Wenn auch nur fuer einen Tag
würden auch nur einen Fuß über diese Schwelle setzen? Und andere Bekannte habe ich noch nicht in Hamburg. Na ja, und selbst die habe ich vergrault«, füge ich hinzu.
Janas Augen verdüstern sich und sie blickt zu Boden. Scheiße, jetzt habe ich einen wunden Punkt bei ihr getroffen. Wahrscheinlich sogar zwei. Von Noah denkt sie, er hätte sie mit einer saublöden Wette verarscht. Und was Tamara betrifft, so glaubt sie sicher immer noch, dass etwas zwischen ihr und mir gelaufen ist. Ich will etwas hinterherschieben, das die Situation entschärft, aber da kommt mir Jana schon zuvor.
»Was fandest du eigentlich so Besonderes an Tamara?«, fragt sie geradeheraus.
Nach einem kurzen Schockmoment ertappe ich mich dabei, wie ich meinen Kopf schon wieder nach irgendwelchen Ausreden durchstöbere, aber mit einem erneuten Blick in ihre Augen fällt mir nichts ein, und ich entscheide mich kurzerhand einfach für die Wahrheit.
»Als ich in Hamburg ankam, kannte ich niemanden«, erkläre ich. »Tamara war die Erste, die mich angequatscht und sich … na ja, dann auch ziemlich schnell an mich rangeschmissen hat. Sie dachte wohl, ich wäre aus irgendeinem reichen Haus und sie könnte von meinen Kontakten profitieren. Was aber nicht stimmt, wie du siehst. Ich meine, es geht mir gut, ich schwimme eben nur nicht im Geld. Der Fehler war, dass ich sie trotzdem in dem Glauben gelassen habe. Ich wollte unbedingt zu dieser Clique gehören. Ich dachte, die Leute wären cool, hätten den Durchblick, irgendetwas in der Art.«
Auf Janas gekräuselter Stirn steht Unverständnis geschrieben und in diesem Moment wird mir deutlicher denn je, wie blöd ich war. Dio, die Kleine muss mich für einen komplett kurzsichtigen Idioten halten.
»Ich weiß, das alles … klingt ziemlich bescheuert«, murmele ich beschämt. »Und wenn mein Onkel wüsste, dass ich die ganze Zeit mit seinem Job als Promi-Leibwächter angegeben habe, nur um mich wichtigzumachen …«
»Dein Onkel Fred? Der mit dem Taxi?«, hakt Jana neugierig nach.
Ich lache. »Ja, Taxifahren ist seine eigentliche Leidenschaft. Die Promis laufen eher nebenher und nerven ihn höllisch, aber sie bringen eben Geld ein. Bloß – mit dieser Wahrheit hätte ich schlecht bei den anderen auftrumpfen können.«
Jana verrät nicht, was sie denkt, aber gerade das gibt mir das Gefühl, der letzte stronzo zu sein.
»Und … Was genau ist denn nun auf Noahs Party passiert?«, fragt sie, als sie sich auf einen meiner beiden Stühle fallen lässt. »Ich meine, warum ist Tamara plötzlich so wütend weggerannt?«
Ich seufze. Ich hätte jetzt viel mehr Bock auf ein nettes, entspanntes Abendessen mit ihr als auf diese ernsten Gespräche. Aber ich weiß, dass ich da jetzt nicht mehr rauskomme. Jana will die ganze Wahrheit und ich bin sie ihr schuldig, auch wenn es mir verdammt schwerfällt, damit rauszurücken.
»Tja, auf Noahs Feier, da … hätte ich es beinahe mit ihr getan«, gebe ich zähneknirschend zu. »Einfach weil es sich eben angeboten hat. Sie hat sich mir angeboten.«
Jana nickt. »Verstehe, du wolltest sie nur benutzen.«
Ich spüre einen Anflug von Ärger und Panik. Wie soll ich ihr das nur erklären, ohne wie ein Arsch dazustehen? »Nein!« Ich schreie sie fast an und muss mir auf die Zunge beißen, um mich wieder zu fangen. »Nein, ich meine, na ja, vielleicht schon, aber … Genauso eben, wie sie mich benutzen wollte. Ich habe es nur deshalb nicht getan, weil ich … plötzlich an dich denken musste.«
Janas Blick schnellt zu mir. Sie starrt mich mit offenem Mund an.
Ich staune selbst über meine Worte, aber noch viel mehr über die plötzliche Erkenntnis, dass es stimmt, was ich im Affekt herausgeschleudert habe. Es war keine charmante Ausrede, sondern die Wahrheit. Ich war früher fast ausschließlich mit Frauen im Bett, die mich wegen meines Geldes und meines Namens interessant fanden, und es hat mich nie gestört. Im Gegenteil – auf diese Weise waren die Fronten geklärt und ich habe ohne Probleme das bekommen, was ich wollte. Es war ein gegenseitiges Ausnutzen und Tamara hätte sich locker mit einreihen können.
»Wirklich?«, fragt Jana leise. »Also … war ich der Grund, warum du plötzlich nichts mehr von ihr wolltest? Warum?«
Ich trete neben sie und nehme ihre Hände. Es fühlt sich gut an, in ihrer Nähe zu sein und sie zu berühren. Richtig. So, als wäre ich endlich an einem Ort angekommen, nach dem ich schon lange gesucht habe.
»Weil ich …« Ich suche
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