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Wenn alle anderen schlafen

Wenn alle anderen schlafen

Titel: Wenn alle anderen schlafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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hob ihrer beide
Hände, die sie unterm Tisch ineinandergeflochten hatten, und zeigte den
Smaragdschliff-Diamanten an Raes Finger.
    Raes Augen fixierten mich —
nicht direkt ängstlich, aber Billigung heischend, die Billigung der Freundin,
die anfangs die schärfste Gegnerin dieser Beziehung gewesen war. Ich schob für
den Moment alle noch irgendwo herumspukenden Zweifel beiseite und prostete den
beiden zu. Rae und Ricky lächelten und prosteten zurück. Als ich Mick ansah —
der vor wenigen Monaten noch gegen Rae angewütet und erklärt hatte, er werde
ihr dieses Verhältnis mit seinem Vater nie verzeihen — , machte er eine Geste,
die besagte, wenn sie glücklich seien, sei er es auch. Und Hy flüsterte mir ins
Ohr: »Ich hab’s ja...«
    »...gesagt. Ja, ich weiß.«
    Die Kellner brachten
Champagner, und die Party kam jetzt richtig in Gang.
     
    Eine Stunde später stieß ich,
auf dem Rückweg von der Toilette, fast mit Tony Nakayama zusammen, einem der Architekten,
die die Büroräume unseren direkt gegenüber gemietet hatten.
    »Hey, Sharon«, sagte er. »Was
zu feiern?«
    »Valentinstag. Und Raes
Verlobung.«
    »Freut mich für sie! Sagen Sie,
haben Sie zufällig diese Frau bemerkt, die vorhin Ihren Tisch beobachtet hat?«
    »Uns haben eine Menge Leute
beobachtet. Raes Zukünftiger ist Ricky Savage.«
    »Ich weiß. Aber das war was
anderes. Die Frau kam etwa fünf Minuten nach Ihnen. Saß allein an einem der
kleinen Tische.« Er zeigte in die Mitte des Raums. »Sie trug so ein Kapuzenshirt,
und sie hat sich die Kapuze immer wieder ins Gesicht gezogen, als ob sie nicht
wollte, daß sie jemand erkennt. Und dann hat sie sich umgedreht und zu Ihrem
Tisch rübergestarrt. Und jedesmal, wenn sie sich wieder zurückgedreht hat, ist
mir aufgefallen, wie wütend sie war.«
    »Wütend.«
    »Ja. Nackte Wut um den Mund und
in den Augen. Und auch im ganzen Körperausdruck. Sie hat zwei, drei Gläser Wein
getrunken. Dann hat sie ein paar Scheine auf den Tisch geschmissen und ist
rausgestapft.«
    »Wie sah sie aus?«
    »Ziemlich attraktiv.
Honigblondes Haar. Länge und Frisur konnte ich wegen der Kapuze nicht
erkennen.«
    »Größe und Gewicht?«
    »Mittelgroß. Es war so ein
Oversized-Shirt, und sie trug es über einem weiten Rock. Schwer zu sagen, was
sie gewogen haben mag.«
    Das klang nicht nach der Frau,
die sich für mich ausgegeben hatte. »Haben Sie gesehen, welcher Kellner sie
bedient hat?«
    »Ich habe nicht drauf geachtet.
Sorry.«
    »Na ja, danke, daß Sie mir
Bescheid gesagt haben.«
    »Ist doch selbstverständlich.
Und Glückwunsch an Rae.«
    Tony ging weiter in Richtung
Toiletten, und ich schaute durch den Barraum zu unserem Tisch hinüber, fixierte
Ricky. Jetzt erzählte er einen Witz, aber im Unterschied zu seinem Sohn würde
er niemanden brauchen, der die Pointe beisteuerte. Er hatte sein Leben lang
Geschick für solche Dinge gehabt, für Worte, Musik, Frauen. Er hatte manches
Herz gebrochen, auch das meiner Schwester...
    Er schien meinen Blick zu
spüren, denn er sah jetzt in meine Richtung. Ich winkte ihn zu mir herüber. Er
entschuldigte sich, küßte Rae, als er sich hinter ihr durchzwängte, aufs Haar,
und kam zu mir. »Ist irgendwas, Shar?«
    »Ich muß dich unter vier Augen
sprechen.«
    »Bitte.«
    »Nein, draußen.«
    Wir gingen am Empfang vorbei
und traten durch die Tür in den Innenhof des Hills Plaza hinaus. Es wurde jetzt
rapide kälter, und die wenigen Leute, die an uns vorbeikamen, eilten
zielstrebig irgendwohin. Ricky sah mich zittern, zog sein Jackett aus und legte
es mir um.
    »Hey«, sagte er, »hast du mich
hier rausgeschleppt, um mich zu fragen, ob ich Rae auch ein guter Ehemann sein
werde?«
    »So ähnlich.«
    »Die Antwort heißt ja, und das
weißt du.«
    »Ach, ja?« Ich teilte ihm rasch
mit, was mir Tony von der seltsamen Frau erzählt hatte.
    Ricky kapierte gleich, worauf
ich hinauswollte; seine dunklen Augenbrauen zogen sich zusammen, und der eine
Mundwinkel zuckte ärgerlich. Als ich fertig war, legte er mir die Hände auf die
Schultern und sah mir einen Moment in die Augen, ehe er erklärte: »Ich sag’s
dir dieses eine Mal, Shar, und damit ist das Thema endgültig erledigt. Deine
Schwester und ich, wir haben sehr jung geheiratet und einen Haufen Fehler
gemacht; die meisten gehen auf mein Konto, und ich werde sie nicht noch mal
machen. Ich habe Rae gleich am Anfang versprochen, ihr niemals absichtlich in
irgendeiner Weise weh zu tun. Ich habe dieses Versprechen gehalten, und

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