die Gefahr eines wiedererwachenden Alkoholverlangens. Mit dem Alkoholverlangen wächst dann auch die Gefahr eines Rückfalls. Auch eher unspezifische Reize, z. B. Stress, können das Suchtgedächtnis aktivieren und so zu Alkoholverlangen führen. Die moderne Hirnforschung hat eindeutig gezeigt, dass Alkoholkranke viel stärker auf alkoholbezogene Reize (z. B. ein Glas Bier) reagieren als Gesunde – auch nach langer Abstinenz.
    TIPP
    Es ist wichtig, dass Sie Ihre persönlichen Auslöser (Gefahrenherde) kennen
    Ein wichtiger Teil der Entwöhnungsbehandlung besteht deshalb darin, diese Gefahrenherde zusammen mit dem Therapeuten möglichst umfassend und genau zu beschreiben, damit Sie auf diese Problemsituationen vorbereitet sind, Risikosituationen erkennen und Bewältigungsmechanismen parat haben, mit denen Sie diese lösen können – ohne Alkohol (siehe auch Rückfallvorbeugung, →  S. 142 ff .). Bei sehr starkem, quälendem Alkoholverlangen können diese psychotherapeutischen Maßnahmen durch bestimmte Medikamente ergänzt werden (siehe →  S. 123 ).
    Ob das Verlangen nach Alkohol irgendwann aufhört? Wir können diese Frage letztlich nicht allgemeingültig und für jeden Einzelfall beantworten. Wir wissen aber, dass das Alkoholverlangen meist umso leichter zu bewältigen ist und umso seltener auftritt, je mehr Zeit seit dem letzten Alkoholkonsum verstrichen ist, je länger Sie also abstinent leben. Und damit kommen wir gleich zu einer weiteren wichtigen Frage, die in diesem Zusammenhang oft gestellt wird.
Abstinenz oder kontrolliertes Trinken?
    Alkoholabstinenz meint den völligen Verzicht auf alkoholische Getränke und andere Stoffe (z. B. Medikamente) oder Nahrungsmittel, die Alkohol enthalten. Für Alkoholabhängige ist die

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