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Wenn alle anderen schlafen

Wenn alle anderen schlafen

Titel: Wenn alle anderen schlafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Tankwart fluchend vor dem
Getränkeautomaten, wo er sich gerade bei dem Versuch, einen Becher mit dem, was
ich Pappkaffee nannte, aus dem Ausgabefach zu ziehen, die Finger verbrüht
hatte.
    »Hey, Sharon«, sagte er. »Ich
hab gehört, Ripinsky hat Sie dazu gekriegt, ihn nach SFO zu fliegen.«
    »Ja, hat er. Wir hätten mit dem
Auto in zwanzig Minuten dort sein können — und um einiges billiger, wenn man
die hohen Platzgebühren bedenkt. Aber er wollte mir eine Lektion in Sachen
Selbstvertrauen erteilen.«
    »Wie ist es gelaufen?«
    »Ganz gut. Beim Abflug war ich
natürlich nervös, aber jetzt weiß ich, daß ich es kann.«
    »Das ist gut so, denn
irgendwann werden Sie’s vielleicht mal müssen — von dort oder irgendeinem
anderen B-Flughafen. Sie sind jetzt erwachsen, jedenfalls was die Fliegerei
angeht.« Jeff lehnte an der Wand, trank von seinem Kaffee und machte ein
säuerliches Gesicht. »Ich sag immer schon, es gibt zwei Sorten Piloten: die,
die ihren Erfahrungshorizont freiwillig einschränken, und die, die alles in
Angriff nehmen. Ist ja auch beides okay; Selbsterkenntnis ist besser als
Selbstüberschätzung. Aber Sie hab ich schon vor langem als die zweite Sorte eingestuft.«
    »Tatsächlich? Ich fühle mich
sehr geschmeichelt. Ach übrigens, diese Reporterin — haben Sie die hier noch
mal gesehen?«
    »Nein, hab ich nicht.«
    »Würden Sie mir einen Gefallen
tun? Die Zwo-acht-neun ein Weilchen genauer im Auge behalten?«
    »Klar doch.«
    »Danke. Hy und ich, wir geben
Ihnen demnächst mal ein paar Bier aus.«
    »Ach, ich helf doch gern, wenn
ich kann. Ich will doch nicht, daß der hübschen kleinen Maschine irgendwas
passiert. Oder Ihnen oder Hy.«
    Bis er das sagte, war mir der
Gedanke an Vandalismus oder Sabotage noch gar nicht gekommen. Aber jetzt
schleppte ich ihn mit nach Hause wie ein verdächtig tickendes Paket.
     
    In meiner Abwesenheit war
jemand in mein Haus eingebrochen. Ich spürte es in dem Moment, als ich die Tür
öffnete, und mir wurde klar, daß Hy und ich in der Hast des Aufbruchs vergessen
hatten, die Alarmanlage anzustellen. Ich musterte das Türschloß — frische
Kratzer. Mit einem Einbruchswerkzeug geöffnet.
    Ich zog meine Pistole — eine
neue .357 Magnum — aus meiner Umhängetasche, schloß leise die Tür, blieb dann
stehen, horchte in die Stille und registrierte die Indizien. Es war wärmer als
vorhin; jemand hatte den Thermostat hochgestellt. Im Wohnzimmer brannte Licht,
aber ich erinnerte mich deutlich, es im Hinausgehen ausgemacht zu haben. Und da
hing ein Duft in der Luft, ein Parfüm, das ich nicht benutzte. Das mir aber
bekannt vorkam. Welches? Ich atmete es ein und ließ meinen Assoziationen freien
Lauf.
    Dark Secrets.
    Ja, das war’s. Eines dieser
neuen, massiv propagierten Parfüms, der Duft, der von einem Rubbelkärtchen
ausgegangen war, das meiner letzten Macy’s-Rechnung beigelegen hatte.
    Passend — teuflisch passend.
    Die Waffe beidhändig im
Anschlag, schlich ich weiter und spähte durch den Türbogen zum vorderen Zimmer.
Ein Roman, den ich letzte Woche, auf dem Zweisitzersofa lümmelnd, gelesen
hatte, lag jetzt auf dem Boden. Die Türen des Gästekleiderschranks standen
offen, aber sonst schien alles unberührt. Ich schob mich langsam weiter den
Flur entlang.
    Im Wohnzimmer glommen Glutreste
im Kamin; das letztemal, daß Hy und ich Feuer gemacht hatten, war am Samstag
abend gewesen. Eine Flasche Deer Hill Chardonnay — mein Lieblingswein, der für
meine Verhältnisse ein Vermögen kostete — stand offen auf dem Tischchen beim
Lehnsessel, neben einem Glas. Die Flasche war nur noch halb voll.
    Ich schlich weiter zu dem
Zimmer, das als mein häusliches Büro fungierte. Mehrere Schreibtischschubladen
waren aufgerissen, und der Stuhl war vor den Wandschrank gerückt, als habe sich
jemand draufgestellt, um das oberste Bord zu inspizieren. Zum Glück lagen all
meine wichtigen Papiere im Safe im Piergebäude!
    In der Küche brannte eine der
Leuchtröhren unter den Oberschränken; in ihrem Licht sah ich einen Korkenzieher
samt Korken säuberlich in der Mitte des Hackblocks liegen.
    Im Bad stellte ich fest, daß
meine Anti-Baby-Pillen offenbar ins Klo geworfen und hinuntergespült worden
waren. Die leere Packung lag neben dem Klo auf dem Boden.
    Ich glitt weiter die Flurwand
entlang, die Waffe noch immer schußbereit. Die Schlafzimmertür war halb zu; sie
war schief angeschlagen und neigte dazu, von selbst zuzugehen, aber... ich
stieß sie mit dem Fuß auf und

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